Spiele-Test

"Persona 5 Tactica" ist Comicliebe für die Phantomdiebe

Der Game-Hit "Persona 5" bekommt das mittlerweile dritte Spin-Off. "Tactica" zeigt sich als Liebeserklärung an die Phantomdiebe im Comic-Look.

Rene Findenig
"Persona 5 Tactica" ist Comicliebe für die Phantomdiebe
"Persona 5 Tactica" entführt die Phantomdiebe in eine Comic-Welt und die Spieler in ein diebisch gutes Spiel.
Atlus

Die "Persona"-Reihe ist ein Gaming-Phänomen und es scheint, die Entwickler können das Gameplay der Titel und Spin-Offs grundlegend ändern, jedes Game wird dennoch zwangsläufig zum Hit. Wie erfolgreich das jüngste "Persona 5" der Hauptreihe ist, zeigen gleich drei Spin-Offs. Bereits erschienen sind aus den Häusern Atlus und Sega "Persona 5: Dancing in Starlight" und "Persona 5: Strikers", nun folgt "Persona 5 Tactica" für Xbox Series X|S, Xbox One, Windows, Steam, PlayStation 5, PlayStation 4 und Nintendo Switch. Und es zeigt sich als Liebeserklärung an die Phantomdiebe, wenn auch mit komplett ungewohnter Aufmachung. Bei der Handlung sind "Persona 5"-Fans gut bedient und etwas Vorwissen schadet nicht, denn "Persona 5 Tactica" setzt erzählerisch gegen Ende des "Persona 5"-Hauptteils an.

So sehen wir auch unsere Protagonisten, die wunderbaren Phantomdiebe wieder, die es von einem gemütlichen Zusammensein durch bizarre Ereignisse in ein fremdes Reich verschlägt, in dem die Bürger von einer machthungrigen Herrscherin geknechtet werden. Die Tyrannin Marie scheint die Bürger zudem mit ihren Gedanken kontrollieren zu können, was sich auch auf unsere Phantomdiebe auswirkt. Und es wird auch schnell brenzlig, denn unsere Truppe wird in dem "Land der Königreiche" von der Militärgruppe "Legionäre" umzingelt und nur Joker sowie Morgana scheinen immun gegen die Gedankenkontrolle zu sein. Als alles aussichtslos erscheint, eilt die Rebellin Erina zu Hilfe und der Plot des Games steht, denn im Austausch für unsere Freiheit sollen wir den Rebellen helfen, die Tyrannin des Reiches loszuwerden.

Geniale Story, die aber "Persona"-Vorwissen benötigt

Anders als bei vielen Rollenspiel-Konkurrenten ist die Handlung aber nicht ein billiger Aufhänger, sondern steht im Mittelpunkt. Spannende Wendungen, tiefgehende Gespräche und die wundervolle Herausarbeitung der Charaktere sowie ihre Beziehung zueinander sind solide Stützen für eine atmosphärische Story. Da macht es auch nichts aus, dass einige Dialoge und Textzeilen länger ausfallen, denn man genießt hier jedes Wort. Allerdings nur, wenn man zumindest den Hauptteil von "Persona 5" und idealerweise auch einige weitere Ausgaben gezockt hat, denn nur mit Vorwissen entfaltet die Handlung ihre volle Genialität. Spaß ganz ohne "Persona"-Vorwissen können Spieler aber mit dem "Tactica"-Gameplay haben, das als klassisches Strategie-Rollenspiel aus der Iso-Perspektive und mit rundenbasierten Kämpfen abläuft. 

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    Die "Persona"-Reihe ist ein Gaming-Phänomen und es scheint, die Entwickler können das Gameplay der Titel und Spin-Offs grundlegend ändern, jedes Game wird ...
    Die "Persona"-Reihe ist ein Gaming-Phänomen und es scheint, die Entwickler können das Gameplay der Titel und Spin-Offs grundlegend ändern, jedes Game wird ...
    Atlus

    Spieler steuern auf dem Kampffeld drei Charaktere, wobei sich ein Mix aus klassischem Strategie-Spiel und "Persona"-Fähigkeiten ergibt. So darf man die Einheiten angreifen und bewegen lassen, sie aber auch die aus den Hauptspielen bekannten "Persona"-Spezial-Skills ausführen lassen. Das Besondere: Die Spezialattacken erzeugen nicht nur Schaden und aktivieren Umgebungs- und Element-Effekte, sondern verändern auch das Kampfgeschehen, indem sie Gegner lähmen, auf andere Positionen schleudern oder auf Dutzende weitere Arten manipulieren können. Wer zudem das ikonische 1-Up-System erwartet, darf sich freuen, denn auch dieses hat Einzug in das Game gefunden. Spieler der Hauptreihe kennen es: Richtet eine Spielfigur kritischen Schaden bei einem Feind an, darf sie gleich noch einmal attackieren.

    Überraschend knackige Herausforderung im Spielverlauf

    Das 1-Up-System ist aber nicht nur schöne Hommage an die Haupt-Reihe, sondern in "Tactica" überlebenswichtig, denn viele Kämpfe kommen mit knackig harten Begrenzungen daher, wenn es um die Anzahl der ausführbaren Aktionen geht. Nutzt man das System für Extra-Angriffe nicht weise, wartet schnell die Niederlage. Und auch die Stärke der Feinde überrascht, hier kommen Strategie- und Taktik-Füchse definitiv auf ihre Kosten. Einsteiger müssen aber keine Sorge haben, denn das Game bietet ein ziemlich ausführliches und in die Handlung verwobenes Tutorial, das Spaß macht und gleichzeitig alles vermittelt, was man an Gameplay-Nötigem wissen muss. Und man sollte gut aufpassen, denn es wird schnell richtig komplex durch tiefgreifende Gruppen-Zusammenstellungen und ausufernde Fähigkeiten-Systeme.

