Am Freitagabend hielt die FPÖ am Wiener Stephansplatz ihre Wahlkampfschlussveranstaltung ab. Parteichef Herbert Kickl rechnete dabei ein letztes Mal auf großer Bühne mit seinen politischen Konkurrenten ab. Einer der Einpeitscher, die vor ihm am Rednerpult die Stimmung anheizen durften, war der Nationalratsabgeordnete und Wiener Landeslisten-Erste Harald Stefan.
Dieser hatte offenbar wenige Stunden zuvor noch einen anderen Termin, der jetzt für Schlagzeilen sorgt. Stefan hatte sich am Freitag zusammen mit den FPÖ-Politikern Norbert Nemeth (Klubdirektor im Parlament, Platz 9 auf FP-Bundesliste) und Martin Graf (Nationalrat, FP-Wissenschaftssprecher) an der Trauerfeier für den verstorbenen Freiheitlichen-Bezirksrat Walter Sucher in Wien-Hernals beteiligt.
Auch Heinz-Christian Straches Ex-Intimus Johann Gudenus war mit von der Partie. Dazu gesellten sich Identitäre und Burschenschafter der deutschnationalen "Olympia", die ebenfalls von ihrem "Alten Herren" Abschied nahmen.
Aufnahmen des Begräbnisses, die dem "Standard" zugespielt wurden, sorgen nun für Aufregung. Darauf ist zu hören, dass am offenen Grab auch die SS-Hymne "Wenn alle untreu werden" gesungen wurde.
Ob auch die drei FPÖ-Funktionäre mit eingestimmt hatten, ist darauf nicht zu erkennen. Das SS-Lied veranlasste sie jedoch auch nicht, die Abschiedsfeier früher zu verlassen.
In der FPÖ zeigte man sich auf Anfrage der Austria Presse Agentur empört über die Videoaufnahmen von der Verabschiedung. "Das Begräbnis einer Privatperson, auf dessen Planung und Gestaltung die FPÖ keinerlei Einfluss hatte, nun politisch missbrauchen zu wollen, ist pietätlos und schäbig."
Die Szenen im Video:
Wie Extremismusforscher Bernhard Weidinger gegenüber der Zeitung erklärt, stamme das Lied aus dem frühen 19. Jahrhundert. Es wurde später von der nationalsozialistischen Schutzstaffel als "Treue-" beziehungsweise "Staffellied" mit leicht geändertem Text übernommen.
Unter anderem wird darin dann das "heil’ge deutsche Reich" besungen – und genau diese SS-Version wurde demnach am Freitag angestimmt.
Aus Sicht von Rechtsextremismusexperten könne das Absingen dieser Strophe sogar gegen das Verbotsgesetz verstoßen. Sogar die Ursprungsversion von Max von Schenkendorf aus dem Jahr 1814 sei "historisch nicht unbelastet", wie Andreas Peham gegenüber dem "Standard" erklärt. Dieses Lied war dem bekennenden Antisemiten Friedrich Ludwig Jahn gewidmet worden.
Nach den heutigen Enthüllungen um FPÖ-Spitzenfunktionäre haben die Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) Anzeige gegen Martin Graf, Harald Stefan, Norbert Nemeth, Johann Gudenus und einen bekannten Identitären erstattet.
"Da es sich beim Singen des SS-Liedes um einen juristischen Lehrbuchfall der Wiederbetätigung handelt, ist mit Verurteilungen der FPÖ-Politiker zu rechnen", so die JöH in einer Pressemitteilung. Die Wiener Landesgruppe der Blauen wollte auf "Heute"-Anfrage keine Stellungnahme abgeben.