Netflix tritt in die Fußstapfen von Unterhaltungsriesen wie Disney und eröffnet sein erstes Erlebniszentrum. Im ersten Netflix House in einem Vorort der US-Metropole Philadelphia gibt es unter anderem Escape-Rooms, Minigolf, einen Fanartikel-Shop, einen Kinosaal und ein Restaurant.
Alle Erlebnisse sind direkt mit dem Netflix-Programm verbunden. Die Escape-Rooms sind an die Anime-Piratengeschichte "One Piece" angelehnt. Jede Minigolf-Station widmet sich einer anderen Serie, von "Bridgerton" bis "Stranger Things".
Die größte Fläche bekommt "Wednesday": Da können die Besucher durch einen düsteren Jahrmarkt mit Minispielen schlendern und ein Rätsel lösen. Außerdem gibt es VR-Erlebnisse (virtuelle Realität), bei denen du mit Spezialbrillen und Ausrüstung digital in die Welten von Serien wie "Squid Game" und "Stranger Things" eintauchen kannst.
Netflix steuert laut eigenen Angaben auf die Marke von einer Milliarde Zuseher weltweit zu. Marketing-Chefin Marian Lee sieht die Plattform aber in einem ständigen Wettstreit um Aufmerksamkeit: mit anderen Streaming-Anbietern, aber auch mit Youtube, Tiktok, Videospielen – kurz gesagt, mit jedem anderen Zeitvertreib. Für sie ist die Lösung klar: Immer im Gespräch bleiben und sich von der Konkurrenz abheben. Wer das nicht macht, "ist in der Welt von heute tot", sagt sie. Die Hoffnung ist auch, dass Besucher, die eine Serie noch nicht gesehen haben, durch die Attraktionen vielleicht Lust darauf bekommen.
Die Netflix-Häuser – zwei weitere sind in den USA schon angekündigt – sind Teil dieser Strategie. Es soll ein Ort sein, an dem Netflix eine Brücke vom Bildschirm in die echte Welt schlägt und Fans die Serien und Filme hautnah erleben können. Disney zeigt seit 75 Jahren mit seinen Parks in Kalifornien, wie viel Geld in so einer Idee stecken kann. Die Freizeitparks und Kreuzfahrten von Disney haben in den ersten neun Monaten des aktuellen Geschäftsjahres mehr als 27 Milliarden Dollar Umsatz gemacht und einen operativen Gewinn von über 8 Milliarden Dollar eingebracht.
Netflix fängt im Vergleich dazu im kleinen Stil an – und das nicht gerade in glamouröser Umgebung. Das erste Netflix House erstreckt sich über zwei Etagen in einer früheren Kaufhaus-Fläche in einem Einkaufszentrum. Es liegt nicht direkt in Philadelphia, sondern in einem kleinen Vorort namens King of Prussia – "König von Preußen", benannt nach einem Wirtshaus aus dem 18. Jahrhundert.
Welche Serien als Basis für die Attraktionen dienen, entscheidet Netflix anhand der Zuschauerzahlen. Dabei wird laut Marketing-Chefin Lee auch berücksichtigt, was am jeweiligen Standort besonders beliebt ist. Sollte etwas nicht wie geplant funktionieren, kann Netflix rasch reagieren und Flächen anders nutzen.
Für die einzelnen Erlebnisse im ersten Netflix House gibt es ganz unterschiedliche Aufwände. Während der Wednesday-Jahrmarkt zum Teil echte Requisiten aus den Dreharbeiten zeigt, gibt es zur Serie "Bridgerton" nur eine kleine Fotokulisse mit Thron und Rosenrahmen.
Netflix hat sich entschieden, Tickets für jede Attraktion einzeln zu verkaufen, anstatt wie in Freizeitparks einen einmaligen Eintritt zu verlangen. Am günstigsten ist Minigolf mit 15 Dollar pro Runde, die VR-Erlebnisse kosten 25 Dollar. Für die Escape-Rooms und den Wednesday-Jahrmarkt, wo du rund eine Stunde verbringen kannst, zahlst du jeweils 39 Dollar. Eine Ankündigung für eine internationale Expansion gibt es bisher nicht. Aber "vielleicht bald", sagt Netflix-Managerin Lee dazu. Sie geht jedenfalls davon aus, dass es bei Erfolg der ersten Standorte weitere Netflix-Häuser geben wird – auch in anderen Ländern.