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Westermann: "Es gibt halt immer ein paar Idioten"

Heute Redaktion
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Der Neo-Austrianer Heiko Westermann im "Heute"-Talk": Wie ihn das tragische Schicksal seines Ex-Ajax-Kollegen Nouri berührt und ihm Rapid (noch) egal ist.

Heute: Herr Westermann, haben Sie schon einmal vom Schnabelholz-Stadion, beziehungsweise von der Cashpoint-Arena gehört?

Heiko Westermann: "Nein, das ist mir kein Begriff. Aber wenn Sie mich so fragen: Ist das leicht der Heimplatz von Altach, wo wir am Sonntag in die Meisterschaft starten?"

Ja, das ist richtig. Sie haben in Ihrer Karriere in den größten Fußballstadien Europas gespielt – mit der Austria mussten Sie im Cup in der ersten Runde bei Ebreichsdorf ran. Jetzt lockt Altach. Ein Kulturschock?

"Nein, gar nicht. In Ebreichsdorf war Pokal, der Platz war halt schlecht. Wir wussten, dass es schwer wird – aber nicht so schwer. Der Rasen war hoch und trocken, dadurch konnten wir unsere technische Überlegenheit nicht ausspielen. Aber wir sind eine Runde weiter und das zählt."

Sie haben mehr als 300 Spiele in der deutschen Bundesliga auf dem Buckel, haben zuletzt für Betis Sevilla und Ajax Amsterdam gespielt. Sie sind also herumgekommen – welchen Eindruck haben Sie in der kurzen Zeit von der Austria gewonnen?

"Wir haben eine sehr junge Truppe mit vielen guten Talenten. Die ersten Eindrücke stimmen mich sehr positiv, wir werden eine schlagkräftige Elf zusammenkriegen. Und mit der werden wir dann auch ein paar Spiele gewinnen."

Warum haben Sie sich für die Austria entschieden?

„Zum einen sicher wegen Trainer Thorsten Fink. Wir haben bereits in Hamburg zusammengearbeitet, er ist ein toller Trainer und wir pflegen ein gutes Verhältnis. Zum anderen wollte ich einfach wieder möglichst viel Fußball spielen – und das kann ich jetzt bei einem Traditionsverein wie der Austria machen. Das familiäre Umfeld hier hat es mir sofort angetan, alles ist im Vergleich zu meinen vorherigen Stationen etwas kleiner, die Leute hier sind sehr hilfsbereit."

Welche Rolle sollen Sie jetzt einnehmen?

"Ich bringe mit Sicherheit Erfahrung ein. Und die ist zum Beispiel in der Europa League, für die wir uns unbedingt qualifizieren wollen, nicht von Nachteil. Und ich werde versuchen, viel mit meinen Mitspielern zu reden und sie so zu führen."

Bei Ajax Amsterdam hatten Sie zuletzt keinen leichten Stand. Sie kamen in einem Jahr nur auf vier Liga-Einsätze, zudem geisterte ein Video mit Ihren Fehlern auf dem Rasen durch Youtube…

"Die Kritik kam aber nicht von Ajax-Fans. Ich habe jedes Pflichtspiel gewonnen, das ich absolviert habe. Das wussten die Leute schon zu schätzen. Aber was soll ich zu dem Video sagen? Es gibt halt immer ein paar Idioten, die irgendwas ins Netz stellen. So ist es halt. Wir leben in einer Mediengesellschaft, da gehören solche Dinge auch mit dazu."



Eine sehr abgebrühte Antwort. Haben Sie die letzten beiden Jahre in Hamburg, als der Klub in die Relegation musste und sie oftmals als Sündenbock herhalten mussten, so „hart" gemacht?

"Das war schon eine harte Zeit, aber jetzt sehe ich es gelassen. Ich habe damals viel gelernt für mich selbst, für den Kopf ist so eine Situation nicht einfach. Aber heute kann ich sagen, dass es mich stärker gemacht hat."

Zu ihrem Ajax-Abschied gibt es eine nette Episode: Die Oma des 17-jährigen Jungstars Matthijs de Ligt hat sich bei Ihnen auf Facebook bedankt, dass sie ihren Enkel so „super begleitet" haben und dass sie ihn "nach Hause brachten, wenn es wieder spät wurde". Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie das Posting gelesen haben?

"Das war natürlich super nett. Ich habe mit de Ligt viel Zeit verbracht. Er war sehr lernfreudig, es war leicht und toll mit ihm zusammenzuarbeiten. Wenn dann so ein Lob von seiner Großmutter kommt, freut einen das riesig."



Fürchterlich ist hingegen die Geschichte ihres ehemaligen Ajax-Kollegen Abdelhak Nouri, der nach einem Zusammenbruch in einem Test schwere Hirnschäden erlitten hat. Wie sehr hat Sie sein Schicksal berührt?



"Ich war zwei, drei Tage mal so richtig platt. Seine Geschichte zeigt auf tragische Art und Weise, wie schnell ein Leben vorbei sein kann. Das zeigt, dass es viel wichtigere Dinge als Fußball gibt. Ich bin noch in Kontakt mit einigen Ex-Kollegen von Ajax, die sind alle noch geschockt. Die meisten von den Jungs wachsen ja gemeinsam im Internat auf, da ist eine enorme Bindung vorhanden"

Wenn ich Sie nach ihren Karriere-Highlights frage – was kommt Ihnen spontan in den Sinn?

"Das Viertelfinale mit Schalke in der Champions League gegen den FC Barcelona 2008 – so etwas vergisst man nicht. Oder das Sevilla-Derby Betis gegen den FC. Wahnsinn, was sich da abgespielt hat. Was die Fans da veranstaltet haben, war längst nicht mehr legal. Schalke gegen Dortmund war natürlich auch nicht von schlechten Eltern."

Hier in Österreich überschattet das Wiener Derby alles. In der dritten Runde ist es bereits so weit…

"Ich weiß. Aber das ist mir im Moment noch zu weit weg. Jetzt wollen wir erfolgreich in die Liga starten und uns für die Europa-League-Gruppenphase qualifizieren. Und dann kommt erst Rapid an die Reihe."

(AK)