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Schwarzer zu Moser-Pröll: "Sie lügen einfach dreist"

Heute Redaktion
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Charly Kahr mit Annemarie Moser-Pröll und Alice Schwarzer.
Charly Kahr mit Annemarie Moser-Pröll und Alice Schwarzer.
Bild: GEPA-pictures.com, imago sportfotodienst

Ski-Idol Annemarie Moser-Pröll hatte zuletzt erklärt, Alice Schwarzer habe ihr in den 1970er-Jahren Briefe geschrieben. "Sie lügen", sagt die deutsche Feministin.

Die Vorwürfe über sexuelle Gewalt gegen Skirennläuferinnen im ÖSV reißen nicht ab. Zuletzt rückten der 2009 verstorbene Toni Sailer sowie Trainer-Legende Charly Kahr in den Fokus von Anschuldigungen.

Geht es nach Jahrhundert-Athletin Annemarie Moser-Pröll, sind die Vorwürfe aus der Luft gegriffen. "Ich weiß von keinem Fall", erklärte die 65-Jährige unlängst. "Können Sie sich vorstellen, dass ich als starke Person in der Mannschaft es gutgeheißen hätte, wenn nur das Geringste vorgefallen wäre?", fragte die Olympiasiegerin von 1974 in der ZIB2. "Ich hätte den Mund aufgemacht. Und da wäre etwas los gewesen."

In einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" erzählte Moser-Pröll zudem, dass sie "jedes Monat von Alice Schwarzer einen Brief" bekommen habe, als sie 1971 an die Weltspitze fuhr. "Sie suchte Prominente, damit sie in Sachen Gleichberechtigung unterstützt wird." Moser-Pröll lehnte jedoch ab.

Schwarzer, eine bekannte deutsche Feministin und Journalistin, will diese Darstellung so nicht gelten lassen und schreibt auf ihrer Webseite in einem offenen Brief an Moser-Pröll: "Sie lügen einfach dreist."

"Denn erstens ist es nicht meine Art, 'Prominenten' zu schreiben, damit sie meine Sache unterstützen. Und zweitens und vor allem war ich 1971 ganze 28 Jahre alt, lebte in Paris und hatte gerade erst gelernt, dass man Feminismus mit F schreibt."

Liebe Annemarie Moser-Pröll,

Sie haben in letzter Zeit viel Energie darin investiert, zu beteuern, dass das mit den Mannsbildern in der Skiwelt ja gar nicht so war, wie manche Ihrer Kolleginnen im Zuge der MeToo-Debatte im vergangenen Jahr öffentlich gemacht hatten.

Nämlich, dass so etliche Kollegen, Trainer und Sportfunktionäre ihre Machtposition dazu benutzt hätten, junge Skiläuferinnen zu bedrängen, ja zu vergewaltigen – wie es nun unter anderem über den Skihelden und Mädchenschwarm Toni Sailer öffentlich wurde (und wohl schon damals bei der Polizei aktenkundig war).

Sie aber wollen von alldem nichts gewusst und auch nie etwas gemerkt haben. Und Ihnen selber ist sowieso nie etwas passiert. Wenn das wirklich so wäre, das wäre schön. Für Sie.

Was Ihre Kolleginnen da über die Zustände in den Trainingslagern zu berichten haben, bezeichnen Sie in der Tiroler Tageszeitung als "üble Nachrede". Ihnen tun "die Männer langsam leid". Denn Sie finden: "Unsere Helden sollen auch unsere Helden bleiben!"

Ja, gewiss, es ist schwer, von Helden Abschied zu nehmen. Das geht nicht nur Ihnen so. Aber es ist offensichtlich noch schwerer, die Wahrheit zu sagen. Oder haben Sie ein so schlechtes Gedächtnis bzw. eine so blühende Fantasie?

Ich jedenfalls weiß, dass Sie lügen! Denn Sie sagen in dem Interview auch Folgendes: "Als ich 1971 an die Weltspitze fuhr, bekam ich jeden Monat von Alice Schwarzer einen Brief. Sie suchte Prominente, damit sie in Sachen Gleichberechtigung unterstützt wird."

Liebe Annemarie Moser-Pröll, ich habe es seit Jahrzehnten mit Projektionen, Unterstellungen und Diffamationen zu tun. Und ich weiß, dass in keinem Bereich so viel gelogen wird wie in dem Bereich der Sexualgewalt. Aber ich käme gar nicht mehr zum Leben, wollte ich all das immer richtigstellen. Doch diesmal muss es sein. Sie lügen einfach zu dreist.

Denn erstens ist es nicht meine Art, "Prominenten" zu schreiben, damit sie meine Sache unterstützen. Und zweitens und vor allem war ich 1971 ganze 28 Jahre alt, lebte in Paris und hatte gerade erst gelernt, dass man Feminismus mit F schreibt.

Und außerdem kannte ich Sie überhaupt nicht. Da ich mich wenig für Sport - und schon gar nicht für Skisport - interessiere, hatte ich keinen Schimmer, wer da an der "Weltspitze" über den Schnee rast. Begegnet bin ich Ihnen zum ersten - und letzten - Mal in den 80er Jahren. Das war in einer Samstagabend-Spielshow von Blacky Fuchsberger. Und da musste ich mir vor Beginn der Sendung noch rasch erklären lassen, wer denn die Dame sei, mit der ich da auf der Bühne sitzen sollte. Ich kannte Sie einfach nicht.

Liebe Annemarie Moser-Pröll, Sie kennen sicherlich die Volksweisheit: Wer einmal lügt … Ja, wer einmal lügt.

Alice Schwarzer
(red)