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Burger: "Kann Vergleiche nicht mehr hören"

Nina Burger hat ihre internationale Karriere beendet. Im Interview spricht die Rekordtorschützin über ihre Pläne, die WM und Feminismus.

Heute Redaktion
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Nina, du hast vor rund zwei Monaten deinen Rücktritt bekannt gegeben. Wie geht es dir heute?

Nina Burger: "Ich fühle mich gut und habe das letzte Spiel mit der Mannschaft und all die dazugehörigen Emotionen verdaut. Es wird schon ein komisches Gefühl sein, wenn ich die Mädels spielen sehen werde, aber ich bin froh über meine Entscheidung."

Wie sehen deine Pläne aus?

"Ich werde noch in der Bundesliga für den SV Neulengbach spielen und mache momentan eine Trainerausbildung. Es tut sich gerade irrsinnig viel bei mir. Ich bin umgezogen nach Tullnerfeld, richte dort meine Wohnung ein. Jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Ich bin ja ausgebildete Polizistin und werde ab Juli eine Planstelle im Innenministerium im Bereich allgemeine Sportangelegenheiten übernehmen."

Warum wolltest du neben deiner Sportkarriere Polizistin werden?

"Ich bin eine Gerechtigkeitsfanatikerin. Das hat sich schon in der Schule bemerkbar gemacht. Ich wollte immer, dass alle gleich behandelt werden. Schon ins Stammbuch habe ich beim Berufswunsch "Polizistin" reingeschrieben."

"Es sollte völlig normal sein, dass Mädchen Fußball spielen"

Fußball und Polizei sind zwei männerdominierte Bereiche. Woher kommt dieses Interesse?

"Ich mag den Begriff 'Männerdomäne' nicht. Ich hoffe, dass das irgendwann kein Thema mehr ist. Bei der Polizei ist der Unterschied gar nicht mehr so groß. Ich bin ja mit vier Brüdern aufgewachsen und war viel mit ihnen unterwegs, vielleicht kommt daher mein Interesse. Ich musste mich sicher mehr durchsetzen, schon als Kind. Es war manchmal hart, aber es hat mir sehr geholfen für meinen späteren Beruf."

Du warst erst 14 Jahre alt, als deine Mutter an Krebs gestorben ist. Wie hat dich das geprägt?

"Ich bin schon recht früh selbstständig geworden und musste wahrscheinlich auch schneller erwachsen werden. Wir hatten eine Landwirtschaft zu Hause, mein Vater hat daher viel gearbeitet, aber die Familie hat zusammengehalten in dieser schwierigen Zeit. Ich musste mich sicher mit Sachen beschäftigen, an die andere in meinem Alter gar nicht gedacht haben. Dennoch hat mich meine Mutter immer begleitet. Bei meinem ersten Tor gegen die Schweiz bei der EM 2017 habe ich sofort an sie gedacht."

Siehst du dich als Feministin?

"Nein. Ich tu' mir mit diesem Begriff schwer, weil da oft etwas Negatives mitschwingt. Mit Slogans wie z.B. 'Frauen an die Macht' kann ich gar nichts anfangen. Ich setze mich sehr für Gleichberechtigung ein und ich möchte, dass Frauen eine starke Persönlichkeit haben. Und es sollte völlig normal sein, dass Mädchen Fußball spielen. Aber das hat für mich nichts mit Feminismus zu tun. Das sollte eigentlich kein Thema sein. Ich kann auch diese Männer- und Frauenvergleiche nicht mehr hören."

Hattest du zu Beginn deiner Karriere mit Vorurteilen zu kämpfen?

"Konkret nicht. Ich war das einzige Mädchen im Bezirk und die Leute haben da sicher geredet. Aber ich bin schon sehr früh mit meinen Toren aufgefallen."

"Ich werde nach wie vor von den Leuten angesprochen"

Warum ging der Hype nach dem Sommermärchen 2017 nicht weiter?

"Mein Bekanntheitsgrad und hat sich durch die EURO deutlich gesteigert. Ich werde nach wie vor von Leuten angesprochen und um Selfies gebeten. Aber es stimmt schon, danach hat die Medienberichterstattung wieder abgenommen."

Was würdest du gerne ändern?

"Es ist wichtig, dass mehr Mädchen mit dem Fußball spielen beginnen. Das haben wir durch die EURO auf jeden Fall geschafft. Die Medien könnten aber mehr berichten. Die Bundesliga bräuchte Sponsoren und mehr Geld, um die Strukturen zu verbessern. Es hängt alles zusammen. Ich würde es gut finden, wenn jeder Männer-Bundesliga-Verein auch eine Frauenmannschaft hat. England ist da ein Vorbild. Da haben alle großen Klubs ein Frauenteam. Bei der WM-Kaderbekanntgabe war David Beckham dabei. Solche Aktionen helfen enorm."

Du hast 53 Tore für das Nationalteam erzielt. Wer könnte deine Nachfolgerin werden?

"Wichtig ist, dass die Spielerinnen ihren eigenen Weg gehen. Ich sehe einige junge nachkommen. Nicole Billa hat sich stark entwickelt und macht ihre Tore. Da mache ich mir keine Sorgen."

Wer sind deine Favoriten bei der WM?

Deutschland, England und die USA. Da ich lange in der deutschen Bundesliga gespielt habe und viele Spielerinnen kenne, werd' ich auch unseren Nachbarn die Daumen drücken (grinst)."

Wie sehr schmerzt es, bei der WM zuschauen zu müssen?

"Wir wären natürlich sehr gerne dabei gewesen. Schlecht war das Spiel gegen Serbien, das hat uns den Play-off-Platz gekostet. Gegen Spanien hätten wir zwei Mal eine übermäßige Leistung bringen müssen, aber die Mädels konzentrieren sich schon wieder auf das nächste Turnier."

Ada Hegerberg hat ihre Teilnahme wegen ungleicher Behandlung abgesagt – was sagst du zu solchen Aktionen?

"Das ist eine individuelle Entscheidung, aber ich finde es sehr schade. Für sie, für das Team, für das Turnier. Für mich persönlich wäre so etwas nie in Frage gekommen. Ich bin immer stolz darauf gewesen, Spiele für Österreich zu absolvieren."

Am Freitag startet nicht nur die Frauen WM in Frankreich, auch das ÖFB-Herren-Team hat gegen Slowenien ein entscheidendes Spiel in der EM Quali - wie schätzt du die Chancen ein?

"Ich denke, dass sie wieder auf die Erfolgsspur wechseln und rechne mit einem Sieg gegen Slowenien."

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