Fußmarsch bei Minusgraden

"Nix verstehen" – Buslenker ließ Mädel nicht aussteigen

Ärger für den Vater einer Zwölfjährigen: Sie drückte den Halteknopf des Buses, der Lenker fuhr weiter, soll mit Earpods gemeint haben: "Nix verstehen"

"Nix verstehen" – Buslenker ließ Mädel nicht aussteigen
Der Vater des Mädchens an der Bushaltestelle: "Der Lenker hatte Kopfhörer und sagte nur: Nix verstehen!"
privat

Zitternd vor Kälte war eine zwölfjährige Schülerin aus dem Bezirk Tulln an einem kalten, schneereichen Dezembertag nach Hause gekommen und brachte damit ihren Vater in Wallungen: Denn der Busfahrer soll nicht gehalten und nur "Nix verstehen" gesagt haben.

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    Der 52-Jährige an der betroffenen Haltestelle im Bezirk Tulln 
    Der 52-Jährige an der betroffenen Haltestelle im Bezirk Tulln 
    privat

    Das Mädchen hatte am Montag, 4. Dezember 2023 (nach dem schneereichen Wochenende), den VOR-Bus der Linie 406 von Tulln nach Rafelswörth (gewünschter Ausstiegsort des Mädchens) genommen. Die Zwölfjährige wollte an der Haltestelle Rafelswörth mit zwei Mitschülern aussteigen, drückte den Halteknopf. Doch der Busfahrer blieb nicht stehen und soll laut Erzählungen des Mädchens mit Earpods in beiden Ohren lautstark und wild gestikulierend in einer fremdem Sprache telefoniert haben.

    Als das Mädchen leise und leicht ängstlich stutzte, soll der Chauffeur nur gemeint haben: "Nix verstehen!" und soll zum Bahnhof Langenlois (Tulln) einfach weitergefahren sein.

    Mit der schweren Schultasche musste die Kleine schließlich bei Minusgraden im tiefen Schnee mehrere Kilometer heimgehen. Da das kluge Mädchen die potentielle Gefahr an der Bundesstraße erkannt hatte, stapfte sie durch den Tiefschnee über Wiesen und Felder nach Hause. 

    Kein Einzelfall

    Der erzürnte Vater (52) gegenüber "Heute": "Ich habe nämlich zufällig den Artikel "Busfahrer hielt nicht! Bub lief durch Schneehölle heim" gelesen und stelle fest, dass es sich um keinen Einzelfall handelt. Meine Tochter und Nachbarskinder waren schon öfters vom Nicht-Anhalten eines Busses betroffen. Meine Tochter lief am besagten Dezembertag bei Minusgraden mit der schweren Schultaschen, kleidungsmäßig nicht ausgerüstet für so einen Marsch, nach Hause."

    Solange am unverschuldet, geplanten Heimweg dem Kind nichts passiert, ist ja alles gut. Aber was ist, wenn etwas passiert? Dann reicht eine Entschuldigung von VOR nicht
    Vater (52)
    des zwölfjährigen Mädchens

    "Ich hinterfrage auch, ob der Busfahrer während der Fahrt überhaupt telefonieren sollte. Solange am unverschuldet geplanten Heimweg dem Kind nichts passiert, ist ja alles gut. Aber was ist, wenn etwas passiert? Eine simple Entschuldigung von VOR wird es dann nicht gut machen, wenn mein Kind nicht mehr heimkommt", so der 52-Jährige weiter. Übrigens: Das Telefonieren am Bussteuer ist auch unter den Busunternehmern umstritten. Die renommierte Busunternehmerin Sabine Zuklin hatte erst ein Telefonierverbot gefordert. 

    Das sagt VOR

    VOR-Sprecher Andreas Ecker nahm sich des Falles an: "Der Vorfall ist sehr bedauerlich und wir bitten bei den Eltern und Kindern um Entschuldigung. Wir können den Vorfall selbst nur gemeinsam mit dem leistungserbringenden Busunternehmen klären. Das kann – falls der Buslenker gerade auf Weihnachtsurlaub sein sollte – ein paar Tage dauern. Dafür bitten wir um Verständnis."

    Der Sprecher weiter: "Grundsätzlich lässt sich aber sagen: Eltern dürfen zu Recht erwarten, dass Buslenker:innen im Umgang mit Kindern besondere Sorgfalt an den Tag legen. Im Linienbetrieb ist es allerdings gerade wegen der nötigen Sorgfalt nicht erlaubt, Zu- und Ausstiege zwischen den vorgesehenen, konzessionierten Haltestellen zu ermöglichen. Insbesondere bei schnee- und eisglatter Fahrbahn ist ein zweiter Aspekt zu würdigen, der bei trockenen Verhältnissen nicht so ins Gewicht fällt: Falls der Haltewunsch knapp vor der Haltestelle angezeigt wurde, keine Fahrgäste auf der Haltestelle zu sehen waren, deren Aufnahme bereits davor ein witterungsbedingt sehr sanftes Abbremsen nötig gemacht hätte, war es bei schneeglatter Fahrbahn im Interesse der Sicherheit aller Fahrgäste wohl nicht ratsam, stark zu bremsen. Auch dann muss die nächste reguläre Haltestelle angefahren werden."

    Telefonieren lenkt immer ein wenig ab. Deshalb erlaubt die Straßenverkehrsordnung das Telefonieren nur mit geeigneten Freisprechanlagen.
    Andreas Ecker
    Leitung Kommunikation VOR

    Zum Telefonieren meinte der VOR-Sprecher: "Telefonieren lenkt immer ein wenig ab. Deshalb erlaubt die Straßenverkehrsordnung das Telefonieren nur mit geeigneten Freisprechanlagen. Außerdem sind Buslenker:innen im VOR in der Regel nur betriebsnotwendige Telefonate erlaubt. Ersteres dürfte der Fall gewesen sein, da sich das in der Schilderung der Kinder spiegelt. Zweiteres bedarf der Klärung mit dem beauftragten Busunternehmen. Jedenfalls wird Buslenker:innen der Haltewunsch nicht nur akustisch mitgeteilt, sondern auch durch eine optische Anzeige im direkten Blickfeld. Deshalb ist dieser Wunsch sprichwörtlich kaum zu übersehen, auch wenn ein Telefonat geführt wird. Wie gesagt werden wir mit dem beauftragten Busunternehmen den Sachverhalt klären und dieses außerdem ersuchen, bei der Lenker:innen-Schulung auf die geäußerten Probleme einzugehen. Außerdem bitten wir die betroffenen Eltern um genauere Angaben, wann und wo genau an Haltestellen wartende Kinder nicht mitgenommen wurden, damit wir auch diesen Sachverhalt aufarbeiten können. Danke im VORaus!"

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