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Prepper zu Atom-Lage: "Jodtabletten kaufen macht Sinn"

Russlands Überfall auf die Ukraine lässt Ängste wieder aufleben, die wir seit dem Kalten Krieg verdrängt hatten. So reagieren Profis.

Clemens Pilz
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Es zahlt sich aus, auf Notsituationen vorbereitet zu sein.
Es zahlt sich aus, auf Notsituationen vorbereitet zu sein.
Getty Images

Wie berichtet, gibt es derzeit eine große Nachfrage nach Kaliumiodid-Tabletten – viele Österreicher befürchten angesichts der instabilen Lage in der Ukraine eine Atom-Explosion in einem der dortigen Kraftwerke. Ein solcher Unfall könnte eine radioaktive Wolke auslösen, die sich je nach Windrichtung über Europa oder Russland ausbreiten würde. Die Jodtabletten wären in so einem Fall einzunehmen: Sie sättigen die Schilddrüse mit Jod und verhindern dadurch, dass sich radioaktive Elemente dort festsetzen und in weiterer Folge schwere Krebserkrankungen auslösen können.

"Bei der Einnahme kommt es allerdings auf das richtige Timing an", gibt Ben Pichler zu bedenken. Der 34-jährige Familienvater moderiert ein österreichisches Prepper-Forum, das wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine derzeit jeden Tag bis zu einer Million Zugriffe verzeichnet. "Es macht keinen Sinn, 'präventiv' Jodtabletten zu nehmen. Denn die Schilddrüse muss ja genau in den ersten Tagen des radioaktiven Fallouts blockiert werden", so Pichler.

Tabletten für den Fall der Fälle

Eine Packung auf Vorrat zu haben, zahle sich aber sicher aus. "Im Falle eines atomaren Unfalls werden die Einsatzkräfte natürlich Tabletten ausgeben, aber der Andrang wird enorm sein. Da ist es besser, Tabletten im Haus zu haben. Und für Kinder liegt das Medikament zwar in der Schule bereit, aber es ist ja nicht gesagt, dass ein Atomunfall genau während des Unterrichts passiert."

Darüberhinaus sei man ohnehin gut beraten, auf verschiedene Krisensituationen vorbereitet zu sein. Dazu gehöre es, einen Lebensmittel- und Wasservorrat für vier bis sechs Wochen anzulegen. Auch einige Reservekanister mit Benzin würden Sinn machen: "Ich habe schon vor einigen Jahren sehr günstig Sprit eingekauft, das zahlt sich bei den derzeitigen Preisen natürlich aus." Und für den Fall einer Evakuierung bietet sich ein Fluchtrucksack an: Eine Tasche, die stets gepackt bereit liegt und bei einer Fluchtsituation sofort mitgenommen werden kann. "Am besten packt man ein, was man für ein Wochenende im Hotel brauchen würde", so Pichler.

Bunker ist nicht nötig

Im Falle eines radioaktiven Niederschlags solle man aber nicht flüchten, sondern zuhause bleiben, die Fenster geschlossen halten und radioaktiven Staub meiden. "Ich würde kein Gemüse aus dem Garten Essen, aber mit der Zeit erledigt sich dieses Thema wieder", so Pichler. "Viele Leute fragen uns, ob man einen Bunker braucht. Bei uns ist das definitiv nicht notwendig. Ein Schutzraum würde dann Sinn machen, wenn du direkt neben einem Atomkraftwerk lebst. Aber bei uns geht es ja nicht um Explosionskraft, sondern um den Fallout."

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    Wir schreiben mittlerweile Tag 16 im Ukraine-Krieg und die Lage spitzt sich weiter zu. "Die Leute haben angefangen, um Lebensmittel zu kämpfen", erklärt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zur Lage in der Stadt Mariupol.
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    ARIS MESSINIS / AFP / picturedesk.com