Vor dem Treffen zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj in Washington D.C. ging vor allem eine Frage um: Wie formell kleidet sich der ukrainische Präsident? Eigentlich sollte das Outfit eines Staatschefs, dessen Land sich seit nunmehr dreieinhalb Jahren gegen einen übermächtigen Invasor verteidigt, eher eine Nebenrolle einnehmen – doch beim letzten Treffen war das Gegenteil der Fall.
Beim öffentlich ausgetragenen Eklat im Februar fragte nämlich einer der Reporter, wieso Selenskyj keinen Anzug trage. Diverse US-Medien und Trump-Unterstützer argumentierten daraufhin, dass der Pullover, in dem der ukrainische Präsident erschienen war, seine fehlende Dankbarkeit für die US-Unterstützung illustriere.
Als sich Selenskyj nun am Montag in Washington mit Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff traf, trug er ebenfalls noch den schwarzen Militärpullover, in dem er seit Kriegsbeginn meist auftritt. Dann gab es aber offenbar einen Garderobenwechsel: Schon beim Empfang der EU-Staatschefs und Nato-Chef Rutte zeigte sich Selenskyj im schwarzen Sakko, ebenso beim Empfang durch Donald Trump im Weißen Haus.
Im Video: "Präsident Selenski, Sie sehen fantastisch aus im Anzug"
Von einem Journalisten gab es dort auch gleich Lob für den schönen Anzug, den der ukrainische Präsident trug. Diese Einschätzung teilt auch der US-Präsident und fügt mit Verweis auf den Journalisten an: "Er hat dich letztes Mal attackiert".
Daraufhin folgt eine süffisante Bemerkung des ukrainischen Präsidenten, der sechs Monate zuvor am gleichen Ort von Trump und seinem Vizepräsidenten JD Vance in die Mangel genommen worden war: Im Gegensatz zu ihm trage der Journalist ja den gleichen Anzug wie beim letzten Mal, merkte Selenskyj augenzwinkernd an.
"Dass er diesmal im Sakko aufgekreuzt ist, hat Selenskyj wahnsinnig viele Punkte eingebracht. Das war ein erster cleverer Schachzug", erklärt Klemens Fischer, Professor für Internationale Beziehungen und Geopolitik an der Universität zu Köln. Der ukrainische Präsident sei "definitiv lernfähig".
Für den Experten verlief das Treffen bisher schon deutlich besser als beim letzten Mal. "Natürlich sieht Selenskyj dabei unterwürfig aus – aber so sind auch alle anderen bei Donald Trump gut durchgekommen: Friedrich Merz etwa erduldete, dass er kaum zu Wort kam und lächelte gar dabei", so Fischer. Auch habe Selenskyj es geschafft, zu zeigen, wie dankbar er Trump sei.