    Im Spielhub darf man die Besetzungen der Kämpfer-Gruppe vornehmen und die Einheiten mit Ausrüstung ausstatten, die man durch das Absolvieren von Haupt- und Nebenmissionen besorgen kann. Und natürlich gibt es auch jede Menge "Persona"-Geister, die der Truppe zur Verstärkung kommen können, wobei immer eine "Persona" einem Kämpfer zugeordnet werden kann. Das sorgt dafür, dass der jeweilige Charakter eine weitere Spezialfähigkeit, einen aktiven oder passiven Effekt oder eine generelle Stärkung eines Kampfwertes erhält, was taktische Ausrüstungen ermöglicht, Schwächen ausgleichen lässt und Spaß beim Experimentieren macht. Zusätzlich kann man sich mit erspielten Erfolgen auch noch über einen überschaubaren, aber dennoch tiefgreifenden Fähigkeiten-Baum für die Figuren spezialisieren.

    Grafik im Comic-Gewand und mit Chibi-Charakteren

    Schade: Das Beziehungssystem zwischen den Charakteren, das die Hauptreihe so einzigartig macht, gibt es in "Tactica" nur in einer "Light"-Variante, bei dem mit Gesprächen unter den Figuren neue Skill-Punkte freigeschaltet werden. Und auch in Sachen Leveldesign darf man sich keinen Teil der Hauptreihe erwarten. Die Örtlichkeiten wechseln immer mal wieder und bieten unterschiedliche Terrains und Deckungs-Möglichkeiten, irgendwann wiederholen sie sich dann aber zwangsläufig. Eine riesige Veränderung zur Hauptreihe ist wiederum die Grafik. Während der Einstieg und die Auswahlbildschirme deutlich an die Hauptreihe angelehnt sind, haben in "Tactica" die Figuren ein Comic-Design und erscheinen in Chibi-Optik mit eher kleinen Körpern und überdimensionierten Köpfen. Cool, aber sicherlich Geschmackssache.

    Entsprechend sind auch die Details nicht Vielfalt nicht ganz so groß wie in der Hauptreihe, die Animationen und der Stil können aber dennoch überzeugen und bieten Übersichtlichkeit in den Kämpfen. Und auch beim generellen technischen Eindruck gibt es nichts zu meckern, denn das Game läuft flüssig und ohne Bugs ab. Dazu gibt es den geliebten "Persona"-Sound, wobei zu Serien-Klassikern nun auch ganz neue Kompositionen dazustoßen, die auch ein herrliches Musik-Album abgeben würden. Abgerundet wird das durch die originalen Sprecher der Phantomdiebe, und das ist ein dickes Plus: Ja, im Spiel gibt es eine Menge an Sprachausgabe statt nur lange Textzeilen oder nervige Quietsch-Töne, wie es viele Konkurrenten bei einem solchen Genre-Vertreter bevorzugen. Ein echtes Highlight der "Tactica"-Ausgabe.

    "Persona 5 Tactica" ist Comicliebe für die Phantomdiebe

    Natürlich wäre es kein "Persona"-Game, wenn die Spielzeit nicht schnell in die Dutzenden, vielleicht sogar Hunderten Stunden gehen würde. Dabei wird es bis auf etwas wenig Abwechslung bei den Umgebungen aber kaum langweilig und die Handlung, aber auch das Gameplay wissen bis zum Schluss zu motivieren. Bittersüß ist, dass sich der volle Spaß nur für Fans der Hauptreihe zeigt, die entsprechend viel Vorwissen über die Spielwelt und die Charaktere mitbringen, denn "Persona 5 Tactica" ist Comicliebe für die Phantomdiebe. Und nicht jeder Kenner wird sich mit dem neuen Grafik-Stil und dem taktischen Gameplay-Ausflug anfreunden können, die Macher haben beides aber sehr solide umgesetzt und motivierend gestaltet. Jeder "Persona"-Fan darf also bedenkenlos einen Blick auf das Spin-Off "Tactica" werfen.

    Bemerkenswert ist, wie gut die Macher das rundenbasierte und taktische Kampfgeschehen auf die berühmte "Persona"-Formel ummünzen konnten und dabei auch noch einige typische Serien-Mechaniken wie das Beziehungssystem und das 1-Up-System im Spiel verpackten. Das geschieht zwar oft nur in einer sehr abgespeckten Variante, Spaß macht es dennoch. Anfänger werden gut mit einem ausführlichen Tutorial ins Boot geholt, Profis dürfen sich an einem höheren Schwierigkeitsgrad versuchen, wobei die Lernkurve des Games generell sehr knackig, aber auch motivierend angesetzt ist. "Persona 5 Tactica" beweist einmal mehr, welch Phänomen diese Spiele-Reihe ist und dass sie auch mit einem Ausflug in ein ganz anderes Genre nichts an ihrem Reiz verliert. So gesehen kann das nächste Spin-Off gerne alsbald kommen.

    rfi
    Akt.