Österreich

Bezirks-Fehden bringt SPÖ-Schiff ins Wanken

Heute Redaktion
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Stadt- und Parteichef Michael Ludwig hat mit parteiinternen Problemen zu kämpfen.
Stadt- und Parteichef Michael Ludwig hat mit parteiinternen Problemen zu kämpfen.
Bild: Denise Auer

Nach außen hin präsentiert sich die SPÖ Wien als stabile Kraft, die für die Wiener arbeitet. Hinter den Kulissen sieht es aber anders aus: In mehreren Bezirken kracht es im Gebälg.

Mit seiner "Rede zur Lage der (Wiener) Nation" startete Michael Ludwig Mitte Februar unter dem Motto "Entschlossen für Wien" inoffiziell in den Wahlkampf. Nach der Ankündigung der Gratis-Ganztagsschulen in Wien, "Heute" ist zu erwarten, dass die sechs SPÖ-Stadträte bei der kommenden Klubtagung der SPÖ Wien am 9. März im burgenländischen Frauenkirchen weitere zukunftsweisende Projekte präsentieren werden.

Welche das sein werden, darüber hüllen die Genossen noch den Mantel des Schweigens. Fix ist aber, dass die SPÖ versuchen wird, eine geschlossenen Auftritt nach außen und eine Front gegen den "Wien-Basher" ÖVP zu bieten. Ganz so ruhig liegt das Schiff der SPÖ Wien aber nicht im Wasser, wie es denn Anschein hat.

In den roten Bezirksorganisationen brodelt es

Denn angesichts aktueller Vorfälle in den Bezirken fällt der Glaube an die Geschlossenheit der SPÖ Wien zunehmend schwer. In mehreren Bezirksorganisationen gärt es. Zum Teil gewaltig.

Streit um Parteivorsitz der SPÖ Donaustadt

In der SPÖ Donaustadt etwa gehen wegen der Wahl des neuen Bezirksparteichefs die Wogen hoch. Wie berichtet, stellte sich im Jänner die frühere Staatssekretärin Muna Duzdar zur Wahl. Ihre Gegner konterten mit dem Klubchef der SPÖ Wien Josef Taucher als Gegenkandidaten.

Um sicher zu stellen, dass dieser die Wahl am 11. März für sich entscheiden, greifen die Genossen zu etwas merkwürdigen Mitteln, "Heute" hat berichtet. So sprach sich das Bezirkswahlkomitee schon vor der Wahl für Taucher als neuen Chef der Bezirkspartei aus. 15 von 22 Funktionären waren dafür, nur seinen Namen auf den Stimmzettel zu drucken. Wer Duzdar die Stimme geben will, müsse den Namen Tauchers durchstreichen und durch Muna Duzdar ersetzen.

City-SPÖ wählt eigene Spitze ab

Gar nicht mehr zur Wahl antreten wird hingegen die bisherige Bezirksvorsteher-Stellvertreterin in der City, Mireille Ngosso. Bei der Bezirkskonferenz am Montagabend erhielt Ngosso nur 46 Prozent der Stimmen.

Das Ergebnis wirkt nur nach außen hin überraschend, denn auch in der City war die Zufriedenheit der Genossen mit der Ärztin endenwollend. Ein Vorwurf lautet, sie sei zu viel auf Social Media unterwegs, aber zu wenig "da draußen".

Margaretner Bezirkschefin schmeißt von selbst hin

Unzufriedenheit ist im SP-regierten Margareten jedoch nichts neues. Das Resultat bekam die dortige Bezirkschefin Susanne Schäfer-Wiery bereits im März des vergangenen Jahres zu spüren. Bei der Wahl des neuen Parteivorsitzenden erhielt Schäfer-Wiery nur 47 Prozent der Stimmen. Neuer Chef wurde Gemeinderat Stephan Auer-Stüger.

Die Wogen waren offenbar zu hoch, um sie noch zu glätten. Vor rund einer Woche kündigte Schäfer-Wiery an, nach über 20 Jahren ihre SPÖ-Mitgliedschaft beenden zu wollen. In einem offenen Brief an die Bezirksbewohner erklärte sie, sich damit gegen "Untergriffe und Verleumdungen" wehren zu wollen.

Ob damit die, hinter vorgehaltener Hand schon länger geäußerte Kritik an Schäfer-Wierys angeblicher Nähe zu anderen Parteien – vor allem der Grünen – sowie menschliche Defizite gemeint seien, bleibt aber offen.

Gleich mehrere rote Bezirke könnten auf Grün kippen

Die Nähe zu Grünen wird für die SPÖ immer mehr zum Problem. Nach der Wien-Wahl 2015 stellte die SPÖ Wien in 15 von 23 Bezirken den Bezirksvorsteher. Die Grünen eroberten drei Bezirke (Leopoldstadt, Neubau und Währing), die ÖVP vier (City, Josefstadt, Hietzing und Döbling).

Bei der Nationalratswahl 2019 zeigte sich jedoch ein ganz anderes Bild: Dabei war die SPÖ Wien nur noch in acht Bezirken die stimmenstärkste Partei, die Grünen eroberten die Innenbezirke und überholten die Roten mit zehn Bezirken, die ÖVP holte sich fünf Bezirke.

Nun sind die Ergebnisse einer Nationalratswahl natürlich nicht eins zu eins auf Gemeinderats- oder Bezirksvertretungswahlen umzulegen, dennoch zeigt sich, dass die Grünen für die SPÖ immer mehr zur Bedrohung werden.

Innenbezirke besonders umgekämpft

Besonders die Bezirke Wieden, Margareten, Mariahilf und Alsergrund (bei der Nationalratswahl alle Grün) gelten als Wackelkandidaten und drohen zu "kippen". Daraus entsteht wohl auch der Zündstoff für die Kleinkämpfe, die derzeit in den SP-Bezirksorganisationen toben.

Und so könnte es gut sein, dass zu den bereits bekannt gewordenen Konflikten weitere dazu kommen. Etwa im Alsergrund: Hier wurde die Wahlliste zwar bereits beschlossen. Doch Vorbehalte gegen Bezirkschefin Saya Ahmad, die im Vergleich zur Grünen Monika Kreutzer zu wenig unterwegs sei, sind immer wieder zu hören.

Im Neubau sorgte vor dem Beschluss der Kandidatenliste ein internes Hearing für Bezirksräte für Aufregung. Insider vermuteten hier den Versuch "faule oder ungewünschte" Mitglieder los zu werden.