WKW-Präsident im "Heute"-Talk

Sonntagsöffnung – Ruck will Testphase bei Song Contest

Wien boomt – doch nicht überall läuft es rund. WKW-Präsident Walter Ruck spricht im Interview über Chancen und notwendige Reformen.
Hannah  Maier
31.10.2025, 05:30
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Aktuelle WIFO-Zahlen zeigen, dass sich die Wiener Wirtschaft besser entwickelt als Gesamtösterreich. Doch wie stabil ist dieser Aufschwung und welche Auswirkungen hat das Sparpaket der Stadt auf Betriebe und Arbeitsmarkt?

Darüber spricht Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien, im "Heute"-Interview. Außerdem erklärt er, warum er eine Sonntagsöffnung im Handel für notwendig hält, eine zusätzliche Gebühr für Tagestouristen vorerst keine Priorität haben sollte – und weshalb der Flughafen Wien zunehmend an Bedeutung verliert.

"Preise könnten noch höher sein"

Die Stadt Wien muss sparen – zahlreiche Projekte und Vorhaben sind davon betroffen. Viele der geplanten Sparmaßnahmen kann Walter Ruck "absolut nachvollziehen". Weniger kritisch sieht er das Thema Valorisierung, insbesondere im Zusammenhang mit der 365-Euro-Jahreskarte. "Hätte man sie regelmäßig valorisiert und der betriebswirtschaftlichen Logik gefolgt, läge der Preis ohnehin dort – oder sogar höher – als er jetzt sein wird", erklärt Ruck.

Das ganze Interview im Video:

Ortstaxe: "Keine Notwendigkeit für Erhöhung"

Einnahmenerhöhungen im Sparpaket der Stadt sieht der Präsident der Wirtschaftskammer Wien deutlich kritischer – allen voran die Erhöhung der Ortstaxe. Für Walter Ruck bleibt sie "nach wie vor unverständlich". Der Unterschied zwischen einer Steuer und einer Gebühr liege darin, dass man für Letztere eine konkrete Gegenleistung erhalte – "und das ist bei der Ortstaxe nicht der Fall", betont er.

"Der Wien Tourismus benötigt rund 60 bis 70 Millionen Euro pro Jahr. Diese Summe war durch die bisherige Berechnungsart der Ortstaxe eigentlich gedeckt. Wenn das, was ich mit dieser Gebühr finanzieren möchte, bereits ausfinanziert ist – dann stellt sich die Frage: Wofür braucht man eigentlich die zusätzlichen Mittel?", so Ruck.

Dass sich die Stadt nach massiver Kritik zumindest für eine spätere und gestaffelte Erhöhung entschieden hat, bewertet er als Schritt "in die richtige Richtung". Doch Freude kommt bei ihm nicht auf: "Freuen tut es mich nicht – und ganz verstehen tue ich es ehrlich gesagt auch noch immer nicht."

Sonntagsöffnung – Ruck will Testphase beim ESC

Was der WKW-Chef für "definitiv notwendig" hält, ist eine Sonntagsöffnung im Handel. Ruck plädiert erneut für die Einrichtung von Tourismuszonen, insbesondere im 1. Bezirk – "dort, wo es sich auszahlt". Eine Untersuchung aus der Zeit vor Corona habe gezeigt, dass dadurch eine zusätzliche Wertschöpfung von rund 140 Millionen Euro erzielt werden könnte. "Derzeit wären wir wahrscheinlich bei 200 Millionen mit entsprechenden Beschäftigungszahlen. Das ist letztendlich Wertschöpfung, die wir verlieren."

Den Eurovision Song Contest 2026 sieht der WKW-Präsident als ideale Gelegenheit, die Sonntagsöffnung testweise umzusetzen – und zwar überall dort, wo Side-Events stattfinden werden. Sollte es Wien gelingen, diese Veranstaltungen in einem ähnlichen Umfang wie zuletzt Basel zu organisieren, könne der ESC 2026 für Wien "ein sehr gutes Geschäft werden", ist Ruck überzeugt. Man rechne mit einer zusätzlichen Wertschöpfung von rund 50 Millionen Euro.

Touristengebühr: "Noch nicht akut notwendig"

Im Zuge des Sparpakets arbeitet die Stadt an einer möglichen Gebühr für Tagestouristen. Betroffen wären vor allem Bus- und Kreuzfahrtgäste. Einen "Overtourismus" wie etwa in Venedig habe Wien derzeit allerdings nicht erreicht. "Ich persönlich bin skeptisch, ob wir hier wirklich mit einer Tagesgebühr arbeiten müssen", sagt Ruck.

