Politik

Warum Türkis-Grün (fast) alternativlos ist

Heute Redaktion
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Sebastian Kurz hat auf dem Papier drei mögliche Koalitionspartner. Nach den jüngsten Ereignissen bleiben vermutlich nur noch die Grünen übrig. Eine Analyse.

ÖVP und Grüne betonen gerne, dass sie die Koalitionsverhandlungen "ergebnisoffen" führen. Sollten sie scheitern, könnten dann beide Parteien relativ unbefleckt vom Spielfeld gehen. Man habe es versucht, es habe eben nicht geklappt.

Und obwohl die ÖVP noch zwei andere potenzielle Partner für eine Zweier-Koalition – SPÖ und FPÖ würden ebenfalls verhandeln – bei der Hand hat, dürfte Parteichef Sebastian Kurz de facto keine andere Möglichkeit haben, als einen Pakt mit den Grünen zu zimmern. Denn er braucht eine stabile Regierung, die idealerweise fünf Jahre lang hält. Selbst Marketing-Profi Kurz müsste wohl einige besondere Haken schlagen, um zum dritten Mal Neuwahlen zu argumentieren.

Darum fallen die Alternativen zu Türkis-Grün weg.

Türkis-Rot

Die SPÖ befindet sich spätestens seit der vergangenen Woche in der Krise. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner kann sich zwar (noch) auf ihrem Posten halten, doch die vergangenen Tage haben bewiesen, dass einige ihrer Leute schon die Messer wetzen. Nach der Entlassung von 27 Mitarbeitern der Bundespartei per Mail brachen kurzzeitig alle Dämme – den Medien wurde sogar eine Mahnung zugespielt, der zufolge Rendi-Wagner monatelang ihre Parteisteuer von mehr als 13.000 Euro nicht zahlte. Mit Unterstützung der Landesgruppen aus Wien und dem Burgenland rettete sich die Vorsitzende allerdings noch vor der Revolte. Die Frage ist, wie lange.

2020 haben Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil in ihren Bundesländern Landtagswahlen zu schlagen. Bis dahin können sie nur Ruhe in der Partei brauchen. Noch dazu fehlt ein klarer Favorit für Rendi-Wagners Nachfolge. Eine Koalition mit der SPÖ – einmal abgesehen von den persönlichen Gräben – dürfte für Kurz also schon alleine deswegen deshalb nicht attraktiv sein, weil bei den Sozialdemokraten jederzeit Flügelkämpfe ausbrechen können. Ein stabiler Regierungspartner sieht anders aus.

Türkis-Blau II

Mit der FPÖ gäbe es für die ÖVP bei Koalitionsverhandlungen keine programmatischen Probleme. Das Regierungsprogramm der letzten Periode könnte man etwas auffrischen und fertig wäre die Regierung. Allerdings müsste sich Kurz nicht nur international rechtfertigen, warum er bereit wäre, schon wieder braune Einzelfälle "runterzuschlucken", die FPÖ wäre auch ein poröser Partner.

Denn der Konflikt mit dem ehemaligen blauen Häuptling Heinz-Christian Strache ist noch lange nicht vorbei. Der provoziert derzeit den Parteiausschluss und könnte mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl 2020 antreten. Ein Kampf zwischen der FPÖ und einer Liste Strache, bei dem sich beide Seiten mit Enthüllungen matchen, würde sie weiter beschädigen. Und auch ein FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, der Kurz seinen Rauswurf als Innenminister übel nimmt, könnte für ungewollte Turbulenzen sorgen.

"Dirndl" hat kein Leiberl

Die Neos sind als Fraktion mit ihren 15 Mandaten im Nationalrat für eine Zweier-Koalition nicht groß genug und fallen somit weg. Vor der Wahl und dem überraschend guten Abschneiden der Grünen waren die Liberalen als möglicher Partner für die "Dirndl-Koalition" Türkis-Grün-Pink im Gespräch. Aber solch ein Bündnis wäre komplizierter – und das nun auch noch ohne Notwendigkeit. In jedem Fall werden sich die Pinken somit für die nächste Legislaturperiode auf die parlamentarische Kontrolle konzentrieren.

Nur Kurz allein

Die Chance für eine Minderheitsregierung der ÖVP ist gering. Diese Regierungsform hat in Österreich keine Tradition und Kurz täte sich wohl auch massiv schwer damit. Warum sollten ihn SPÖ, FPÖ oder Grüne auch unterstützen, ohne dabei selbst Posten und Macht zu erhalten?