Es ist eine Nacht voller Kälte, Wind und Dunkelheit. Auf fast 3800 Metern Höhe kämpft eine 33-Jährige ums Überleben – vergeblich. Ihr Partner (36), ein erfahrener Bergsteiger, lässt sie in der Nacht vom 18. auf den 19. Januar in der Nähe des höchsten Gipfels Österreichs allein zurück, um "Hilfe zu holen". Stunden später finden Retter die Frau tot. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung, berichtet "Focus".
Eine Webcam auf der Erzherzog-Johann-Hütte dokumentierte in jener Nacht Lichtspuren am Stüdlgrat, wie "Focus" berichtet. Ermittler gehen davon aus, dass es sich um die Stirnlampen des Paars handelt. Die 33-Jährige starb nur 50 Meter unterhalb des Gipfels, bei minus neun Grad und starkem Wind.
Der 36-jährige Begleiter gab laut Polizei an, seine Partnerin habe vor Erschöpfung nicht mehr weitergekonnt. Er sei abgestiegen, um "Hilfe zu holen". Die Ermittler fragen laut "Focus", warum der Mann keinen Notruf abgesetzt habe, obwohl es am Gipfel Handy-Empfang gebe. Auch der Helikopter der Bergrettung, der das Paar um 22.30 Uhr mit einer Infrarotkamera ortete, habe keine Zeichen einer Notlage erhalten.
In ihrem Rucksack fanden die Ermittler einen unbenutzten Biwaksack. Der Mann habe bislang zu den Vorwürfen geschwiegen. Sein Anwalt habe mitgeteilt, dass ihm "die Sache unendlich leidtue". Eine Stellungnahme zu den Ermittlungen solle später folgen.
Ein erfahrener Bergführer erklärte, das Zurücklassen der Frau sei "im Grunde ihr Todesurteil" gewesen. Er kritisierte, dass der Mann sie nicht geschützt oder mit seiner Körperwärme gewärmt habe.
Der Experte bemängelt zudem, dass die beiden den Einstieg zum Stüdlgrat viel zu spät erreicht hätten. Nach Angaben des Bergführers hätten sie dort erst um 13.30 Uhr gestanden – viel zu spät für einen sicheren Auf- und Abstieg.
Auch der Alleinabstieg des Mannes über die gefährliche Glocknerscharte wirft Fragen auf, so der "Focus" weiter. Der Bergführer habe betont, dass es dort rund zehn ungesicherte Passagen gebe, an denen er leicht hätte abstürzen können. Die Ermittler hätten laut Staatsanwaltschaft verschiedene Beweise gesichert, darunter Videos anderer Bergsteiger, Aufnahmen vom Rettungshelikoptern, Webcams sowie Daten der Handys und Sportuhren des Paares. Sportuhren könnten weitere Hinweise auf den Ablauf liefern.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass die Frau nach bisherigen Erkenntnissen noch lebte, als der Mann sie allein zurückließ. Er bestätigte ebenfalls, dass es am Gipfel Handy-Empfang gebe. Die Ermittlungen dauern an.