Ein gewaltiger Sonnensturm wie aus einem Katastrophenfilm - und Europa ist nicht vorbereitet. In einer aktuellen Simulation hat die Europäische Weltraumorganisation (ESA) ein dramatisches Szenario durchgespielt: Ein sogenannter koronaler Massenauswurf (CME) der Sonne trifft die Erde mit voller Wucht - Stromausfälle, Kommunikationschaos und Satellitenprobleme wären die Folge. Auch Österreich würde nicht verschont bleiben.
Im Rahmen der Startvorbereitung für den neuen Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-1D simulierte das ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt eine extreme Sonneneruption der Klasse X45. Innerhalb von 10 bis 18 Stunden würde die daraus resultierende Plasmawelle auf das Magnetfeld der Erde treffen - mit fatalen Folgen: Navigationssysteme wie GPS und Galileo könnten ausfallen, Polarlichter wären bis nach Süditalien sichtbar, Transformatoren in Stromnetzen drohten zu explodieren.
Besonders betroffen wäre die Infrastruktur: Kommunikationssysteme, Datenzentren, Verkehrssteuerung, Bankensysteme, sogar Rettungsdienste könnten durch Überlastung oder Stromausfall lahmgelegt werden. Auch die Satelliten im Orbit wären gefährdet - durch die erhöhte Partikelbelastung und einen vierfach gesteigerten Luftwiderstand drohen Ausfälle und Kollisionen.
Die Situation ist jedenfalls ernst: Die europäische Weltraumbehörde ESA hat genau dieses Szenario durchgespielt - nicht als Spielerei, sondern als Vorbereitung. "Es geht nicht darum, ob es passiert - sondern wann", warnt ESA-Simulationsexperte Gustavo Baldo.
Doch es gibt Hoffnung: Mit dem geplanten Frühwarnsatelliten "Vigil", der 2031 starten soll, will Europa Sonnenaktivitäten von einem strategischen Sonnenbeobachtungspunkt (Lagrange-Punkt L5) aus besser im Blick behalten. Frühwarnzeiten von vier bis fünf Tagen wären damit möglich - ein entscheidender Vorsprung, um Stromnetzbetreiber, Fluglinien und Kommunikationsdienste rechtzeitig zu warnen.
Bis dahin setzt die ESA auf Forschung und kleinere Vorabprojekte: Die CubeSat-Mission HENON etwa soll ab 2026 erste kurzfristige Warnsysteme ermöglichen. Gleichzeitig wird an neuen Resilienzstrategien gearbeitet - ähnlich wie bei einer Pandemie: Vorsorge, Infrastrukturtests und klare Notfallpläne.