WKW-Präsident Walter Ruck im Interview mit "Heute"-Redakteurin Hannah Maier.
Helmut Graf

Eine gewisse Steuerung der Touristenströme hält er dennoch für notwendig. Tagestouristen geben im Schnitt rund 80 bis 100 Euro pro Tag aus, während Kongressbesucher bis zu 1.000 Euro in der Stadt lassen.

Auf der einen Seite müsse man schauen, dass man nicht zu viele Tagestouristen habe, sondern eher Touristen, die mehr Wertschöpfung in Wien lassen. Ob eine Tagesgebühr dafür das richtige Instrument sei, könne er derzeit noch nicht beurteilen: "Noch nicht akut, würde ich sagen – aber man muss die Entwicklung der Zahlen genau beobachten", so Ruck.

Flughafen Wien in der Krise?

Immer mehr Billigfluglinien ziehen sich aus Wien zurück. Wizz Air hat ihren Standort bereits aufgegeben, Ryanair reduziert weiter Flüge. Als Hauptgrund gilt die im europäischen Vergleich hohe Flugverkehrssteuer von 12 Euro pro Passagier. Walter Ruck sieht die eigentlichen Herausforderungen jedoch an anderer Stelle.

Ihn störe vor allem, dass Wien zunehmend internationale Verbindungen verliert – insbesondere in wichtige Wirtschaftszentren. Der Flughafen Wien drohe damit, seine Rolle als zentraler Knotenpunkt einzubüßen. "Früher wurde von Wien aus der gesamte Mittlere Osten abgedeckt. Heute läuft das alles über München, Zürich oder Frankfurt. Und glauben Sie mir: Volkswirtschaftlich ist das ein weit größerer Schaden, als wenn – verzeihen Sie den saloppen Ausdruck – fünf Jahre lang ein Flieger weniger hier landet", so Ruck.

Wien bekommt zwei neue Schulen

Viele Betriebe klagen über einen Fachkräftemangel. "Die Anforderungen an die Teilnehmer des Arbeitsmarktes werden immer höher. Natürlich muss auch die Ausbildung nachziehen", so Ruck. Umso erfreulicher ist daher, dass die Wirtschaftskammer Wien gemeinsam mit der Stadt zwei neue Schulen plant – und diese trotz Sparkurs nicht gestrichen werden.

Walter Ruck spricht im Interview über Spardruck, Ortstaxe und eine Sonntagsöffnung im Handel.
Helmut Graf

Bereits im Schuljahr 2029/30, spätestens 2030/31, soll im 10. Bezirk eine IT-HTL ihren Betrieb aufnehmen. Beim zweiten Projekt, einer Europäischen Schule, laufen derzeit noch Abstimmungen und Standortprüfungen. "Es ist damit zu rechnen, dass wir in den nächsten Monaten zu einem Grundsatzbeschluss kommen", so Ruck. Zu den Kosten wolle er sich derzeit noch nicht äußern.

Potenzial für Neugründungen

Die aktuellen Herbstzahlen des WIFO zeigen: Österreichs Wirtschaft befindet sich wieder auf Wachstumskurs – und Wien ist dabei einmal mehr Vorreiterin. Sowohl die Beschäftigung als auch die Wirtschaftsleistung in der Bundeshauptstadt werden stärker steigen als im Bundesdurchschnitt. Für Walter Ruck ist das "mehr als erfreulich" – und eine Bestätigung: "Wien macht einige Dinge richtig."

Dennoch stehe die Stadt vor großen Herausforderungen. Die Arbeitslosigkeit bleibe weiterhin hoch, daher müsse Wien als Wirtschaftsstandort noch attraktiver werden. "Das gelingt, indem man die Rahmenbedingungen für Unternehmen so gestaltet, dass sie sich hier ansiedeln wollen", betont Ruck.

Tatsächlich verzeichnet Wien hohe Gründerzahlen – allein im ersten Halbjahr 2025 wurden über 5.500 neue Unternehmen gegründet. "Das muss noch verstärkt werden", sagt Ruck. Großes Potenzial sieht er dabei insbesondere in den Bereichen Life Science, Biotechnologie und Tourismus. Entlastungspotenzial ortet er zudem bei der Bürokratie, die Unternehmensgründungen und Investitionen oft unnötig erschwere.

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