Koalitionsgespräche

"Schmerzgrenzen ausloten" – FPÖ & ÖVP starten Endspurt

Blau-schwarze Verhandlungen im Finale: Die Parteichefs Kickl und Stocker müssen persönlich letzte Stolpersteine aus dem Weg räumen. Die Details.
03.02.2025, 21:45

Die Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP spitzen sich weiter zu. Jetzt geht es um alles oder nichts – und das ist Chefsache. Zwar wird in einzelnen Untergruppen noch bis inklusive Mittwoch weiterverhandelt, die großen, noch strittigen Themen wie ORF-Reform oder Corona-Aufarbeitung wurden aber inzwischen auf die höhere Ebene der Parteichefs Herbert Kickl (FPÖ) und Christian Stocker (ÖVP) gehievt.

Den Auftakt machte am Montag die Finanz-Untergruppe unter Vorsitz von FPÖ-Budgetsprecher Herbert Fuchs sowie auf ÖVP-Seite Wirtschaftskammerchef Harald Mahrer und  Raiffeisen-Generalsekretär Clemens Niedrist. Thema sollte auch das heiße Thema der FPÖ-Forderung nach einer Bankenabgabe auch. Am Wochenende hatte sich bei der ÖVP diesbezüglich  Kompromissbereitschaft abgezeichnet; die Schwarzen hatten eine höhere Bankenabgabe bisher kategorisch abgelehnt.

Banken-Fonds

Am Montag wollten die Schwarzen Wirtschaftsverhandler der FPÖ ihr Modell eines Beitrags der Banken im Detail vorstellen. Laut "Heute"-Infos soll der Beitrag der Banken – kolportiert wird ein dreistelliger Millionenbetrag – nicht in die Budgetsanierung fließen, sondern in einen Fonds, mit dem günstige Wohnkredite für junge Familien, die Bankomat-Infrastruktur im ländlichen Raum zur Bargeldversorgung sowie Investitionsanreize für Betriebe finanziert werden sollen.

Keine klassische Bankensteuer also – aber die Forderung, dass die Milliardengewinne einfahrenden Banken zur Lösung der desaströsen wirtschaftlichen Situation Österreichs beitragen sollen, wäre erfüllt, so ein schwarzer Verhandlungs-Insider. Immerhin müsse die künftige Regierung heuer nicht nur 6,4 Milliarden Euro fürs Budget aufstellen, sondern noch weit mehr Geld für Maßnahmen, um die schlappe Konjunktur anzukurbeln. Dazu könnte dann der angedachte Banken-Fonds gehören. Wirtschaftsvertreter reden dem Vernehmen nach unabhängig von den Koalitionsgesprächen seit Monaten mit den Banken über Geldspritzen zur Konjunkturförderung.

Das endgültige Okay für eine solche "Bankenabgabe light" muss auf Chefebene fallen. Die Frage ist, ob sich Kickl, der vehement einfordert, dass nicht nur die breite Masse der Arbeitnehmer die Budgetkonsolidierung tragen muss, sondern auch andere einen "Solidarbeitrag" leisten, damit zufriedengibt.

Verhandlungen in Untergruppen gibt es am Dienstag und Mittwoch noch zu den Themen Wirtschaftsstandort und Energie sowie Soziales. Die meisten der 13 Untergruppen sind aber bereits fertig beziehungsweise haben ihre Streitpunkte an die Chefs hochgestuft.

Sechserrunde lotet Schmerzgrenzen aus

Bereits am Montag wurde auf Chefebene verhandelt – "im kleinen Kreis", wie es gegenüber "Heute" hieß. Begleitet wurden die beiden Parteichefs von je zwei Vertrauten. Bei Stocker sollen das Generalsekretär Alexander Pröll und Klubchef August Wöginger gewesen sein. Bei der FPÖ dürften neben Kickl dessen rechte Hand, NÖ-Klubobmann Reinhard Teufel, sowie Klubdirektor Norbert Nemeth mit am Tisch gesessen sein.

In dieser Sechserrunde soll es am Montag vor allem darum gegangen sein, wechselseitige Schmerzgrenzen auszuloten. Das heißt, welche Seite bei den noch anstehenden Koalitions-Stolpersteinen zu welchen Kompromissen bereit sein könnte.

Das quasi als Vorbereitung für die entscheidende Vieraugengespräche zwischen den Parteibossen Kickl und Stocker.

Das sind die Stolpersteine

Um die blau-schwarze Koalition in trockene Tücher zu bekommen, müssen sich Kickl und Stocker bei den heißen Konfliktthemen zusammenraufen. Neben der Bankenabgabe (die weitgehend eingetaktet sein soll), sind die großen Brocken der ORF, die Corona-Aufarbeitung (die FPÖ fordert einen umfassenden Entschädigungsfonds und einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss) sowie die EU- und Außenpolitik.

"Krasse Anti-EU-Rhetorik"

In der Außenpolitik-Untergruppe soll es Ende der vergangenen Woche wilde Auseinandersetzungen gegeben haben. "Die EU-kritische Haltung der FPÖ und die Vorstellung, wie ein Kanzler Kickl künftig im EU-Rat agieren könnte, bereitet große Sorgen", heißt es aus schwarzen Verhandlerkreisen. Andererseits habe es bei der FPÖ seit jeher teilweise krasse Anti-EU-Rhetorik gegeben und dann habe eine blaue Regierungsbeteiligung letztlich doch funktioniert.

Wie angespannt die Stimmung in dieser Runde war, zeigen jedoch am Montag aufgekommene Gerüchte, die FPÖ spekuliere sogar mit einem Austritt aus der UNO. Kickl-Vize und Außenpolitik-Sprecherin Susanne Fürst, die selbst in der Gruppe "Äußeres" verhandelt, reagierte prompt: Das sei "ein klassischer Fall von 'Fake News'", die UNO-Mitgliedschaft sei "nicht Gegenstand von Verhandlungen". Nach "Heute"-Infos wurde in den Verhandlungen jedoch Österreichs Teilnahme an UNO-Missionen, also etwa den Blauhelm-Friedenseinsätzen, thematisiert.

Zeitplan und Ressorts

Insgesamt zeigen sich Verhandler aber zuversichtlich, dass trotz allen Hick-Hacks der letzten Tage aus der blau-schwarzen Regierungspartnerschaft tatsächlich etwas wird. Wohl nicht diese Woche, aber vielleicht in der nächsten, könnte die Einigung in trockenen Tüchern sein.

Zu klären ist schließlich noch die Ressortaufteilung, wo durchaus Konfliktherde schlummern. So soll die ÖVP dem Vernehmen nach auf das Finanzministerium pochen.

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