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Coronavirus kann auch das Herz angreifen

Weltweit berichten Ärzte, dass bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 nicht nur die Lunge, sondern auch das Herz massiv Schaden nehmen kann.

Heute Redaktion
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Die Liste der Anzeichen für eine Infektion mit dem neuen Coronavirus wird immer länger. Neben Fieber, Husten, Atembeschwerden und dem Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns beschreiben Forscher weltweit nun ein weiteres: die akute Schädigung des Herzmuskels.

In mehreren Studien wurde nachgewiesen, dass bei Patienten mit schweren Covid-19-Verläufen häufig ein Biomarker im Blut erhöht war, der von zerstörten und sterbenden Herzmuskelzellen – wie es beispielsweise bei einem Herzinfarkt der Fall ist – freigesetzt wird, das sogenannte Kardiale Troponin. Laut Wissenschaftlern ist das ein sicherer Hinweis darauf, dass Sars-CoV-2 auch das Herz angreift.

Problem auch in der Schweiz beobachtet

"Dies haben wir bei Covid-19-Patienten auf der Intensivstation im Triemli wiederholt beobachtet", sagt Franz Eberli, Chefarzt der Klinik für Kardiologie an den Stadtspitälern Waid und Triemli im Schweizer Zürich. Allerdings habe es bislang bei keinem zu einer messbaren Funktionsstörung geführt.

Anders am Zürcher Uniklinikum, wo ebenfalls viele Betroffene eine Troponinerhöhung aufwiesen, oft in Kombination mit einem Muskelzerfall am Herzen. "Eine Patientin entwickelte einen Herzinfarkt mitsamt Herzrhythmusstörungen", so Peter Steiger, stellvertretender Direktor des Instituts für Intensivmedizin. Sie sei sehr krank gewesen und in der Folge verstorben.

"Ein anderer Patient zeigte auch Zeichen einer Herzmuskelschädigung. Anders als bei klassischen Herzinfarkten sind seine Herzkranzgefäße aber offen gewesen." Das zeige, dass die Beschwerden im Zusammenhang mit Covid-19 aufgetreten seien.

Offene Fragen

Was die Schädigungen am Herzen hervorruft, ist noch völlig offen. Wie Wissenschaft.de schreibt, ist es nach bisherigem Kenntnisstand vorstellbar, dass das Virus selbst diese hervorruft, aber auch, dass sie eine Folge der durch Sars-CoV-2 ausgelösten Immunreaktionen sind.

Laut Herzspezialisten wie Robert Bonow von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago könnten vier bis fünf Mechanismen in Betracht kommen, über die sich das Virus Zugang zu den Herzmuskelzellen verschaffen könnte, wie es im "Scientific American" heißt.

Ein Beispiel dafür nennt Kardiologe Eberli: "Das Sars-CoV-2 tritt über den ACE-2-Rezeptor in die Zelle ein. Der ACE-2-Rezeptor ist auch im Herz vorhanden. Es ist daher klar, dass die Viren auch die Herzmuskelzellen befallen." Dafür spreche auch, dass einige Patienten zu Beginn der Infektion Herzklopfen und -rasen verspürten sowie ein Druckgefühl im Herzbereich.

Kein Muster erkennbar

Forscher weltweit haben bereits zu den Herzschädigungen publiziert, auch Wissenschaftler um Shaobo Shi von der Wuhan University. Von den 416 an Covid-19 erkrankten Personen, die sie für ihre im Fachjournal "Jama Cardiology" erschienene Studie untersucht hatten, litt jeder Fünfte an Herzproblemen. Die Betroffenen hatten außerdem ein deutlich höheres Sterberisiko.

Warum einige Patienten mehr Probleme mit dem Herzen haben als andere, blieb jedoch auch in dieser Arbeit ungeklärt. Offenbar könnten sowohl Menschen mit als auch ohne kardiologische Vorerkrankungen Schädigungen am Herzen erleiden, so Eberli. Auch das Alter spiele keine Rolle.

Eine Erklärung dafür gibt es noch nicht. Laut Bonow könnte es auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen sein. Es sei aber auch vorstellbar, dass die Patienten, bei denen das Herz stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, einer höheren Viruslast ausgesetzt waren.

Risiko für Gesundheitspersonal

Laut den Forschern ist es wichtig, möglichst rasch mehr über die Hintergründe herauszufinden. Denn wie die Kardiologen-Plattform TCTMD.com berichtet, häuften sich Fälle, in denen Patienten mit typischen Symptomen eines Herzinfarkts den Notfall aufsuchten und wegen des Troponin in ihrem Blut entsprechend behandelt würden. Erst dann falle auf, dass es sich eigentlich um Covid-19-Fälle handle.

Das sei problematisch, da die Fehleinschätzungen dazu führen könnten, dass sich Ärzte und Pfleger anstecken.

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