Niederösterreich

Waldhäusl: "7 von 10 Flüchtlingen sind am 1.1. geboren"

In der "Causa Drasenhofen" musste sich Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl vor Gericht verantworten. Es war laut Anwalt Ainedter alles in Ordnung.

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Gottfried Waldhäusl (re.) mit Anwalt Manfred Ainedter
Gottfried Waldhäusl (re.) mit Anwalt Manfred Ainedter
privat

Die "Causa Drasenhofen" hatte Ende 2018 viel Staub aufgewirbelt: Mehrere unbegleitete, minderjährige Asylwerber waren in einem Lager in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) untergebracht worden. Wegen dem Zaun mit Stacheldraht, Sicherheitspersonal, Wachhund und Kameras wurde das Heim schnell zum "Alcatraz-Heim" - alles dazu hier. Das Heim wurde geschlossen, Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (VP) zog die Notbremse und rügte den FP-Politiker.

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    Der Landesrat kurz vor dem Prozessbeginn.
    Der Landesrat kurz vor dem Prozessbeginn.
    Lenger

    Schließlich wurde Anzeige erstattet, denn das Heim war offenbar rechtswidrig - mehr dazu hier. Mehrere Parteien, wie SP, Grüne oder Neos forderten den Rückzug von Asyllandesrt Gottfried Waldhäusl (FP). Nicht nur wegen der Causa Drasenhofen, sondern der blaue Landesrat war schon mit dem Vergleich der Asylpolitik mit der Borkenkäferplage oder mit dem Tierheimsager "Hunde mit Migrationshintergrund" aufgefallen. 

    "Keine geeignete Unterkunft"

    Am Mittwoch startete also der Prozess in St. Pölten wegen Amtsmissbrauchs. Michael Schön von der anklagenden Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) meinte: "Es war keine geeignete Unterkunft im Sinne der gesetzlichen Grundversorgung." Weiters sei die Verlegung laut WKStA überhastet über die Bühne gegangen. 16 Jugendlichen, zwei mit rechtskräftig negativem Asylbescheid und 14 mit laufendem Verfahren, seien in Drasenhofen, ein 1.100-Seelendörfchen im nördlichsten Weinviertel, untergebracht gewesen. 

    Rechtsanwalt Georg Zanger, der mehrere Flüchtlinge als Privatbeteiligte vertritt, sprach von einer Traumatisierung. Er forderte je 10.000 Euro. Zanger beantragte auch die Einvernahme mehrerer Betroffener, die Staatsanwaltschaft lud zahlreiche Zeugen vor.

    Anwalt: "Tanz auf Rasierklinge"

    Waldhäusls Anwalt Manfred Ainedter führte aus: "Alle Vorgänge waren rechtlich in Ordnung, alle Bestimmungen wurden eingehalten. Es ist ein Tanz auf einer Rasierklinge, weil die öffentliche Ordnung bedacht werden muss." Der Star-Advokat weiter: "Sieben von zehn Privatbeteiligten, also jungen Asylwerbern, sollen am 1. Jänner geboren sein (Anm.: die statistische Chance, dass nur einer von zehn Asylwerbern am 1.1. Geburtstag hat, liegt bei 2,7 %), wer sagt dass die wirklich unter 18 Jahre alt waren?"

    Zum Vorwurf des fehlenden Bescheides bei der Verlegung nach der Asylheim-Schließung: "Bei der Verlegung nach der Schließung war kein Bescheid gesetzlich vorgeschrieben", sagte Manfred Ainedter. 

    Gottfried Waldhäusl (56) selbst sagte: "Es gab Probleme mit auffälligen Jugendlichen, das teilten mir Mitarbeiter aus den Fachabteilungen mit. Und ich bat schließlich meine Fachabteilung, ein Lösungskonzept zu erarbeiten. Was rechtlich möglich war, wurde umgesetzt. Und wir reden hier bitte nicht von kleinen Kindern."

