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Wahl getürkt Opposition wirft Erdogan Wahlfälschung vor

Erdogan hat die absolute Mehrheit zwar verpasst und muss in eine Stichwahl, vorne war er dennoch. Laut Opposition könnte Fälschung dahinterstecken.

Unterstützer des Oppositionsführers Kemal Kilicdaroglu am Montag vor dem Sitz der CHP-Partei in Ankara. 
Unterstützer des Oppositionsführers Kemal Kilicdaroglu am Montag vor dem Sitz der CHP-Partei in Ankara. 
REUTERS

Angekündigt als Schicksalswahl entpuppte sich die türkische Präsidentschaftswahl am Sonntag zu einem wahren Krimi. Denkbar knapp verpasste der amtierende Präsident Recep Tayyip Erdogan die absolute Mehrheit – schlussendlich konnte er 49,51 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Sein großer Herausforderer Kemal Kilicdaroglu, den viele Umfragen sogar vorne sahen, kam auf 44,88 Prozent. Somit kommt es am 28. Mai zu einem Stichwahl-Duell um die Führung des Landes. 

Im Anschluss an die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen hat die türkische Opposition nun eine Beschwerde eingereicht. Dabei geht es um die Auszählung der Stimmen: Bei beiden Wahlen seien Stimmen falsch oder gar nicht ins System eingetragen worden. Nicht nur Kilicdaroglus CHP erhebt nun Einspruch. 

Fehlerhafte Urnen

Auch die prokurdische Grüne Linke Partei (YSP) sowie die türkische Arbeiterpartei TIP orten systematische Fehler bei der Stimmenzählung. Der Präsident der Wahlbehörde, Ahmet Yener, versprach am Mittwoch, die gemeldeten Beschwerden zu überprüfen und sich kooperativ zu zeigen. Der Vizevorsitzende der größten Oppositionspartei CHP, Muharrem Erkek, verspricht: "Wir werden jeder Stimme nachgehen, auch wenn sie das Gesamtergebnis nicht viel ändert."

Laut Erkek stimmen die Protokolle der CHP in mehr als 7.000 Fällen nicht mit jenen der Wahlbehörde überein. Das System hätte ein Programm, das die Zahlen überprüft und meldet, wenn sie nicht mit der Stimmregistrierung der türkischen Wahlbehörde übereinstimmt. 4.825 Urnen seien zum Nachteil der CHP und ihrer Bündnispartei lyi registriert worden. Bei der Präsidentschaftswahl seien 2.269 Wahlurnen fehlerhaft eingetragen worden. Außerdem würden noch einige Auslandsstimmen fehlen. 

Kurden wollen sogar Belege haben

Die prokurdische Oppositionspartei HDP geht von mehr als 2.000 Stimmen aus, die in ihren Hochburgen fälschlicherweise dem Regierungsbündnis zugeschrieben worden. Laut der Partei gebe es dafür sogar handschriftliche Belege. Mehmet Rüstü Tiryaki, Sprecher und Vertreter der YSP in der Wahlkommission sagte, dass die Fehler nach dem Einspruch sofort behoben worden wären. Dennoch stelle sich die Frage, ob es sich hierbei um Fehler oder Betrug handle. 

Während Erdogan die Absolute verpasste, konnte sein Regierungsbündnis laut vorläufigen Daten die Mehrheit halten. Daraufhin kursierten unterschiedliche "Belege" in den sozialen Netzwerken. Vor der Wahlbehörde kam es zu Protesten, im Zuge derer mehrere Personen festgenommen wurden. Internationale Wahlbeobachter sehen einen unfairen Wahlkampf und mangelnde Transparenz bei der Abstimmung. Türkische Medien berichteten unterdessen von einer enorm hohen Wahlbeteiligung: Zwischen 90 und 97 Prozent der Wahlberechtigten haben demnach ihrer Stimme Ausdruck verliehen. 

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    Das Rennen um das Präsidentenamt zwischen Amtsinhaber Erdogan und seinem Herausforderer Kilicdaroglu war knapp – und geht wohl in eine zweite Runde. Für Erdogan ist das Ergebnis ein Rückschlag. Aber auch die Opposition blieb unter ihren Erwartungen.
    Das Rennen um das Präsidentenamt zwischen Amtsinhaber Erdogan und seinem Herausforderer Kilicdaroglu war knapp – und geht wohl in eine zweite Runde. Für Erdogan ist das Ergebnis ein Rückschlag. Aber auch die Opposition blieb unter ihren Erwartungen.
    OZAN KOSE / AFP / picturedesk.com