Die Republika Srpska ist eine von zwei Entitäten in Bosnien und Herzegowina mit eigener unabhängiger Legislative, Exekutive und Judikative. Sie wird mehrheitlich von bosnischen Serben bewohnt. Am 5. März hat die Regierung Gesetze verabschiedet, die Entscheidungen der bosnischen Justiz in ihrer Entität für ungültig erklären.
Das bedeutet: Bosnische Gerichte können dort nicht mehr ermitteln oder urteilen. Wer als bosnischer Serbe weiterhin für gesamtstaatliche Institutionen arbeitet, dem drohen laut diesen Gesetzen neu bis zu fünf Jahre Haft. Diese Maßnahmen widersprechen der bosnischen Verfassung. Die internationale Gemeinschaft sieht in den neuen Gesetzen den Versuch, die Republika Srpska schrittweise aus Bosnien und Herzegowina herauszulösen.
Die bosnische Staatsanwaltschaft reagierte mit Haftbefehlen gegen führende Politiker der Republika Srpska, darunter Präsident Milorad Dodik, Premierminister Radovan Višković und Parlamentspräsident Nenad Stevandić. Ihnen wird vorgeworfen, die Verfassung zu untergraben. Die Angeklagten verweigern die Zusammenarbeit mit der bosnischen Justiz. Das Oberste Gericht setzte die Gesetze am 7. März vorläufig außer Kraft.
Bosnien und Herzegowina hat eines der kompliziertesten Polit-Systeme der Welt. Dieses basiert auf dem Friedensabkommen von Dayton von 1995, welches damals den Bosnienkrieg beendete und das Land in zwei weitgehend autonome Entitäten teilte:
- Die Föderation Bosnien und Herzegowina, die mehrheitlich bosniakisch und kroatisch ist.
- Die Republika Srpska, die mehrheitlich serbisch ist.
Beide Entitäten haben eigene Regierungen, Parlamente und Institutionen. An der Spitze des Gesamtstaates stehen drei Präsidenten – ein Bosniake, ein Serbe, ein Kroate –, die sich alle acht Monate abwechseln. Über allem wacht der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, derzeit der Deutsche Christian Schmidt. Er kann theoretisch landesweit Gesetze erlassen und Politiker entlassen, um Frieden und Stabilität zu sichern.
Milorad Dodik verfolgt seit Jahren das Ziel, die Republika Srpska vom Gesamtstaat abzuspalten. Er nennt Bosnien einen "gescheiterten Staat" und fordert einen eigenen serbischen Staat. Regelmäßig untergräbt er gesamtstaatliche Institutionen. So auch schon im Jahr 2023, als die Republika Srpska beschloss, Entscheidungen des Hohen Repräsentanten nicht umzusetzen. Trotz Annullierung verkündete Milorad Dodik das Gesetz per Dekret. Da die Missachtung nun strafbar ist, wurde er am 26. Februar 2025 in erster Instanz zu einem Jahr Haft verurteilt.
Die EU verurteilte die Gesetze der Entitätsregierung als Angriff auf die Ordnung Bosnien und Herzegowinas. Um die Stabilität im Land zu sichern, wurde die EU-Friedenstruppe EUFOR verstärkt: 400 zusätzliche Soldaten wurden zu den bereits dort befindlichen 1100 Soldaten stationiert. NATO-Generalsekretär Mark Rutte reiste nach Sarajevo, um Bosnien seine Unterstützung zuzusichern.
Auch Serbiens Präsident Aleksandar Vučić äußerte sich besorgt über die Spannungen und warnte vor einer Eskalation, die einen neuen Bürgerkrieg auslösen könnte. US-Außenminister Marco Rubio meldete sich auf X zu Wort und kritisierte Dodik für sein "destabilisierendes und gefährliches Verhalten". Trotzdem ist es laut Experten fraglich, ob sich die USA unter Präsident Donald Trump und dessen pro-russischem Kurs der Umsetzung des Dayton-Abkommens weiterhin verpflichtet fühlen.
Dodik selbst wies die Haftbefehle als politisch motiviert zurück und kündigte an, die neuen Gesetze weiterhin durchzusetzen. Zudem rief er serbische Beamte auf, ihre Posten in den gesamtstaatlichen Institutionen aufzugeben und sich der Verwaltung der Republika Srpska anzuschließen.
Schützenhilfe bekommt Dodik von Russland, das in einer Erklärung des Außenministeriums ebenfalls verlauten lässt, dass das Urteil "politischer Natur und vom Westen inspiriert" sei. Auch Ungarns Premier Viktor Orbán stellt sich hinter Dodik und damit gegen die restlichen EU-Mitgliedsstaaten.
Trotz großer Sorgen um die Sicherheitslage im gesamten Balkan machte NATO-Generalsekretär Rutte in Sarajevo deutlich klar: "Wir befinden uns nicht im Jahr 1992 und wir werden nicht zulassen, dass ein Sicherheitsvakuum entsteht."