Wien

"Polizist durchsuchte nur mich, weiße Freundin nicht"

Mit 14 Jahren wurde Mireille Ngosso auf der Mahü von der Polizei durchsucht, ihre weiße Freundin nicht. Kein Einzelfall für die SPÖ-Politikerin.

Isabella Kubicek
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Mireille Ngosso, stv. Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, wurde bereits 10 Mal grundlos von der Polizei angehalten
Mireille Ngosso, stv. Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt, wurde bereits 10 Mal grundlos von der Polizei angehalten
Zoe Opratko

25 Jahre ist es her, dass Mireille Ngosso und ihre Freundin über die Mariahilfer Straße flaniert sind. "Plötzlich hat uns ein Mann zugerufen, dass wir stehen bleiben sollen", erzählt die heute 39-Jährige. "'Was will der von uns?' haben wir uns im ersten Moment gefragt. Als er uns das zweite Mal aufgefordert hatte, sind wir stehen geblieben". Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Mann um einen Polizisten in Zivil handelte. "Als er seinen Ausweis zückte, konnte ich einen Blick auf seine Waffe werfen", hat Ngosso noch das Bild im Kopf, als wäre die Kontrolle erst gestern gewesen. "Nachdem er meinen Ausweis kontrolliert hatte, durchsuchte er auch meine Tasche und Jacke. Meine weiße Freundin wurde nicht durchsucht", erzählt sie im "Heute"-Gespräch.

"Meinen Brüdern ist es nicht anders ergangen"

Eine Erfahrung, die Ngosso noch öfters in ihrem Leben machen sollte, wie die SPÖ-Politikerin dem "Biber"-Magazin im Zahleninterview verriet ("Heute" berichtete). Insgesamt zehn Mal wurde die Wienerin, die im Kongo geboren ist, in ihrem Leben grundlos von der Polizei aufgehalten. "Als Jugendliche wurde ich immer wieder im Bereich der Längenfeldgasse und beim Bahnhof Meidling angehalten und kontrolliert. Meinen Brüdern ist es dabei nicht anders ergangen", erinnert sich Ngosso zurück. Den Grund für die Kontrolle zu erfragen, das hat sich die jetzige Bezirksvorsteherin-Stellvertreterin der Inneren Stadt nie getraut. "Damals hatte man keine andere Wahl", zuckt Ngosso mit den Schultern.

Politikerin wehrt sich gegen Racial Profiling

Als 39-Jährige lässt sie sich das allerdings nicht mehr gefallen. Erst vor kurzem ist die Wienerin mit dem Zug von Deutschland nach Wien unterwegs. Das Abteil war voll, als ein Beamter den Waggon betrat und gezielt auf Ngosso zugegangen sein soll. "Er wollte nur meinen Ausweis sehen, die anderen – weißen – Fahrgäste interessierten ihn nicht", so Ngosso. "Ich hab den Beamten darauf aufmerksam gemacht, dass es sich dabei um Racial Profiling handelt und das verboten ist. Ein anderer Fahrgast ist mir dann zur Hilfe gekommen", bedankt sich die Wienerin für die Unterstützung. "Es war erniedrigend. Mein kleiner Sohn saß direkt neben mir und kannte sich nicht aus. Leider passiert uns das im Zug immer wieder".

"Mohr" soll aus Wien verschwinden

Für ihren Sohn, der in Wien auf die Welt gekommen ist, hofft Mireille Ngosso, dass er in einer anderen Welt aufwachsen wird. "Ich habe Angst, dass uns keine Verbesserung gelingt. Das 'N-Wort' begleitet mich schon mein ganzes Leben, ich hoffe meinem Kind bleibt das erspart", so Ngosso. Die Inititatorin der großen Anti-Rassismus-Demonstration setzt sich derzeit dafür ein, dass die Große und Kleine Mohrengasse in der Leopoldstadt umbenannt werden. Bislang will der Bezirk nur eine Zusatztafel aufhängen. Eine Apotheke in der City hat bereits verkündet, das für viele diskriminierende Wort "Mohr" aus ihrem Namen zu streichen (wie berichtet).

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