Politik

Risikopatienten sind nicht in allen Berufen dienstfrei

Angehörige von Risikogruppen kriegen von der Regierung verpflichtend Home Office oder dienstfrei. Dies gilt allerdings nicht für alle Berufsgruppen.

Heute Redaktion
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Symbolbild
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Bild: picturedesk.com

Angehörigen von Risikogruppen müssen vom Arbeitgeber verpflichtend ins Home Office geschickt werden oder - wenn das nicht geht - komplett dienstfrei gestellt werden. Das verordnete die Regierung in der vergangenen Woche.

Verfassungswidrig, weil es nicht für alle gilt

Während es da noch einige Unklarheiten über die Definition der Gruppe gibt, regt sich auch andernorts Kritik. Verfassungsjurist Heinz Mayer hält das Gesetz für "klar verfassungswidrig". Die Ärztekammer versteht nicht, warum bestimmte Berufsgruppen (wie z.B. Krankenschwestern) komplett ausgenommen sind.

Es geht darum: Die verpflichtende Dienstfreistellung gilt für alle - mit Ausnahmen für jene, die in der "kritischen Infrastruktur" arbeiten. Also in der Lebensmittelversorgung, in Verkehrs-, Sozial-, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen und der staatlichen Hoheitsverwaltung.

Was ist mit chronisch kranker Krankenschwester

Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres sagt in der "Presse" dazu: "Dass Menschen mit einem erhöhten Risiko aufgrund von Vorerkrankungen ein Recht auf Telearbeit bzw. Freistellung erhalten sollen, ist zu begrüßen. (...) Nicht nachvollziehbar ist die Tatsache, dass Beschäftigte im Bereich der 'kritischen Infrastruktur' generell von diesem Recht ausgeschlossen sind. Verdient beispielsweise die chronisch erkrankte Krankenschwester diesen Schutz nicht?"

Szekeres sieht hier eine willkürliche Unterteilung in zwei Klassen. Solche in der kritischen Infrastruktur bekommen weniger Schutz als alle anderen: "Das ist weder fair, noch kann es rechtens sein."

Zu allgemein

Dass es nicht rechtens sein kann, das sieht auch Verfassungsjurist Heinz Mayer so. Er nennt das Gesetz dazu "klar verfassungswidrig" und "unverhältnismäßig". Denn ALLE Dienstnehmer in der kritischen Infrastruktur auszunehmen, das sei zu viel. Das umfasst nämlich zum Beispiel auch Beamte der Baubehörde, Schulverwaltung und Bezirkshauptmannschaften.

Weiters stelle die Regierung damit das Funktionieren der kritischen Infrastruktur über den Schutz der Gesundheit. Mayer legt den Maßstab der Europäischen Menschenrechtskonvention an. Der zufolge sollte der Schutz des menschlichen Lebens gegenüber der kritischen Infrastruktur vorrangig sein, nicht umgekehrt.

"Mit diesen Maßstäben gemessen besteht kein Zweifel daran, dass die Bestimmung verfassungswidrig ist", so Mayer. Der Gesetzgeber sei sich der Problematik offenbar nicht bewusst, wie auch die Erläuterungen zum Gesetz zeigen. Mayer entdeckt "erhebliche Verfassungsferne" darin.

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