Nach der Solidarisierung mehrerer Soldaten mit den seit Tagen anhaltenden Protesten gegen die Regierung in Madagaskar hat Präsident Andry Rajoelina von einem Versuch der illegalen Machtübernahme gesprochen. "Die Präsidentschaft der Republik möchte die Nation und die internationale Gemeinschaft darüber informieren, dass derzeit auf nationalem Gebiet ein Versuch unternommen wird, die Macht illegal und mit Gewalt zu übernehmen, was gegen die Verfassung und die demokratischen Grundsätze verstößt", erklärte Rajoelina am Sonntag.
Am Samstag hatten sich mehrere Soldaten einer Demonstration in der Hauptstadt Antananarivo angeschlossen und auch den Rest des Militärs sowie Gendarmerie und Polizei zur Befehlsverweigerung aufgerufen. Die Soldaten sind in einer Kaserne in Soanierana stationiert, in der bereits 2009 Streitkräfte während eines Volksaufstands gegen die Regierung gemeutert hatten. Im Zuge der damaligen Proteste kam der heutige Staatschef Rajoelina an die Macht.
Die Proteste in Madagaskar hatten am 25. September begonnen. Auslöser waren regelmäßige Stromausfälle von mehr als zwölf Stunden am Tag sowie Probleme bei der Wasserversorgung.
Nach UN-Angaben wurden seit Beginn der Proteste mindestens 22 Menschen getötet und mehr als hundert weitere verletzt, was die Proteste weiter anheizte. Präsident Rajoelina selbst sprach von zwölf Toten, bei ihnen handle es sich um "Plünderer" und "Einbrecher".
Die unter dem Namen "Gen Z" zusammengeschlossene Protestbewegung fordert in Onlinediensten den Rücktritt von Rajoelina, die Auflösung des Senats, des Verfassungsgerichts und der Wahlkommission sowie die strafrechtliche Verfolgung des Geschäftsmannes Mamy Ravatomanga, der angeblich Rajoelinas wichtigster Geldgeber ist.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA rät von touristischen und anderen nicht dringenden Reisen in das afrikanische Land ab. Es verweist darauf, dass die Demonstrationen Todesopfer und Verletzte gefordert haben. Es seien Ausgangssperren verhängt worden. "Die Lage ist sehr angespannt und die weitere Entwicklung ist ungewiss", heißt es in den Reisehinweisen.
Präsident Rajoelina war 2009 nach einem Putsch gegen den damaligen Staatschef Ravalomanana an die Macht gekommen. Angeführt wurde der Umsturz von Soldaten des Stützpunkts in Soanierana. Ende 2023 wurde Rajoelina bei einer von der Opposition boykottierten Wahl für eine dritte Amtszeit bestätigt.
Das vor der afrikanischen Ostküste liegende Madagaskar gehört trotz seiner vielen Rohstoffe zu den ärmsten Ländern der Welt. Fast 75 Prozent der Menschen leben unter der Armutsgrenze.