Ohrenschmalz ist ein natürliches Sekret im Gehörgang, das die Haut schützt, feucht hält und Schmutzpartikel, Bakterien und Wasser abfängt, um das Ohr zu reinigen und zu desinfizieren. Und zweitens kann es offenbar viel über unsere Gesundheit aussagen.
Meistens hat Ohrenschmalz eine orangefarbene Färbung – obwohl es technisch gesehen zunächst hellgelb ist und mit zunehmendem Alter dunkler wird, da es Schmutz und Bakterien ansammelt. So ziemlich jede Farbe zwischen dieser und einem bernsteinfarbenen Braun ist normal, aber es gibt einige Farben, die Alarmglocken läuten lassen sollten. "Man sollte einen Arzt aufsuchen, wenn sich das Ohrenschmalz grün verfärbt", rät die Cleveland Clinic. "Diese Farbe könnte auf eine Ohrenentzündung hindeuten." Ebenso sei schwarzes Ohrenschmalz "häufig bei Menschen mit einer Ohrenschmalzverstopfung zu beobachten", erklären sie. "Braunes Ohrenschmalz mit roten Streifen […] kann auf eine Verletzung im Gehörgang hindeuten", und "[wenn] man zusätzlich wässrigen Ausfluss hat, könnte dies bedeuten, dass das Trommelfell gerissen ist."
Nicht nur das Aussehen, auch sein Geruch liefert Informationen über den Gesundheitszustand. Zum Beispiel die Ahornsirup-Urinkrankheit – eine seltene Stoffwechselstörung, die angeboren ist und ohne Behandlung innerhalb weniger Monate tödlich endet. Dieser Stoffwechseldefekt führt zur Ansammlung bestimmter Abbauprodukte, die für einen süßlichen Geruch nach Ahornsirup im Ohrenschmalz und später im Urin verantwortlich sind.
Wenn das Ohrenschmalz eher moschusartig als süß riecht, gibt es einen anderen möglichen Übeltäter: die Parkinson-Krankheit. Anfang der 2010er-Jahre überraschte eine ehemalige Krankenschwester aus Großbritannien namens Joy Milne alle Experten, indem sie bewies, dass sie diese Krankheit am Geruch erkennen konnte. Nun haben Forscher der Zhejiang-Universität ein Screening-System entwickelt, das den Geruch von Ohrenschmalz analysiert: Der Hightech-Schnüffeltest "kategorisierte mit einer Genauigkeit von 94 Prozent Ohrenschmalzproben von Menschen mit und ohne [Parkinson-Krankheit]", gab das Team im Juni dieses Jahres bekannt.
Nicht nur das Blut, sondern auch das Ohrenschmalz ist für Untersuchungen geeignet. "Die Verbindungen im Blut sind in der Regel wasserlöslich, während Ohrenschmalz eine sehr fettreiche Substanz ist und Fette kein Wasser mögen", sagte Perdita Barran, Chemikerin und Professorin für Massenspektrometrie an der Universität Manchester, gegenüber BBC Future. "Wenn man also nur Blut untersucht, erhält man nur die Hälfte des Bildes. Lipide (...) sind diejenigen, die sich als Erstes wirklich verändern."
Unser Ohrenschmalz ist für Diagnosezwecke so nützlich, dass Forscher in einer Studie aus dem Jahr 2019 mit absoluter Genauigkeit feststellen konnten, welche von über 100 Ohrenschmalzproben von Krebspatienten und welche von gesunden Freiwilligen stammten.
Interessanterweise konnte nicht genau festgestellt werden, um welche Krebsart es sich handelte – nur, dass etwas nicht stimmte. Dies sei ein weiterer Hinweis auf die Rolle von Ohrenschmalz als Stoffwechselmarker, so Nelson Roberto Antoniosi Filho, Chemieprofessor an der Bundesuniversität Goiás in Brasilien und Mitglied des Forscherteams.
Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass man die Ohren mit Wattestäbchen putzen muss. Aber nein, muss man nicht! Denn die Ohren verfügen über einen Selbstreinigungsmechanismus. Für die normale alltägliche Säuberung der Ohren genügt es, die Ohrmuschel mit Wasser und Seife zu waschen. Wattestäbchen dürfen maximal zur Reinigung der äußeren Ohrmuschel verwendet werden, aber in den Ohren haben Wattestäbchen nichts zu suchen. Das kann zu Verletzungen wie Rissen des Trommelfells oder des Gehörgangs führen, was zu Schmerzen, Entzündungen, Hörminderung und sogar zu chronischen Problemen führen kann. Statt Ohrenschmalz zu entfernen, schieben Wattestäbchen es weiter in den Gehörgang, wo es eintrocknen und einen festen Pfropfen bilden kann. Dann muss das Ohr professionell beim HNO-Arzt gereinigt werden.