Bayern wollte Nick Woltemade im Sommer von Stuttgart loseisen, biss sich die Zähne aus. Die Vorstellungen der Bayern und des VfB lagen um mehrere Millionen Euro auseinander. Die Münchner scheinen den Transfer-Korb noch nicht ganz verdaut zu haben.
Kurz vor Schluss der Transferzeit wechselte Woltemade dann doch – allerdings nicht zu den Bayern, sondern zu Newcastle United. Die Engländer zahlten rund 90 Millionen Euro für den 23-Jährigen, der am Sonntag beim 1:2 gegen Arsenal zur zwischenzeitlichen Führung traf.
Diese hohe Ablöse sieht Karl-Heinz Rummenigge gelinde gesagt kritisch. Rummenigge war von 2002 bis 2021 Vorstandschef bei Bayern München und sitzt seit 2023 im Aufsichtsrat.
"Als die Geschichte mit Woltemade und der Forderung von Stuttgart kam, hab ich irgendwann […] gesagt: Leute, wir kommen da langsam in Größenordnungen rein, die finde ich einfach nicht mehr akzeptabel", sagte Rummenigge bei "Blickpunkt Sport" im "Bayerischen Rundfunk".
"Wir sollten am Ende des Tages nicht jede Forderung erfüllen, um irgendeinen glücklich zu machen – speziell die Finanziers beim VfB Stuttgart", legte der Funktionär nach, der vor Kurzem seinen 70er gefeiert hat.
Eine klare Spitze gibt es auch in Richtung Newcastle: "Ich kann denen in Stuttgart nur gratulieren, dass sie einen – ich sage jetzt einmal in Anführungszeichen – Idioten gefunden haben, der so viel Geld bezahlt hat. Das hätten wir in München sicher nicht gemacht."
Mit Blick auf die steigenden Ablösen und Gehälter sieht Rummenigge FIFA und UEFA in der Verantwortung. Sie sollten die Klubs an einen Tisch holen.
"Wir müssen eine Lösung finden. Wir können nicht jedes Jahr immer höher, immer weiter, immer schneller. Die Gehälter und auch die Ablösesummen steigen in den letzten Jahren rasant an. In dem Stil kannst du nicht seriös weiter arbeiten."
Der ehemalige Bayern-Profi spricht auch die Eigentümerverhältnisse an. "In England hast du mittlerweile Milliardäre oder zum Teil sind es Staaten, die Klubs besitzen, wie Saudi-Arabien oder Katar. Oder Paris Saint-Germain. Und dann musst du im Europacup gegen die spielen und mithalten. Und von dir wird dann noch verlangt, zwischendurch diesen Wettbewerb auch mal zu gewinnen."
Zur Einordnung: Die Bayern gaben diesen Sommer ebenfalls Geld aus, am meisten für Luis Dias. Der Liverpool-Angreifer kam für 70 Millionen Euro. Sein sportlicher Wert steht außer Zweifel. Im Gegensatz zum blutjungen Woltemade ist der Kolumbianer mit 28 Jahren allerdings schon in seinen besten Fußballerjahren und wird in einigen Jahren kaum noch Wiederverkaufswert aufweisen. Vor Rummenigge hatte sich auch schon Uli Hoeneß ähnlich aggressiv in Richtung Transfers und steigende Summen geäußert.
Dass sich die Premier League durch ihre höheren TV-Einnahmen in anderen Sphären bewegt und selbst Aufsteiger deutlich mehr finanziellen Spielraum als viele deutsche Europacup-Aspiranten haben, muss dabei aber erwähnt werden.
So kann es sich eben auch Chelsea erlauben, für Nicolas Jacksons Leihe an die Bayern unglaubliche 16,50 Millionen Euro Leihgebühr zu veranschlagen. Zum Vergleich: Im Sommer gab außer den Bayern kein Bundesliga-Klub mehr als 35 Millionen aus. Leverkusen in drei Fällen (35 Mio. für Jarell Quansah, 35 Mio. für Malik Tillman, 32 Mio. für Elisse Ben Seghir) – Mittel, die nur wegen des Rekordverkaufs von Florian Wirtz für 125 Millionen möglich waren.