Radar zeigt verdächtigen Flug

War Kopenhagen-Drohne bloß ein Kleinflugzeug?

Zwei bis drei Drohnen sollen stundenlang über Kopenhagen gekreist sein. Trotz intensiver Suche wurde nichts gefunden. Jetzt gibt es eine neue Spur.
Nick Wolfinger
23.09.2025, 20:22
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

Fast zeitgleich wurden Montagnacht die Flughäfen von Oslo (Norwegen) und Kopenhagen (Dänemark) wegen Drohnensichtungen gesperrt – "Heute" berichtete. Hunderte Flüge mussten deswegen gestrichen, dutzende Flugzeuge umgeleitet werden. Während man in Oslo, wo die Drohnenmeldung von der Flugsicherheitsbehörde stammte, von Anfang an vorsichtig mit (vorschnellen) Schlüssen umging, überschlugen sich in Dänemark rasch die Meldungen über Ausmaß und Herkunft der unidentifizierten Flugobjekte.

Dänemarks Regierung sieht Angriff

Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen erklärte Dienstagfrüh, es habe sich bei der mutmaßlichen Störaktion des dänischen Flugverkehrs um den "bisher schwersten Anschlag auf die dänische kritische Infrastruktur" gehandelt. Einen Zusammenhang mit jüngsten russischen Aktivitäten, etwa über Estland und Polen sowie den Hackerangriffen auf europäische Flughäfen am Wochenende, schloss sie nicht aus.

Die Vermutungen sind nicht unbegründet, gab es doch in den letzten Wochen gleich mehrere Luftraumverletzungen durch russische Drohnen und Kampfjets, die außer Frage stehen. In diesem Fall ist die russische Urheberschaft aber noch unklar. Wenig überraschend bestreitet der Kreml jedenfalls, irgendetwas mit dem Vorfall in Kopenhagen zu tun zu haben.

Dramatischer Polizeibericht

Die erste – und einzige – Meldung einer Drohnensichtung am Flughafen Kopenhagen stammt von der Polizei. Chefermittler Jens Jespersen schilderte gegenüber der Presse am Dienstag gegenüber Medien, dass die Polizei von einem "erfahrenen Piloten" ausgehe, der die "zwei bis drei Drohnen" gesteuert habe. Aufgrund der Anzahl und Größe der Drohnen gehe man davon aus, dass es sich um einen "fähigen Akteur" gehandelt habe, so Jespersen.

Wer genau die Drohnen gesehen habe und an welchen Orten, blieb unbeantwortet. Der ranghohe Polizeibeamte sagte lediglich, die Drohnen seien aus verschiedenen Richtungen gekommen, hätten ihre Lichter an- und ausgeschaltet und seien dann nach mehreren Stunden verschwunden.

Ermittlungen ohne Spuren

Allerdings tappt die Polizei komplett im Dunkeln, woher die Drohnen kamen und wohin sie verschwanden. Auch über die genaue Zeitspanne und die Orte der Sichtungen konnte die Polizei nichts sagen. Alles deutet daraufhin hin, dass die vermeintlichen Drohnen nur kurz nach 20 Uhr im Bereich des Flughafens gesichtet wurden – und zwar nur von Polizisten, nicht von der Luftraumüberwachung.

Zweifel an Drohnen-These

Im Internet kamen daher bald Zweifel an der Darstellung der dänischen Polizei auf. Abgesehen von den Aussagen der Polizei gibt es keine einzige andere Meldung über eine Drohnensichtungen im Raum Kopenhagen. Es gibt auch nur ein einziges Video – und diese Spur führt in eine ganz andere Richtung.

Video zeigt Kleinflugzeug

Der einzige "Beweis" der Drohnensichtung ist ein Handyvideo, das ein Flugobjekt bei einer ungewöhnlichen Querung der Start- und Landebahn zeigt. Wie Flight Tracker rasch herausfanden, kann es sich bei dem Flugzeug in dem Video im in Frage kommenden Zeitraum – der Flughafen wurde um 20:26 Uhr gesperrt – nur um das Kleinflugzeug mit der Kennung OY-CDT handeln. Dieses kreuzte die Start- und Landebahn zwischen 20:17 und 20:19 Uhr, wie Aufzeichnungen des Flugradars beweisen.

Positionslichter für Drohnen gehalten?

Das Video zeigt auch deutlich die verschiedenen blinkenden Lichter – die in manchen Einstellungen wie drei verschiedene Lichtpunkte wirken. Angesichts fehlender weiterer Hinweise auf Drohnenflüge in der Nacht im Raum Kopenhagen, die angeblich über Stunden angedauert haben sollen, kam der Verdacht auf, dass unerfahrene Polizeibeamte das verdächtig querende Flugzeug für (mehrere) Drohnen gehalten haben und den Flughafen alarmiert haben.

Flug muss genehmigt gewesen sein

Da kleinere Drohnen üblicherweise nicht auf dem Flugradar aufscheinen und das querende Kleinflugzeug einen Alarm ausgelöst hätte, sollte es keine Genehmigung des Towers für den Überflug gehabt haben, könnte die Verwechslung nicht aufgefallen sein, so die Vermutung.

Auffallend ist auf jeden Fall, dass das Kleinflugzeug nur wenige Minuten vor der Flughafensperre die Landebahn kreuzte. Ein solches Flugmanöver ist zwar gemeinhin unüblich, kann aber durchaus Teil eines Übungsfluges gewesen sein, der aufgrund des geringeren Betriebs am Flughafen in der Nacht abgehalten wurde.

Spur führt zu Übungsflug

Für die These, dass die Polizei statt zwei bis drei Drohnen in Wahrheit ein Kleinflugzeug auf Übungsflug beobachtet hat, spricht neben den markant blinkenden Lichtern, die ein- und ausgeschalten wurden, auch die ungewöhnliche Flugbahn von OY-CDT.

Wie das dänische Flugzeugregister zeigt handelt es sich bei OY-CDT um ein 2001 gebautes Kleinflugzeug des Herstellers Socata und befindet sich im Besitz des Unternehmens Copenhagen Aviation Trading (CAT). Das Unternehmen ist nicht nur im Flugzeughandel aktiv sondern betreibt am dänischen Flugplatz Roskilde auch eine Flugschule und ein Flugtaxiunternehmen mit mehreren Kleinflugzeugen – darunter auch OY-CDT.

Flugradar zeigt merkwürdiges Flugverhalten

Dazu passen die Aufnahmen des Flugradars, das den Flughafen Roskilde als Ausgangsort des Fluges mit der ungewöhnlichen Flugroute – samt zweimaliger Kreuzung der Landebahn am internationalen Flughafen Kopenhagen zeigt. Laut flightradar24 endete der Flug, der auch mehrere Kreise über der Stadt Kopenhagen zog, nach etwas mehr als einer Stunde. Ob es sich bei der vermeintlichen Drohnensichtung tatsächlich nur um dieses Kleinflugzeug handelt werden die Ermittlungen der nächsten Tage zeigen.

{title && {title} } NW, {title && {title} } Akt. 24.09.2025, 13:42, 23.09.2025, 20:22
Jetzt E-Paper lesen