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Was beim Online-Bestellen und Versenden teurer wird

Um gleiche Wettbewerbsbedingungen für den EU-Handel zu schaffen, wird mit Juli 2021 ein Schlupfloch gestopft. "Heute" zeigt, was es für dich bedeutet.

Rene Findenig
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Waren-Versandhaus in China: Vor allem günstige Artikel aus dem Ausland werden teurer.
Waren-Versandhaus in China: Vor allem günstige Artikel aus dem Ausland werden teurer.
picturedesk.com

Eigentlich wäre die Paket-Causa schon für den Jahresbeginn geplant gewesen, kommen wird sie jetzt Mitte des Jahres. Das Hauptaugenmerk: Für Paketsendungen mit einem Warenwert bis 22 Euro war bis jetzt keine Vorlage und keine Erfassung durch den Zoll vorgesehen. "Diese Regelung wird von Versendern aus Drittstaaten ausgenutzt. Sie schrieben einfach irgendeinen Wert unter 22 Euro aufs Paket um Steuern zu umgehen", so das Finanzministerium zu "Heute".

Das schade wiederum allen europäischen Firmen und Händlern und schaffe Ungleichheit, so Finanzminister Gernot Blümel. Ab Juli muss dann – und zwar unabhängig vom Warenwert – eine Zollanmeldung abgegeben und die Einfuhrumsatzsteuer entrichtet werden. Mit Juli 2021 soll damit auch für Kleinsendungen aus EU-Drittstaaten die Freigrenze von 22 Euro fallen.

Werden damit Online-Bestellung aus dem Ausland generell teurer?

"Das hängt von der freiwilligen Entscheidung des ausländischen kommerziellen Versenders oder Verkäufers ab, ob er die Zusatzkosten für Einfuhrumsatzsteuer und Abwicklung der Verzollung übernimmt", sagt der Finanzminister. Wenn das nicht der Fall sei, müsse man mit Mehrkosten rechnen. Konkret unabhängig vom Sachwert der Waren mit 20 Prozent Mehrwertsteuer und der vom Expressdienst oder der Post für die Abwicklung der Verzollung in Rechnung gestellten Manipulationsgebühr, auf welche die Zollbehörde keinen Einfluss hat.

Bei einem Sachwert über 150 Euro fallen auch Zölle im Ausmaß von rund 5 bis 10 Prozent des Sachwertes je nach Art der Ware an. Diese Zölle werden in die Berechnungsgrundlage der Mehrwertsteuer einbezogen, so das Ministerium. Klingt kompliziert, lässt sich aber einfach an Beispielen durchrechnen.

Mehrkosten bei günstigen Bestellungen

> Bei einem Kaschmirpullover aus China mit einem Sachwert von 160 Euro fallen schon jetzt 16 Euro Zoll (10 Prozent) plus 35,20 Euro Einfuhrumsatzsteuer plus etwa 10 Euro (geschätzte Kosten) Manipulationsgebühr an. Macht insgesamt Zusatzkosten in der Höhe von 61,20 Euro bei der Einfuhr nach Österreich und stellt keine Änderung ab dem 1. Juli dar.

> Bei Kopfhörern aus China mit einem Sachwert von 20 Euro fallen 0 Euro Zoll plus vier Euro Einfuhrumsatzsteuer plus etwa 5 Euro (geschätzte Kosten) Manipulationsgebühr an. Das ergibt künftig Zusatzkosten neun Euro im Gegensatz zu bisher 0 Euro, weil noch bis 30. Juni Sendungen mit einem Sachwert unter 22 Euro abgabenfrei sind und auch keine Zollanmeldung abgegeben oder Verzollung durchgeführt werden muss.

    Für <a href="https://www.heute.at/s/was-bei-wish-und-co-jetzt-fuer-dich-teurer-wird-100093119">Paketsendungen</a> mit einem Warenwert bis 22 Euro war bis jetzt keine Vorlage und keine Erfassung durch den Zoll vorgesehen, das ändert sich.&nbsp;
    Für Paketsendungen mit einem Warenwert bis 22 Euro war bis jetzt keine Vorlage und keine Erfassung durch den Zoll vorgesehen, das ändert sich.
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    Teurer wird es also vor allem für günstige Bestellungen aus dem Ausland, im Fall der China-Kopfhörer werden dann statt 20 Euro bereits 29 Euro fällig – sofern die Verkäufer die gestiegenen Kosten an die Käufer weitergeben, wovon auszugehen ist.

