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Rapid-Coach Djuricin: Bin Papa, Bruder, Lehrer

Goran Djuricin und Martin Bernhard wollen Rapid aus dem Abstiegssumpf ziehen. Wie? Das verriet das Duo im "Heute"-Talk.

Heute Redaktion
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Sie übernehmen Rapid in einer schwierigen Situation – ist das nicht eine undankbare Aufgabe?

Djuricin: "Nein, Rapid ist immer eine dankbare Aufgabe. Ich persönlich habe ja lange im Nachwuchs bei Rapid gespielt. Für mich schließt sich der Kreis. Ich wollte unbedingt in die Kampfmannschaft. Jetzt habe ich es erreicht, wenn auch auf einem anderen Weg. Ich bin stolz darauf und freue mich extrem auf die Aufgabe."

Das Team ist extrem verunsichert. Wie kann man es jetzt schnell aufrichten?

Bernhard: "Nach dem 0:3 in Ried sind wir ins Allianz Stadion gefahren. Es gab dann eine Besprechung und uns wurde mitgeteilt, dass wir das Team interimistisch übernehmen. Wir haben sofort versucht, dem Team zu vermitteln, dass wir jetzt gemeinsam positiv an die Sache herangehen müssen. Das war uns das wichtigste. Die Mannschaft muss den Kopf freibekommen – und sie hat das großartig gemacht. Seit der ersten Sekunde ziehen die Spieler voll mit."

Ihr wurdet beide von Ex-Trainer Canadi zu Rapid geholt. Seid ihr überrascht, dass nur er gehen musste?

Djuricin: "Bei mir ist es so: Ich hatte über die letzten Jahre fast keinen Kontakt zu ihm. Vielleicht haben wir uns ein oder zwei Mal gesehen. Überrascht war ich nur, dass ich das Team übernehmen darf."

Sportdirektor Fredy Bickel sagt, er sucht einen Trainer, der zur Mannschaft passt. Passen Sie zur Mannschaft?

Djuricin: "Das werden wir in sieben Wochen sehen. Es wäre arrogant zu sagen, wir passen hundertprozentig."

Wie ist Ihr Führungsstil, Herr Djuricin?

Djuricin: "Ich sehe mich in verschiedenen Rollen. Ich denke, das muss im modernen Fußball zu sein. Ich bin in einigen Situationen der Papa, in einigen der Bruder und in manchen bin ich der Herr Lehrer. Mir ist die taktische Disziplin ganz wichtig. Und der Spaß. Ich denke, das passt perfekt zusammen."

Wie sieht die Aufgabenverteilung beim Duo Djuricin/Bernhard aus?

Djuricin: "Wir entscheiden zusammen, was wir beim Training machen, wie wir auftreten. Aber im Endeffekt habe ich die Letztverantwortung. Das mache ich gerne. Klar ist: Ohne Butre (Anm.: Spitzname von Bernhard) würde ich das nie schaffen. Er ist im taktischen Bereich und der Trainingssteuerung sehr gut. Wir ergänzen uns perfekt."

Kritiker meinen, man habe bei Rapid nur die Köpfe ausgetauscht, aber das Konzept bleibt gleich. Was entgegnen Sie?

Djuricin: "Wir werden auf jeden Fall was ändern. Aber ob das jetzt das System, nur ein Spieler oder das Anlaufverhalten ist, bleibt bei uns. Fix ist: Wir ändern hundertprozentig was."

Kann die Mannschaft überhaupt noch Neues aufnehmen?

Bernhard: "Wenn Spieler neue Dinge hören, lernen sie auch, wieder neu zuzuhören. Das ist wichtig. Natürlich soll man nicht alles verändern. Die Spieler sollen den Kopf freibekommen und gleichzeitig Spaß haben. Sie sollen sehen, dass sie es noch können. Wir wissen, dass die Mannschaft eine riesige Qualität hat."

Canadi hat bei Rapid die Dreierkette versucht. Ein Blick auf die Tabelle sagt: Er ist damit gescheitert. Kehren Sie zum 4-2-3-1-System zurück?

Djuricin: "Könnte natürlich sein. Ich muss mich aber nach den Spielern richten. Das ist ganz wichtig für mich. Ich richte mich nach der Mannschaft. Wenn ich keine Außenbahnspieler habe, kann ich eher kein 4-2-3-1 spielen. Ich muss schauen, wer fit ist."

Schösswendter ist fit, hat sich mit Canadi aber nicht verstanden. Was ist da schief gelaufen?

Bernhard: "Dazu nur so viel: Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie, wie er spielen lassen will und ein Bild von einem Spieler, der auf der jeweiligen Position spielt. Danach stellt der Trainer auf."

Spielt Schösswendter jetzt?

Djuricin: "Alle fangen bei Null an, jeder hat seine Chance. Aber sollte Schössi nicht spielen, weil eben nur elf in der Startelf stehen können, werden wir es ihm erklären – da kommt dann der Papa in mir durch. Sicher ist: Er ist mehr als nur ein kopfballstarker Verteidiger. Die Frage ist, wie es ihm mental geht. Er war wie viele andere zeitweise destruktiv in seiner Körpersprache. Wir werden erst entscheiden, ob wir ihn ins kalte Wasser werfen, oder ob wir zwei, drei Wochen warten. Der Konkurrenzkampf ist jedenfalls eröffnet."

Ist der Kader ausgewogen genug?

Djuricin: "Vom Alter her sind wir gut aufgestellt. Wichtig ist, dass ich aus den Spielern das herauskitzeln kann, was für sie am besten ist. Da müssen wir viel reden. Ich kann nicht ein System bestimmen, und den Spielern fällt die Lade runter. Wenn die Mannschaft sagt, sie will ein bestimmtes System unbedingt spielen, dann spielen wir das. Dann bin ich dabei."

Steffen Hofmann hatte weder unter Mike Büskens noch unter Damir Canadi einen leichten Stand. Wie wichtig ist er für Sie?

Djuricin: "Steff ist enorm wichtig. Allein seine Aura, die er in der Mannschaft und bei den Fans ausstrahlt. Wenn du ihn auf deiner Seite hast, dann ist er extrem wichtig. Ob für 30 oder 60 Minuten, sei dahingestellt. Man muss von Woche zu Woche schauen, wie spritzig er ist. Dann lass ich ihn blind spielen."

Acht Spiele fehlen ihm noch, um Rekordrapidler zu werden. Nehmen Sie darauf Rücksicht?

Djuricin: "Ein kleines Auge werde ich darauf werfen."

Canadi suchte aufgrund seiner Austria-Vergangenheit das Gespräch mit den Rapid-Ultras. Auch Sie waren ein Violetter …

Djuricin: "Das ist lange her – und ich habe mehr Jahre bei Rapid verbracht. Das sollte reichen."

Bernhard: "Die Fans haben uns in den letzten Wochen immer mit Vollgas unterstützt. Ich hatte oft Gänsehaut beim Aufwärmen. Dass sie jetzt sauer sind, ist normal. Sie wollen auch nur das Beste."

Haben Sie Vorbilder?

Djuricin: Eine Mischung aus Klopp, Guardiola und Simeone gefällt mir. 30 Prozent von Simeone und Klopp, von Guardiola 40 Prozent."

Warum steigt Rapid nicht ab?

Djuricin: "Ganz einfach: Weil wir zu stark sind."