Der Ski-Weltcup in Val d’Isere und St. Moritz stand unter einem dunklen Schatten. Zwei Tage nach dem schweren Trainingssturz von Michelle Gisin war an ausgelassene Stimmung nicht zu denken. Die Doppel-Olympiasiegerin hatte sich bei einem Abfahrtstraining in St. Moritz schwer am Knie und an der Wirbelsäule verletzt, musste noch am selben Tag operiert werden. Der Schock saß tief – im gesamten Ski-Zirkus.
Besonders hart traf es Luca De Aliprandini. Der italienische Riesentorlauf-Spezialist ist der Verlobte von Gisin. Nach dem folgenschweren Unfall ließ er alles stehen und liegen, reiste sofort ins Krankenhaus nach Zürich, um an ihrer Seite zu sein. Dass er in Val d’Isere dennoch an den Start ging, war allein ihr Wunsch.
Sportlich rückte sein Auftritt völlig in den Hintergrund. Platz 26 im Riesentorlauf war für den 35-Jährigen kaum mehr als eine Randnotiz. Die Gedanken waren ganz woanders.
Beim Interview mit dem italienischen TV-Sender RAI brachen schließlich alle Dämme. De Aliprandini kämpfte mit den Tränen, rang sichtbar um Fassung. "Michelle gibt mir so viel Kraft. Ihr geht es gut, sie ist stark", sagte der Ex-Vize-Weltmeister von 2021. Und weiter: "Ihr Wunsch war es, dass ich heute an den Start gehe. Ich habe es gemacht, aber es war sehr schwierig."
Währenddessen gibt es von Gisin zumindest vorsichtige Entwarnung. Die Halswirbel-Operation verlief gut, die Schweizerin meldete sich bereits beim Team. Auch ihr Handgelenk wurde behandelt, das Knie hat aktuell keine Priorität. Gisin verfolgte das Weltcup-Geschehen bereits wieder vor dem Fernseher.
Tränen flossen am Sonntag auch in St. Moritz, wo Alice Robinson nach ihrer Siegesfahrt mit ihren Gedanken ganz woanders war. Warum? Am Sonntag spielten sich in Australien, schreckliche Szenen ab. Angreifer richteten bei einem Amoklauf in Sydney ein Blutbad an, das Tote forderte. Davon erfuhr die Neuseeländerin, die in Sydney geboren wurde, erst von einem Reporter. Ein Teil ihrer Familie lebt noch heute knapp außerhalb der australischen Metropole.