Jetzt ist es amtlich: In der Causa Wienwert kommt es zu Anklagen gegen zwei hochrangige Wiener Politiker. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat SPÖ-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (Donaustadt) und Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer offiziell angeklagt. Sie sollen sich durch ihre politischen Verbindungen Vorteile gesichert haben.
Im Zentrum stehen Bestechlichkeit, Untreue und Amtsgeheimnis-Verletzung. Während Nevrivy laut Anklage für Insider-Informationen VIP-Tickets für Fußballspiele erhalten haben soll, geht es bei Mahrer um mutmaßlich überhöhte Zahlungen an seine Frau. Es gilt für beide die Unschuldsvermutung.
Laut Ermittlungen informierte Ernst Nevrivy den Wienwert-Vorstand vorab über ein geplantes Grundstücksgeschäft der Wiener Linien. Der Ex-Wienwert-Chef kaufte das Grundstück daraufhin privat und verkaufte es später mit hohem Gewinn an die Stadt zurück.
Der Schaden für die Wiener Linien und damit die Stadt Wien: 850.000 Euro. Als Gegenleistung soll Nevrivy VIP-Tickets für Austria-Rapid-Derbys und Länderspiele bekommen haben. Außerdem wurde eine Musikgruppe aus seinem Bezirk mit Wienwert-Geldern gefördert.
Auch Karl Mahrer soll laut Anklage in den Wienwert-Skandal verstrickt sein. Das PR-Beratungsunternehmen seiner Frau erhielt von Wienwert insgesamt 84.000 Euro, ohne dass eine echte Gegenleistung erbracht worden sei.
Brisant: Mahrer, damals Vize-Polizeipräsident von Wien, soll diese Zahlungen für sein Netzwerk eingefädelt haben. Die Justiz sieht darin einen Beitrag zur Untreue des Wienwert-Vorstands. Mahrer selbst weist die Vorwürfe zurück.
Karl Mahrers Verteidiger, Manfred Ainedter, argumentiert auf "Heute"-Anfrage : "Die Vorwürfe gegen das Ehepaar Mahrer werden vor einem unabhängigen Gericht widerlegt werden können." Ob es in dieser Causa nicht zumindest den Anschein der Befangenheit gibt, wird noch zu prüfen sein, so der Anwalt.
Die Immobilienfirma Wienwert versprach Anlegern sichere Renditen, obwohl sie längst pleite war. Statt das Geld für Bauprojekte zu nutzen, wurde es zum Stopfen von Schulden verwendet.
Das Schneeballsystem flog schließlich auf – 1.800 Anleger verloren insgesamt 41 Millionen Euro. Der Ex-Wienwert-Vorstand soll sich mit überhöhten Gehältern und Boni bereichert haben.
Nicht nur SPÖ und ÖVP sind betroffen, sondern auch die FPÖ. Der Wiener Ex-Vizebürgermeister Johann Gudenus und FPÖ-Nationalrat Markus Tschank sollen eine 10.000-Euro-Spende für einen FPÖ-nahen Verein eingeworben haben.
Weil beide ihre Schuld eingestanden, erhielten sie eine Diversion. Das bedeutet, sie kommen mit einer Geldstrafe und Schadenswiedergutmachung davon – ohne langwierigen Prozess.
Seit 2017 läuft die Aufarbeitung des Skandals, die Ermittlungsakten umfassen 380.000 Seiten. Ein Sachverständigengutachten zur Finanzlage von Wienwert allein umfasst 8000 Seiten.
Nun beginnt der Prozess gegen Nevrivy und Mahrer. Ob sie sich herauswinden können oder selbst ins finanzielle Abseits geraten, wird sich zeigen. VIP-Tickets für den Gerichtssaal gibt es jedenfalls nicht.