Neuer Zündstoff im Atomstreit zwischen Österreich und Tschechien: Die tschechische Atomlobby wirbt gezielt Schüler und Studenten für eine spätere Arbeit in einem tschechischen Kernkraftwerk an, wie die oberösterreichische Anti-Atom-Gruppe Atomstoppaufdeckte.
"Offensichtlich ist es so, dass Menschen, die sich näher mit Atomkraft beschäftigen, mit ihr nichts zu tun haben wollen. Warum sonst müsste der tschechische Atomstromkonzern CEZ schon Schüler und Student anfüttern?" fragt Herbert Stoiber, Geschäftsführer von "Atomstopp – atomkraftfrei leben!".
"Du bist Schüler und hast Freude an technischen oder naturwissenschaftlichen Fächern?", heißt es – in deutscher Übersetzung – in einem Stelleninserat des größten tschechischen Energiekonzerns.
Nach Abschluss des Studiums werde den Jugendlichen "ein stabiler und zukunftsträchtiger Arbeitsplatz" in den Kernkraftwerken Temelín oder Dukovany garantiert – "als Kernkraftwerksbediener oder in einer anderen technischen Funktion", heißt es weiter.
Der großteils staatliche AKW-Betreiber zahle an Studierende für eine fünfjährige Universitäts-Studiendauer umgerechnet mehr als 19.000 Euro, so Stoiber. Dies sei "eine Menge Geld", wenn man das durchschnittliche tschechische Jahreseinkommen von knapp 38.000 Euro bedenke.
Auch junge Mädchen und Burschen in tschechischen Schulen können bei dem "führenden tschechischen Energieunternehmen" und "Pionier moderner Energietrends" um fette Stipendien von umgerechnet mehr als 1.900 Euro pro Jahr ansuchen.
"Wenn man sich die Atomindustrie genauer ansieht, verwundert es nicht, dass sie mit viel Geld Menschen einkaufen muss, für sie zu arbeiten. Wer will schon an einer Technologie mitarbeiten, bei der ein Unfall großräumig Menschen verstrahlt und die Natur verseucht?", so Gabriela Reitingerova von der Budweiser Umwelt-Initiative OIZP.
"Wer will schon an der Produktion von Atommüll beteiligt sein, der weit länger gefährlich bleibt, als irgendein Mensch oder eine menschliche Gesellschaft planen kann? Wer will an einer Energieerzeugungsform mitwirken, deren Grundstoff Uran schon beim Abbau gewaltige Schäden für Mensch und Natur hinterlässt und in Abhängigkeit zu Russland treibt?", ergänzt Reitingerova.
Eine aktuelle EU-Umfrage zeigt, dass die Kernenergie in den meisten europäischen Staaten mittlerweile mehr Befürwortung als Ablehnung erfährt. Während einige Länder ihre Zustimmung weiter ausgebaut haben, gibt es nur noch wenige Länder (wie Österreich), in denen die Skepsis überwiegt. Tschechien liegt mit 77 Prozent Zustimmung an der Spitze.