Letztes Jahr erfährt Heinz G., dass seine Tochter Emilia (Name geändert) ihren Platz in der Ausbildung als Garten- und Grünflächengestalterin in der überbetrieblichen Lehre (ÜBA) "Verein Grünwerk" in Schwechat (NÖ) verlieren wird. Damit beginnt für G. ein Kampf um die Zukunft seines Kindes, denn bis heute ist nicht klar, wo Emilia ihren Lehrabschluss machen soll.
Die überbetrieblichen Lehrwerkstätten wurden ursprünglich vom AMS NÖ und dem bfi NÖ finanziert, um Jugendlichen, die keine Lehrstelle finden, eine Ausbildung zu ermöglichen. In Emilias Fall hätte sie drei bis vier Jahre dauern sollen.
Dann aber entscheidet das AMS, die Finanzierung zu stoppen und beendet die Zusammenarbeit mit dem "Verein Grünwerk". "Das Programm wurde einfach eingestellt", sagt der Heinz G. zu "Heute". Emilia konnte nur ein Jahr bleiben.
Sie bleibt weiter am AMS gemeldet, kommt ins Jugendcoaching, zum NEBA – dem "Netzwerk Berufliche Assistenz", das "Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen und Menschen mit Behinderungen Unterstützung bei der Ausbildungssuche, Berufswahl und Arbeitsplatzsicherung" bieten soll.
Während das NEBA die "verlängerte Lehre" organisiert, schickt der Personaldienstleister ibis acam Bildungs GmbH die junge Frau zu diversen Arbeitseinsätzen, als "billige Aushilfe, von einem Praktikumsplatz zum nächsten", wie ihr Vater sagt.
Im April dann die gute Neuigkeit: Emilia hat ein Unternehmen gefunden, dass sie anstellen möchte. Auch der Lehrabschluss scheint in greifbarer Nähe zu sein. Dann kommt der Dämpfer: "Der Chef sagt, dass die Wirtschaftskammer die überbetriebliche Lehre nicht anerkennen möchte", schildert Heinz G. mit hörbarer Aufregung in der Stimme.
„Warum legt man jungen Menschen solche Hürden in den Weg?“Heinz G.Vater von Emilia (18)
"Ich telefoniere schon den ganzen Vormittag mit allen Stellen, dem AMS und der Wirtschaftskammer, bekomme aber nirgendwo Antworten", sagt G. wütend: "Aus Datenschutzgründen, weil Emilia jetzt volljährig ist."
Dann erzählt er, dass der neue Chef seiner Tochter extra zur WKO gegangen sei, um Emilia die Lehrabschlussprüfung in seinem Betrieb zu ermöglichen, aber jetzt nicht mehr sicher sei, ob sie bei ihm bleiben kann. "Scheinbar gibt es ein Problem mit der Anerkennung der überbetrieblichen Lehre", sagt Heinz G. und dass er nicht versteht, "warum man jungen Menschen solche Hürden in den Weg legt".
Eine überbetriebliche Ausbildung soll Jugendlichen, die keinen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt finden, eine Ausbildung ermöglichen, die dann in einem regulären Lehrabschluss mündet. Diese "Quasi-Lehre" wird aber nicht mit der klassischen Lehrlingsentschädigung abgegolten, sondern mit einer Ausbildungsbeihilfe vom AMS. Diese beträgt im ersten und zweiten Lehrjahr ca. 385,50 Euro. Erst im dritten Lehrjahr gibt es mehr Geld.
Emilia, die derzeit bei ihren Eltern in Mannersdorf am Leithagebirge wohnt, pendelt jetzt zu ihrer neuen Arbeit in einem Gartenbauunternehmen nach Bruck an der Leitha – vorerst ohne bestehenden Lehrvertrag.
"Dieses ganze System der überbetrieblichen Ausbildung ist für mich fraglich", sagt Heinz G. "Die Personaldienstleister schicken junge Menschen wochenweise zu Firmen, wo sie nur Laub rechen und kassieren dann das Geld vom AMS. Hauptsache, die Jugendlichen sind aus der Statistik raus. Die Qualität der Arbeit ist dabei egal", lautet seine Einschätzung.
"Heute" hat das AMS NÖ mit diesem Vorwurf konfrontiert und aus dem Büro der Landesgeschäftsführung folgende Antwort erhalten: "Die Überbetriebliche Lehre ist ein vom AMS und seinen Partnern eingerichtetes Auffangnetz für all jene, die trotz intensiver Suche keine Lehrstelle finden. Hier haben junge Menschen die Möglichkeit, sich zu orientieren, den passenden Lehrberuf für sich zu finden und begleiteten von versierten Trainerinnen und Trainern eine Lehrausbildung zu starten."
Grundsätzlich sehe das Reglement vor, dass die überbetriebliche Lehre auf die reguläre Lehre, wohin in weiterer Folge gewechselt werde, angerechnet wird: "Warum, das jetzt auf einmal nicht so sein soll, ist uns unklar", heißt es vom AMS: "Unser Vorschlag: Vielleicht fragen Sie noch beim Unternehmen bzw. bei der WK/Lehrlingsstelle nach, wie der Fall nun gelagert ist."
"Es ist äußerst befremdlich, wenn man jungen Menschen eine Zukunft vorgaukelt und sie dann im Regen stehen lässt", sagt Heinz G. demgegenüber und findet, dass das Problem der fehlenden Lehrstellen von allen nur auf die lange Bank geschoben werde.
Er selbst habe als Handwerkmeister 51 Jahre lang gearbeitet, als "die Lehre noch etwas wert war. Aber auf so eine Art von Ausbildung, wie bei meiner Tochter, kann man auch verzichten, da sie von den zuständigen Ämtern, Behörden und Kammern nicht ernst genommen wird."