    Eine Ausnahme gilt für Sendungen zwischen Privatpersonen, wenn es sich um kein Kaufgeschäft handelt und der Sachwert 150 Euro nicht überschreitet.

    Zum Beispiel, wenn Tante Mary aus den USA ihrer Nichte Petra in Wien zum Geburtstag einen Seidenschal im Wert von 130 Euro schickt, so das Ministerium. In diesem Fall fallen keine Zölle und keine Einfuhrumsatzsteuer an.

    Damit sich aber nicht große Online-Billiganbieter beim Versenden der Waren als "Tante Mary" ausgeben, beziehungsweise es zu "Umgehungsimporten" kommt, müssen Sendungen unabhängig vom Warenwert und auch bei Abgabenfreiheit für den Zoll angemeldet werden.

    "Diese Regelung gilt bereits jetzt für solche Sendungen mit einem Sachwert ab 22 bis 150 Euro und bleibt auch nach dem 30.6.2021 unverändert", so das Ministerium. Allerdings könnten auch diese Sendungen etwas teurer werden, denn es könnten dabei Manipulationsgebühren der Post oder der Expressdienste anfallen.

    So werden Verdachtsfälle geprüft

    "Die Post schreibt bei Sendungen mit verdächtig geringen Werten die Empfänger an und verlangt Nachweise für den tatsächlich bezahlten Preis", sagt das Ministerium zur Vorgangsweise, wenn der Verdacht auf "Unterfrankierung" vorliegt. Seit Jänner 2020 wurde demnach bei 22.000 Anschreiben in 86 Prozent der Fälle ein zu geringer Wert erklärt, drei Viertel der Fälle betraf Sendungen unter einem Sachwert von 22 Euro. Daraufhin sei eine Einfuhrumsatzsteuer von 378.286 Euro eingehoben worden. 

    "Bei der Analyse der falschen Wertangaben auf den Sendungen stechen einige wenige Versender hervor, die systematisch zu geringe Werte erklären", so das Ministerium. Darunter sei ein "chinesischer Versender" zu finden, der "fast immer nur die Hälfte des tatsächlichen Wertes" angebe. Ein weiterer chinesischer Versender gebe traditionell sogar nur 20 Prozent des tatsächlichen Werts an. "Bei den Versendern, die zu geringen Werte erklären, handelt sich zumeist um chinesische Versender, aber auch Sendungen aus anderen Ländern wie USA oder Israel", so das Ministerium. 

    Betroffen seien vor allem Sendungen mit Textilien, Mode und Accessoires, Technik sowie Elektronik. Schwerpunktkontrollen würden aber auch verbotene Waren wie Waffenteile, psychotrope Substanzen, illegale Arzneien und Nahrungsergänzungsmittel zutage fördern. Bei den Arzneien lägen Potenzmittel ganz vorne, Absender seien Privatpersonen in Indien oder in Singapur. Auch gefälschte Corona-Medikamente seien abgefangen worden. Gefälschte Markenprodukte würden dagegen verstärkt aus China, Hongkong und der Türkei kommen.

    Steuerentgang in Millionenhöhe

    "Wir sehen, dass auffallend viele Sendungen unter 22 Euro liegen oder als Geschenk mit geringem Wert deklariert werden. 2018 waren es schätzungsweise noch rund siebe Millionen solcher Sendungen während wir 2020 bei rund zehn Millionen liegen. Hier entgehen dem Staat Steuereinnahmen und unsere Händler haben einen massiven Wettbewerbsnachteil. Das werden wir nicht tolerieren und daher gehen wir mit Schwerpunktkontrollen beim Zoll gegen diese Praxis der Unterfakturierung vor", so Finanzminister Gernot Blümel zu den Schwerpunktkontrollen.

    Und: "Aufgrund der COVID-19-Pandemie hat die Kommission eine Verschiebung der Maßnahme um ein halbes Jahr vorgeschlagen. Zwar hätten wir uns eine möglichst rasche Umsetzung gewünscht, ein nationaler Alleingang macht jedoch keinen Sinn, da Pakete einfach über ein anderes EU-Land nach Österreich kommen würden. Bis die einheitliche europäische Regelung greift, werden wir mit Schwerpunktkontrollen beim Zoll für mehr Steuergerechtigkeit sorgen."

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