    Stacheldraht nur vorne

    Der FP-Politiker teilte junge Flüchtlinge generell in drei Gruppen ein: "Die Willigen, jene die disziplinär auffällig sind und die Kriminellen. 80 Prozent der jungen Asylwerber sind brav, die anderen störten diese. Und daher die Idee der Absonderung zum Schutz der anderen Jugendlichen, der Betreuer und der Bevölkerung." Zum Kritikpunkt Stacheldraht legte Waldhäusl ein Foto vor: Der Stacheldraht war nicht ums ganze Gebäude herum, nur vorne am Zaun. "Der Security mit Wachhund sowie der Stacheldraht waren dafür da, dass kein Unbefugter reingeht", so Waldhäusl.

    "Schauen Sie, die Zustimmung für Asylheime innerhalb der Bevölkerung nahm damals immer mehr ab. Und das Konzept wurde schließlich auch Juristen vorgelegt", betonte der blaue Landesrat.

    Mitangeklagte Beamtin

    Die ebenfalls wegen Amtsmissbrauchs angeklagte Beamtin (54) wurde von Verteidiger Philipp Wolm vertreten. Sie soll zudem eine Mail nicht vollständig bzw. abgeändert weitergeschickt haben, um so den Verdacht auf ihren Vorgesetzten zu lenken. Auch die Frau bekannte sich nicht schuldig, sie war übrigens 2020 aus dem Landesdienst ausgeschieden und ist derzeit auf Jobsuche. Advokat Wolm betonte: "Selten hat mir eine Mandantin so leid getan aufgrund der medialen Vorverurteilung." Die Juristin habe sich immerhin 15 Jahre lang als NGO-Vertreterin für Flüchtlinge eingesetzt und habe null Beziehung zur FPÖ.

    Fragen der Richterin

    Die Richterin stellte dem Landesrat bei der Verhandlung auch einige Fragen: "Haben Sie Drasenhofen für ein geeignetes Quartier gehalten?" Waldhäusl: "Selbstverständlich, ich habe mir ja ein Bild gemacht, bin raufgefahren. Die Unterkunft ist in Ordnung gewesen. Rückblickend würde ich einige Dinge anders machen. Aber ich wollte etwas verbessern, würde es wieder so machen, halt ohne Stacheldraht." Weiters fragte die Richterin: "War der Bürgermeister eingebunden?" Waldhäusl: "Ja, der hatte keine große Freude. Der Gemeindearzt hatte Angst um seine Tochter."

    Was er zum Vergleich mit "Klein-Alcatraz" sage: Waldhäusl schüttelte auf diese Frage nur den Kopf. Weitere Fragen der Richterin: "Warum glauben Sie, sind einige Flüchtling aus dem Heim geflüchtet? Und hätte man die Flüchtlinge ins alte Quartier bringen können?" Darauf meinte der FP-Politiker: "Die Burschen waren offenbar noch schwieriger als ich dachte. Und die Quartierfrage ist für mich nicht relevant, da die alten Heime Privatquartiere waren."

    Bereits im Vorfeld des Prozesses hatte es eine Demo gegeben. Einige Polizisten sicherten das Gericht ab - knapp 20 Menschen nahmen an der Demo teil - mehr dazu hier

    Der Prozess unter dem Vorsitz von Richterin Silvia Pöchacker hätte schon Ende November 2021 stattfinden sollen, war aber Corona bedingt verschoben werden. Der Prozess wird am heutigen Donnerstag in St. Pölten fortgesetzt, ein Urteil soll bis zum 28. April geben - es gilt die Unschuldsvermutung für Gottfried Waldhäusl sowie für die Beamtin.

    Kritik

    Neos-Landessprecherin Indra Collini forderte am Mittwoch weiterhin den Rückzug von Gottfried Waldhäusl von seinem Amt: „Wir haben immer klar gesagt, dass Anklage- und Regierungsbank nicht zusammenpasst. Da der Landesrat sein Amt aber nicht von sich aus zur Verfügung stellen wird, ist Landeshauptfrau Mikl-Leitner gefordert, Fakten und Klarheit zu schaffen. Waldhäusl hat abseits der Causa Drasenhofen keinen Fettnapf ausgelassen und mehrfach bewiesen, dass er den Aufgaben dieses Amts nicht gewachsen ist.“

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      Eine Handvoll Demonstranten fand sich vor dem St. Pöltner Gericht ein.
      Eine Handvoll Demonstranten fand sich vor dem St. Pöltner Gericht ein.
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