Niederösterreich

Trister Asylalltag von Sara: "Darf nicht mal in Schule"

Gestrandet und gefangen im Asyllager Traiskirchen: Die 16-jährige Sara kam alleine aus Afghanistan, will zur Schule und darf aber nicht.

Erich Wessely
Sara (16) wohnt im Lager Traiskirchen: Sie langweilt sich, will zur Schule gehen.
Sara (16) wohnt im Lager Traiskirchen: Sie langweilt sich, will zur Schule gehen.
Thomas Lenger

Die Asylsituation im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (Bezirk Baden) und Rest-Österreich ist massiv angespannt, die Lager platzen aus allen Nähten - mehr dazu hier.

"Heute" machte einen Lokalaugenschein am Donnerstag in Traiskirchen und sprach mit einigen Lagerbewohnern über die trüben Aussichten, passend zum Wetter: Es ist 10 Uhr, kühl, trüb und regnerisch – im Eingangsbereich in der Otto-Glöckel-Straße ist die Lage recht ruhig. Ein paar männliche Bewohner verlassen das Erstaufnahmezentrum, schlendern in Richtung Zentrum der Stadt.

Flip-Flops Ende September

Im Außenbereich sind zwei Männer aus Pakistan, der eine 26 Jahre alt, der andere 29. Trotz der kalten Temperaturen hat einer nur Flip-Flops an. Vor zwei Tagen seien sie über Serbien nach Traiskirchen gekommen. Die Unterkunft hier sei ganz O.K., zu acht würden sie aber im Zimmer schlafen. Die beiden Männer hoffen jetzt auf einen Verbleib in Österreich.

Sara (16) ist ganz alleine

Kurz darauf huschen zwei Mädchen (beide 16 Jahre alt) und eine junge Frau (26, seit 20 Tagen im Erstaufnahmezentrum)  aus dem Lager. Das Trio kommt aus Afghanistan, Sara ist seit zwei Monaten in Traiskirchen, Adiba floh vor vier Monaten aus Afghanistan – sie ist mit ihrem Bruder hier in Traiskirchen.

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    Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen.
    Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen.
    Thomas Lenger

    Sara hingegen ist hier in Traiskirchen ganz auf sich allein gestellt, Teile ihrer Familie schafften es nach in Italien. Über das Lager sagt sie: „Die Situation ist sehr schlecht hier. In unserem Zimmer sind wir zu sechst, immer wieder kommen Familien mit Babys, es gibt viel Hektik und Lärm. Vor Essensausgaben sind immer lange Schlangen. Es sind viel zu viele Leute hier. Die Situation ist noch schlimmer als diesen Sommer. Immer wieder sieht man wen, der verletzt ist an der Hand oder an den Füßen", erzählt die Afghanin.

    "Darf nicht in die Schule"

    Der monotone Tagesablauf macht Sara zudem zu schaffen: "Wir müssen zwischen sieben und acht Uhr aufstehen, bis 21.30 Uhr müssen wir wieder hier sein, sonst kommt man nicht mehr hinein. Mittagessen gibt es um elf Uhr, Abendessen um 17 Uhr.“ Am Smartphone zeigt Sara uns Aufnahmen von Zeichnungen, die sie angefertigt hat. Die junge Künstlerin sprüht vor Energie, ist aber im tristen Alltag gefangen: „Ich würde so gerne in die Schule gehen, kann ich aber leider nicht. Ich werde immer nur vertröstet. Und niemand kann mir sagen, warum ich nicht in die Schule kann", so Sara in perfekt fließendem Englisch.

    Führerschein und Familienzusammenführung

    Nach dem Gespräch mit den jungen Frauen aus Afghanistan kommt ein etwas verzagt dreinblickender Mann aus Syrien auf uns zu. Er spricht kein Deutsch und kein Englisch, mittels Handyübersetzung bittet er um Hilfe. Er möchte gerne seine „Driving Licence“, seinen Führerschein im Scheckkartenformat in einen österreichischen Führerschein umwechseln lassen. Via Handyübersetzung teilt der Syrer mit, dass er mittlerweile verzweifelt sei. Zur Polizei, gleich ums Eck, war er schon gegangen, diese hätten ihn aber weggeschickt. Die richtige Anlaufstelle könnte im Fall des 35-Jährigen wohl eher die Bezirkshauptmannschaft Baden oder die Gemeinde sein. "Heute" weist ihm den Weg zum Rathaus, Alsrhan dankt und macht sich sofort auf den zehnminütigen Weg zum Rathaus.

    Sulaman Mohamed (24) lebt seit seiner Flucht aus Syrien in der niederösterreichischen Landeshauptstadt, in Sankt Pölten: „Meine Familie habe ich seit einem Jahr und fünf Monaten nicht mehr gesehen", erzählt der Syrer. Jetzt kam es endlich zur Zusammenführung vor dem Flüchtlingslager in Traiskirchen. Sulaman Mohamed hofft, dass alles mit den Unterlagen passt und er nach dem Behördenweg in Traiskirchen seine Frau Senab Alahmad (23) und seine beiden Kinder (3 und 4 Jahre alt) mit nach St. Pölten nehmen darf.

    "An der Belastungsgrenze"

    Momentan leben laut SP-Bürgermeister Andreas Babler rund 1.800 Menschen im Asyllager Traiskirchen, seit Wochen sei die Situation schwierig. "Dabei versprach damals Erwin Pröll und Maria Fekter, dass die Kapazitätsobergrenze in Traiskirchen bei 480 Menschen liege", erinnert sich der Stadtchef. Laut Ausschreibungsunterlagen ist das Lager Traiskirchen für die Betreuung des Zentrums für bis zu 1.840 Personen vorgesehen.

    Generell ist heuer ein besonders starkes Asyljahr, über 56.000 Asylanträge waren alleine in den ersten acht Monaten des Jahres 2022 gestellt worden - alles dazu hier. Das Innenministerium skizziert auf Anfrage die derzeitige Lage in Traiskirchen und generell in Bundes-Betreuungseinrichtungen am Donnerstag (29.9. 2022) wie folgt: "Grundsätzlich ist anzumerken, dass das Grundversorgungssystem an der Belastungsgrenze angekommen ist, das heißt, alle Bundesbetreuungseinrichtungen sind derzeit stark ausgelastet, davon betroffen ist auch der Standort Traiskirchen."

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