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Moser-Pröll schimpft bei Kahr-Prozess: "Frechheit!"

Österreichs Ski-Ikone Annemarie Moser-Pröll wurde beim Prozess gegen Charly Kahr in Bludenz von der Richterin aus dem Saal verwiesen.

Heute Redaktion
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Am Freitag spielten sich vor dem Bezirksgericht in Bludenz wilde Szenen ab. Kein Wunder – es ist ein Prozess, der bis über die Landesgrenzen hinweg für Aufsehen sorgt. Es geht um die dunklen Wolken, die seit nun eineinhalb Jahren den österreichischen Nationalsport Ski umhüllen und schlimme Vorwürfe gegen einstige Helden.

Der Fall Kahr



ÖSV-Trainerlegende Charly Kahr klagte wegen Rufschädigung. Eine Ex-Athletin und ihr Ehemann beschuldigten Charly Kahr in einer WhatsApp-Nachricht an Annemarie Moser-Pröll des sexuellen Missbrauchs. Ist das Rufschädigung? Ja, glaubt die ÖSV-Trainerlegende und reichte Klage ein. Doch im Prozess gibt es erneut schwere Vorwürfe gegen ihn. Erst belastete ihn ein Journalist schwer, danach Nicola Werdenigg.

Die Ex-Athletin warf dem heimischen Ski-Verband bereits früher systematischen sexuellen Missbrauch vor. Im Zeugenstand in Bludenz feuerte die Olympia-Vierte in der Abfahrt 1976 eine Breitseite gegen den Ex-Trainer. "Er hat seine Macht eingesetzt und missbraucht", erklärte sie. Demnach habe es zwischen Kahr und Moser-Pröll ein Naheverhältnis gegeben, in Werdeniggs Wahrnehmung auch auf sexueller Ebene.

Sie wisse "aus direkter Quelle von drei Fällen, gerüchteweise von mehreren", in denen Kahr sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht habe. Der heute 86-Jährige habe es als sein Recht betrachtet, Rennläuferinnen zu entjungfern. Außerdem soll pornografisches Material in seinem Haus hergestellt worden sein, und er soll sich mit Toni Sailer Alkohol-Exzessen hingegeben haben.

Wutausbruch von Moser-Pröll



Den Prozess verliert Kahr. Sein Anwalt Manfred Ainedter kündigt Berufung an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Davor spielte sich im Gerichtssaal wilde Szenen ab. Im Mittelpunkt: Ski-Ikone Moser-Pröll. Die "Süddeutsche Zeitung" schildert in einem packenden Prozessbericht einen Wutausbruch der 65-Jährigen.

Eigentlich war sie am Freitag nicht geladen. Sie hatte im Prozess schon zu einem früheren Zeitpunkt ausgesagt. Ainedter will sie plötzlich als Überraschungszeugin aufbieten. Richterin Daniela Flatz spielt dabei nicht mit. Sie hat sich schon entschieden, lässt keine Zeugen mehr zu.

Was die "SZ" dann schildert, ist erstaunlich. Moser-Pröll packt die Wut. Als sie von der Richterin aufgefordert wird, wieder im Saal Platz zu nehmen, schimpft sie. "Jetzt sammer hier umsonst aufigfoarn", zitiert das bayrische Blatt die 62-fache Weltcupsiegerin. "Es is ja ned der kürzeste Weg!"

Sie stürmt aus dem Saal. Ainedter schreit ihr noch nach: "Bleib do!" Moser-Pröll stapft aus der Tür und poltert: "Frechheit pur!" Und: "Kasperltheater!"

Das "Kasperltheater" ist eine ernste Angelegenheit, die den österreichischen Skisport und seine einstigen Ikonen noch länger begleiten wird. Auf der Suche nach der Wahrheit zwischen all den Anschuldigungen und Unschuldsbekundungen liegen die Nerven blank. Die beschriebene Szene aus dem Bludenzer Gerichtssaal veranschaulicht das.

(Heute Sport)