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Mike Tyson-Interview: "Meine Welt ist verrückt"

Heute Redaktion
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Gigant! Mike Tyson ist einer der größten Schwergewichtsboxer aller Zeiten. Im Alter von 20 Jahren und 144 Tagen avancierte der heute 42-Jährige 1986 zum jüngsten Weltmeister aller Zeiten. Es folgten viele Siege, viele Skandale und viele private Tragödien. Vergangene Woche starb seine vierjährige Tochter Exodus nach einem Spielunfall. Der Welt am Sonntag gewährte der US-Star tiefe Einblicke in sein Seelenleben.

Es ist jetzt vier Jahre her, dass Sie das Boxen aufgegeben haben. Was haben Sie mit dem Rest Ihres Lebens noch vor?

Ich habe nur ein einziges Ziel: Ich möchte eine ehrenwerte Person sein. Das Problem ist, dass man genug Geld haben muss, um seine Familie zu ernähren. Ich muss also Kompromisse machen.

Dem Regisseur James Toback erlaubten Sie, eine Doku über Ihr Leben zu drehen. Warum?

Wir kennen uns seit Jahren. Zuletzt haben wir uns nicht oft gesehen. Ehrlich gesagt, ich war in der Entzugsklinik, um meine Kokainsucht zu überwinden. Ich sah den Film dann als Möglichkeit, Geld zu verdienen.

Was dachten Sie, als Sie den Film zum ersten Mal sahen?

Ich dachte, dass er traurig ist und erbärmlich. Ich mochte den Typ in dem Film nicht. Er ist impulsiv und unvorhersehbar. Jetzt sage ich mir: Das war der alte Mike Tyson.

Der Film zeigt auch Ihre Herkunft. Er erklärt einiges

Meine Familie und ich haben in einem halb verfallenen Haus voller Ratten gelebt - da regiert das Gesetz des Dschungels. Man kann Menschen immer verurteilen. Aber wenn man versucht, sich in ihre Lage zu versetzen, dann merkt man erst: Man kann nicht beurteilen, was man tun muss, um durchs Leben zu kommen.

Ihnen wurde früh beigebracht zu gewinnen, aber nicht, wie man verliert. Ein Fehler?

Ernest Hemingway war ein Faschist und Rassist, aber in einem hatte er recht. Er sagte: ,Männer sind zum Verlieren nicht geschaffen, nur zum Sterben. Das stimmt.

Die Krux war vielleicht, dass Sie sehr jung ein Champ waren.

Wenn man etwas Tragisches sehen will, dann schnappt man sich am besten ein 19 oder 20 Jahre altes Kind und gibt ihm 50 Millionen Dollar.

Ihre Jahre im Gefängnis waren schlimm. Gleichzeitig half Ihnen die Zeit, ein anderer Mensch zu werden. Muss man erst scheitern, um geläutert zu werden?

Nicht jeder. Ein griechischer Philosoph sagte einmal: ,Elend macht die Starken stärker und die Schwachen schwächer.

Trainieren Sie noch?

Nein. Ich bin fett und schnell außer Atem. Eine Blamage.

Wenn Sie alles noch einmal neu machen könnten

Ich würde die Anwälte und Agenten austauschen. Inkompetente Betrüger. Ich habe die Boxwelt erschüttert, viel Geld verdient, hatte unglaubliche Einschaltquoten. Und diese Idioten benahmen sich wie Sklavenhändler, die Menschen kaufen und verkaufen wie Vieh.

Sehen Sie sich heute noch Boxkämpfe an?

Die Schwergewichtsklasse ist schwach. Nikolai Walujew ein Witz. Meine Kämpfe waren vielleicht kurz, aber intensiv. Ich hatte echte Adrenalinschübe, und dem Publikum ging es genauso.