Nach dem tödlichen Attentat auf den ultrarechten US-Aktivisten und Influencer Charlie Kirk sehen viele seiner Anhänger in ihm einen "Märtyrer" und sind empört über Menschen, die den rechtsnationalen Influencer und sein Wirken kritisch oder sogar abfällig kommentieren.
Die angeblich so hochgehaltene Meinungsfreiheit ist bei den vermeintlichen Gegnern plötzlich nichts mehr wert, im Internet läuft derzeit eine regelrechte Hetzkampagne: Rechte Politiker und Meinungsmacher, darunter Regierungsmitglieder und die ultrarechte Verschwörungs-Influencerin Laura Loomer, fordern ihre Mitbürger auf, kritische Online-Beiträge über Kirk öffentlich an den Pranger zu stellen und auf die Entlassung der Verfasser hinzuwirken.
Von dieser Aktion sind unter anderem Lehrer, Feuerwehrleute oder auch Angehörige des US-Militärs betroffen. Mehrere Personen haben deswegen bereits ihren Job verloren. Kirk-Unterstützer durchforsten gezielt das Internet nach negativen Kommentaren über den ermordeten Aktivisten und geben Gleichgesinnten Tipps, wie sie vorgehen sollen.
"Wenn sie ihr Foto auf ihrem Profil haben, selbst wenn kein Name dabei steht, ladet das Foto herunter", rät etwa der rechtskonservative Influencer Joey Mannarino. Dann könne das Foto mit LinkedIn, dem Online-Netzwerk für berufliche Kontakte, abgeglichen werden, um den Arbeitsplatz der Betreffenden herauszufinden und sie dort anzuschwärzen. "Ruft beim Arbeitgeber an, hinterlasst Google-Bewertungen", fordert Mannarino seine Anhänger auf.
Der 31-jährige Kirk, der schon als Teenager die einflussreiche rechtskonservative Organisation Turning Point USA mitgegründet hatte, wurde am Mittwoch bei einem Auftritt am Campus der Utah Valley University erschossen. Am Freitag gaben die Behörden die Festnahme des mutmaßlichen Attentäters Tyler R. bekannt.
Weil in der Nähe des Tatorts zwei Patronenhülsen mit antifaschistischen Parolen gefunden wurden, sprechen viele Rechte in den USA von einem linksextremen Täter. Schon bevor der mutmaßliche Schütze gefasst wurde, machte US-Präsident Donald Trump die "radikale Linke" für das Attentat verantwortlich.
Die Gewalttat wurde nicht nur von den Republikanern, sondern auch von führenden Demokraten sofort verurteilt. Doch der gewaltsame Tod von Kirk, der mit seinen Millionen Followern zu Trumps Wahlsieg im vergangenen Jahr beitrug, verschärft die politische Spaltung im Land.
Laura Sosh-Lightsy, Vize-Dekanin der Middle Tennessee State University, schrieb zu Kirks Tod auf Facebook: "Hass erzeugt Hass. NULL Mitgefühl." Die republikanische US-Senatorin Marsha Blackburn, die aus Tennessee stammt, kritisierte das scharf: "Diese Person sollte sich schämen für ihren Post. Sie sollte aus ihrem Amt entfernt werden", schrieb sie über Sosh-Lightsy. Noch am selben Abend teilte die Uni mit, dass sie eine Mitarbeiterin wegen eines "herzlosen" Kommentars zur Ermordung von Kirk entlasse.
Auch für einen Lehrer im Bundesstaat Oklahoma hatte sein kritischer Kommentar über Kirk Folgen. Er hatte nach dem Attentat in sozialen Netzwerken geschrieben: "Charlie Kirk ist genauso gestorben, wie er gelebt hat: Das Schlechteste aus den Menschen hervorbringend." Das Bildungsministerium von Oklahoma teilte mit, wegen dieser "verabscheuungswürdigen" Aussage sei gegen den Lehrer eine Untersuchung eingeleitet worden.
Doch nicht nur negative Kommentare über Kirk selbst, sondern auch Kritik am Umgang mit seinem Tod wollen rechte Aktivisten nicht dulden. So wies Influencerin Loomer ihre zahlreichen Anhänger auf Äußerungen eines Mitarbeiters der US-Katastrophenschutzbehörde Fema hin. Er hatte kritisiert, dass Trump Trauerbeflaggung für den "rassistischen, homophoben, frauenfeindlichen" Aktivisten Kirk angeordnet hatte.
Loomer schrieb dazu: "Diese Menschen hassen uns. Sie gehören nicht an die Schalthebel der nationalen Macht." Die Fema teilte daraufhin mit, der Mitarbeiter sei wegen seiner "widerwärtigen und unerhörten" Kommentare beurlaubt worden.
Nicht nur rechtsgerichtete Aktivisten und Influencer, sondern auch Mitglieder von Trumps Regierung rufen dazu auf, gemeinsam gegen aus ihrer Sicht unpassende Kommentare über Kirk vorzugehen. Verteidigungsminister Pete Hegseth etwa forderte die Mitglieder des Militärs auf, entsprechende Äußerungen von Kollegen zu melden.
US-Vizeaußenminister Christopher Landau nimmt vor allem in den USA lebende Ausländer ins Visier, die im Zusammenhang mit Kirks Tod "Gewalt und Hass verherrlichen". "Ich bin angewidert, dass in den sozialen Medien manche den Vorfall preisen, rechtfertigen oder herunterspielen, und habe unser konsularisches Personal angewiesen, angemessene Schritte einzuleiten", schrieb Landau auf X. "Bitte weisen Sie mich auf solche Kommentare hin, damit das State Department das amerikanische Volk schützen kann."
(Mit Material der AFP)