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Wieso der Block West plötzlich leer war

Heute Redaktion
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Bild: Leserreporter Michael H.

Wieder einmal brennt in Hütteldorf der Hut. Und jetzt kann sich Rapid nicht einmal mehr auf seine treuesten Fans verlassen. Diese verabschiedeten sich in der 61. Minute mit einem lauten "Auf Wiedersehen" von der West- und Osttribüne. Erfahren Sie, wie es soweit kommen konnte und wieso der Vorstand nun mehr denn je unter Druck steht.

Wieder einmal brennt in Hütteldorf der Hut. Und jetzt kann sich Rapid nicht einmal mehr auf seine treuesten Fans verlassen. Diese verabschiedeten sich in der 61. Minute mit einem lauten "Auf Wiedersehen" von der West- und Osttribüne. Erfahren Sie, wie es soweit kommen konnte und wieso der Vorstand nun mehr denn je unter Druck steht.

Als Christian Falk in der 48. Minute das 2:0 für die Kärntner erzielte () kippte die Stimmung im Block West endgültig. Doch was angesichts Tabellenplatz drei unangemessen scheint, ist nur eine Fortsetzung der Probleme, die sich seit der Trainer-Ära von Peter Pacult angehäuft haben. Leistungsträger (Jelavic, Korkmaz, Hoffer, Boskovic,...) wurden scharenweise verkauft und nicht adäquat nachbesetzt.

Platzsturm hat Probleme kaschiert

Die sportliche Talfahrt setzte nach der Vizemeisterschaft 2009 ein. Die Fans zeigten sich lange geduldig bis die Rufe "Rapid braucht Veränderung" immer lauter wurden. Die Situation eskalierte mit dem Platzsturm am 22. Mai 2011. Und dieser hat der Führungsetage im Nachhinein mehr geholfen als geschadet. Plötzlich standen nicht mehr das Sportliche und die internen Probleme im Vordergrund, sondern die Chaoten.

Deshalb war der Fan-Boykott gegen den WAC aus "politischer" Sicht wohl der richtige Schritt, um der Forderung nach Veränderung Nachdruck zu verleihen. Die Fans spüren seit Wochen, dass sich der Rekordmeister in einer Abwärtsspirale befindet. Sechs Niederlagen in den letzten zehn Spielen, schlechtestes Team der Europa League (als einzige Mannschaft ohne Punkt).

Kaderdichte fehlt

"Wir werden jetzt die Situation analysieren und innerhalb der nächsten Tage dementsprechende Entscheidungen treffen", so Rapid-Boss Rudolf Edlinger. Diesmal wird es wohl nicht reichen, nur Trainer Peter Schöttel zu hinterfragen. Der musste aufgrund von Verletzungen (Hofmann, Alar, Drazan, Kulovits,...) und Formkrisen (Boyd, Prager,...) gegen den WAC eine "Boy-Group" auflaufen lassen (nur vier Spieler in der Startelf waren 25 Jahre oder älter).

Doch wieso diese blutjunge Truppe überhaupt spielen musste, ist den Fans nicht klar. "Wo ist das Geld hin, das mit den ganzen Transfers in den letzten Jahren eingenommen wurde?", ist eine immer wiederkehrende Frage am Block West. Wie sehr es Rapid an Kaderdichte fehlt, wird klar, wenn der 18-jährige Dominik Wydra aus dem sprichwörtlichen Hut gezaubert werden muss, dem man dann auch noch in seinen ersten Matches die Last auflegt, Hofmann in einem nicht eingespielten Team zu ersetzen.

Wutfans werden immer mehr

Als die blutleere Darbietung vom WAC auch noch abgestraft wurde, kippte die Stimmung endgültig. Waren es in der Vergangenheit nur einige Hundert, schreiten am Sonntag bereits Tausende: "Vorstand raus!" Pfiffe hallten unentwegt durch das "St. Hanappi". Die Unruhe übertrug sich zusehens auf die Mannschaft, die Fehler häuften sich und gleichzeitig wuchs der Unmut auf den Tribünen.

Kurz nach dem 0:2 fassten die "Ultras" die Entscheidung, in der 61. Minute aus Protest die Tribüne zu räumen. Dem Boykott schlossen sich bis auf einzelne "Streikbrecher" fast die gesamte West- und Osttribüne an. Dass die Aktion von den übrigen Fans auch noch beklatscht und auf der Nord- und Südtribüne Nachahmer fand, offenbarte die Unzufriedenheit.

Wenig Spielraum für Vorstand

Die Anhänger fühlen sich hingehalten. Sie wollen wissen, wieso die Kaderplanung so schlecht gelaufen ist, was mit dem Geld aus den großen Transfers geschehen ist und mehr Transparenz. Wer die Fanszene in Hütteldorf kennt, weiß, dass in den kommenden Wochen wohl weitere Proteste folgen werden. 

Eine Reaktion des Vorstands könnte wie in den letzten Monaten und Jahren wieder einmal sein, dass man den Wutfans Häppchen (Trainerwechsel?) hinwirft, die sie einige Zeit beschäftigt. Doch gibt es im Moment nichts dergleichen. Die Stadionproblematik ist festgefahren, am Kader kann man erst im Winter feilen und die Fans verhalten sich friedlich - als unmittelbare Aktion bleibt somit kaum Spielraum, außer bei Personalentscheidungungen in der Führungsetage.