Nicht nur die Arbeiten auf der Weststrecke, auch Probleme auf der Nordbahnstrecke sorgen für Ärger: "Ich pendle seit November 2023 täglich von Strasshof nach Wien-Erdberg zur Arbeit", erzählt Daniela K. – Mutter einer dreieinhalbjährigen Tochter, die sie zum Betriebskindergarten mitnehmen kann.
Der Start sei super gewesen, "es klappte alles", hie und da ein Ausfall, damit könne man leben.
Aber: "Über den Sommer 2024 mussten wir wegen Sanierungen über Simmering fahren, ein Mega-Umweg, aber auch noch verständlich."
Doch nun seien tägliche Ausfälle zu beklagen: "Nicht nur ein Zug, sondern gleich mehrere." Wenn dann einer kommt, bleibe dieser in Deutsch-Wagram "ewig im Bahnhof stehen. Ich komme keinen Tag pünktlich in die Arbeit und habe Minusstunden."
Aus Angst vor Verspätungen weiche die Frau trotz Klimatickets schon aufs Auto aus: "Das kann doch alles nicht wahr sein."
"Früher hielten drei Züge in Strasshof (6:55 Uhr, 7:05 Uhr, 7:13 Uhr). Die Pendler teilten sich gut auf. Abgesehen davon, dass es im Jahr 2024 schon massive Ausfälle und Verspätungen gab, ist es nun zu Ostern eskaliert. Zuerst hieß es, es sind zwei Wochen wo die Züge nicht fahren, und nur der Schienenersatzverkehr. Doch bitte – es fährt nun ein Zug um 6.35 Uhr und der nächste um 7.35 Uhr, dazwischen wenn man Glück hat fährt der Schienenersatzverkehr."
Am Abend eine ähnliche Situation: "Einen Tag bin ich sogar zwei Stunden nach Hause gefahren."
Ein hartes Beispiel der betroffenen Mutter: "Es steht: Der Zug fährt um 15.19, plötzlich fällt der Zug aus. Ich musste mit meinem Kleinkind nach Gänserndorf fahren und dann mit dem Bus zurück nach Strasshof. Dort standen dann auch Menschen, die nach Silberwaltd wollten, aber der Busfahrer sagte ihnen, dass er nur Strasshof anfährt. Diese Leute mussten dann wieder 45 Minuten auf den nächsten Zug warten."
Die ÖBB bedauern auf "Heute"-Anfrage die Umstände. Neben geplanten Modernisierungsarbeiten sei man auch von "unvorhersehbaren Ereignissen" und Verspätungen auf benachbarten Strecken betroffen.
Im Detail heißt es seitens der ÖBB: "Wir nehmen das Anliegen der betroffenen Kundin sehr ernst und möchten an dieser Stelle sowohl unser Bedauern über die geschilderten Umstände ausdrücken als auch Hintergrundinformationen zur aktuellen Betriebssituation auf der Nordbahn geben."
"Zunächst möchten wir betonen, dass wir den Frust und die zunehmende Belastung, wie sie von der Fahrgästin geschildert wird, sehr gut nachvollziehen können. Besonders für Eltern mit kleinen Kindern, die auf eine funktionierende öffentliche Verbindung angewiesen sind, ist jede Unregelmäßigkeit im Tagesablauf eine enorme zusätzliche Herausforderung. Wir möchten uns ausdrücklich dafür entschuldigen, dass die Verlässlichkeit in den vergangenen Wochen nicht dem entspricht, was unsere Kund:innen zu Recht erwarten dürfen."
Die Nordbahn sei derzeit sowohl von geplanten Modernisierungsmaßnahmen – aktuell im Bereich Gänserndorf/Strasshof – als auch von unvorhersehbaren Ereignissen betroffen. "Diese führen leider zu einer Verdichtung von betrieblichen Einschränkungen. Zudem beeinflussen Verspätungen auf benachbarten Strecken und im internationalen Verkehr, insbesondere aus dem Norden, die Pünktlichkeit einzelner Verbindungen. Unser Qualitätsmanagement beobachtet die Entwicklung laufend."
Die Pünktlichkeit im Abschnitt Floridsdorf – Gänserndorf lag im März noch bei rund 91,5Prozent. Durch mehrere außerordentlichen Fälle – darunter Polizeieinsätze, Infrastrukturstörungen sowie Fremdeinwirkungen wie Brückenanfahrungen oder Personen im Gleis – sei dieser Wert im April auf 89,9 Prozent gesunken.
"Auch, wenn viele dieser Störungen außerhalb unseres Einflussbereiches liegen, arbeiten wir mit Hochdruck daran, die betrieblichen Abläufe robuster zu gestalten."
Zu den gesetzten Maßnahmen zählen unter anderem:
- eine Stammstrecken-Leitstelle in Floridsdorf für eine schnellere Zugdisposition bei Abweichungen
- zusätzliche Triebfahrzeugführer:innen in Bereitschaft
- die Bereitstellung eines Soforteinsatzfahrzeugs („Blaulichtgarnitur“) zur schnellen Störungsbehebung
- sowie laufende Maßnahmen zur Flottenmodernisierung. Ab dem kommenden Jahr kommen auch vermehrt neue doppelstöckige Fahrzeuge mit mehr Kapazitäten auf der Nordbahn zum Einsatz.
Hiobsbotschaft für Pendler: "Die Arbeiten ab Juni auf der Stammstrecke haben ähnlich wie im letzten Jahr auch Auswirkungen auf die Nordbahn." Es wird ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. "Die betroffene Kundin wird den Sommer über wieder über Simmering fahren müssen. Mit dem S-Bahn Wien Upgrade werden Strecken, Bauwerke und Schieneninfrastruktur im ÖBB-Netz in und um Wien umfassend modernisiert und digitalisiert. So schaffen die ÖBB die Voraussetzung, um künftig moderne, längere Züge mit mehr Sitzplätzen sowie einen dichteren Takt in der Hauptverkehrszeit anbieten zu können."
Abschließend heißt es: "Wir wissen, dass all diese Maßnahmen die Unannehmlichkeiten, die unsere Fahrgäste derzeit erfahren, nicht sofort beheben können. Dennoch möchten wir versichern, dass wir jede einzelne Rückmeldung ernst nehmen und sie in unsere laufende Qualitätsarbeit einfließt. Gerne stehen wir auch direkt mit der Kundin in Kontakt, um ihren Fall individuell nachzuverfolgen."