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Wie gefährlich ist die Pille wirklich?

Heute Redaktion
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Die Diskussion um die Gefahren der Anti-Baby-Pille ist neu entbrannt. Moderne Präparate der dritten und vierten Generation erhöhen laut Studien das Thromboserisiko.

Der Fall von Klaudia R. (30) entfacht die Debatte um die Anti-Baby-Pille neu. Mit 25 Jahren erlitt die Wienerin einen Schlaganfall. Sie gibt der Anti-Baby-Pille "Yasminelle" die Schuld, verklagt den Pharmakonzern Bayer.

Die Geschichte motivierte auch Daniela T. (53) dazu, an die Öffentlichkeit zu treten. Vor neun Jahren starb ihre Tochter im Alter von 21 Jahren an einer Lungenembolie. Auch Daniela T. vermutet die Pille als Ursache – und will andere Frauen warnen.

Wie gefährlich ist die Einnahme der Anti-Baby-Pille wirklich? Das musst du wissen:

Welche Gefahren gehen von der Pille aus?

Übelkeit, Gewichtszunahme, depressive Verstimmungen und Blutdruckstörungen gehören zu den möglichen Nebenwirkungen, welche die Pille haben kann. Aber auch Herzinfarkte, Durchblutungsstörungen, die zu einem Schlaganfall führen können, Gebärmutter- oder Brustkrebs sowie eine Abnahme der Knochendichte wurden bereits mit dem Verhütungsmittel in Zusammenhang gebracht.

Und schließlich erhöht die Pille auch das Thrombose-Risiko. Von Thrombosen spricht man, wenn sich in einem Blutgefäß ein Gerinnsel bildet. Löst sich das Blutgerinnsel, kann der Blutstrom in das Herz und die Lungenarterien gelangen und sie verstopfen. Dann spricht man von einer Lungenembolie. Diese kann lebensbedrohlich sein.

Wie häufig kommt es zu Todesfällen?

In den letzten zehn Jahren gab es einige tragische Todesfälle auf internationaler Ebene, sowie seit 2001 mehrere hundert Fälle mit schweren Nebenwirkungen. In Deutschland wurden mittlerweile 28 Todesfälle registriert. In der Schweiz gab es mehrere Todesfälle wegen Lungenembolien. Besonders ein 16-jähriges Mädchen, das nach Einnahme der Antibabypille eine Lungenembolie erlitten hatte, sorgte für Schlagzeilen. Die Nichtraucherin wird zeitlebens gelähmt sein und muss künstlich ernährt werden. In Frankreich gab es vier Todesfälle, die mit der Pille in Zusammenhang gebracht werden konnten.

Was sind die Anzeichen einer Thrombose?

An der Wade oder der Knöchelregion des Fußes treten Schwellungen auf. Die Haut spannt sich und färbt sich blau. Man spürt Schmerzen im Unterschenkel, im Fuß, im Oberschenkel oder der Leiste, die sich ähnlich wie ein Muskelkater anfühlen können. Im Unterschenkel wird ein Schwere- oder Spannungsgefühl wahrgenommen.

Wer ist besonders gefährdet?

Für Frauen, die rauchen, älter als 35 sind oder in deren Familie schon Thrombosen aufgetreten sind, steigt durch die Neigung zu Thrombosen das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Sind gewisse Pillen gefährlicher als andere?

Die Einnahme konventioneller Anti-Baby-Pillen soll das Risiko eine Thrombose zu erleiden, verdoppeln. Bei der dritten und vierten Generation - den beiden jüngsten Generationen des Verhütungsmittel - verdoppelt sich dieses Risiko noch einmal, so das Ergebnis einiger Studien.

Hinzu kommt der Status der Pille als Lifestyle-Produkt. Positive Effekte wie weniger Regelschmerzen, ein schöneres Hautbild, weniger Haarwuchs und dafür größere Brüste sind für viele Frauen zusätzliche Gründe, auf die Anti-Baby-Pille zurückzugreifen. Vor allem bei den jüngsten Generationen erfreuen sich die dritte und vierte Generation großer Beliebtheit, da bei den neueren Präparaten kaum Gewichtszunahmen eintreten, wie Studien zeigten.

Sind andere Länder strenger beim Verschreiben der Pille?

In vielen Ländern wurden mittlerweile Maßnahmen eingeleitet, um besser über die Risiken zu informieren. Trotz der EU-weiten, verschärften Vorgabe über Warnungen am Beipackzettel von Konzeptiva verschreiben viele Frauenärzte dennoch weiterhin vorwiegend Pillen der dritten und vierten Generation. In Österreich sind die Präparate z.B. unter den Namen Yasmin, Yasminelle, YAZ, Yirala, Alina oder Angeliq erhältlich.

In Frankreich ist eine Anti-Baby-Pille verboten worden, nachdem vier Todesfälle auf ihre Einnahme zurückgeführt wurden. Auch die USA nehmen bei den Gegenmaßnahmen eine Vorreiterrolle ein. Dort wurden bereits zahlreiche Betroffene entschädigt.

Auch in Österreich fordern viele Initiativen eine Aufklärungspflicht von Pharmakonzernen.

Was sagt der Experte?

DDr. Johannes Huber, der bekannteste Frauenarzt Österreichs, bewertet in Österreich die Situation weniger beunruhigend als in anderen Länden. "Lange Zeit wurde die Pille zu unachtsam verschrieben. Generell kann man sagen, dass sich das geändert hat und in Österreich die Pille mittlerweile behutsam verschrieben wird. Deswegen sind meiner Einschätzung nach die Risiken und Komplikationen geringer als in anderen Ländern."

Huber ist davon überzeugt, dass das Urteil über die Pille zu dramatisch dargestellt wird. Er betont: "Die Pille ist eines der verlässlichsten Verhütungsmittel. Sie hat viel dazu beigetragen, dass die Emanzipation der Frau ermöglicht wurde. Allerdings hat sie auch gewisse Belastungsmomente. Man muss sie richtig verschreiben. Ein Mittel für jede Frau ist es nicht. Man muss in der gesamten Medizin individuell vorgehen."

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