Alles zum großen Skandal

WM-Betrug! Können ÖSV-Adler jetzt Gold erben?

Der Skandal um regelwidrige Anzüge der norwegischen Springer macht die Nordische WM in Trondheim zur Farce. Was man bisher weiß und wie es weitergeht.
Sport Heute
09.03.2025, 12:35

Was ist passiert?

Nach dem Skisprung-Wettkampf von der Großschanze bei der WM im norwegischen Trondheim wurden drei Norweger disqualifiziert, darunter der zweitplatzierte Marius Lindvik und der fünftplatzierte Johann Andre Forfang. Der Weltverband FIS kam nach einer Kontrolle zu dem Ergebnis, dass die Anzüge der Norweger manipuliert worden waren.

Wie soll manipuliert worden sein?

Nach ersten Erkenntnissen sollen die Norweger den Stoff der beim Weltverband FIS für den Wettkampf angemeldeten und mit dem seit dieser Saison obligatorischen Chip der FIS versehenen Anzüge großflächig aufgetrennt und bearbeitet haben. Dies ist generell nicht verboten, da die Anzüge kurzfristig auf die "Tagesgröße" der Springer angepasst werden, wie FIS-Kontrollchef Christian Kathol erläuterte. Die Norweger sollen aber die innen liegenden Nähte mit festem Material verstärkt haben, was die Steifheit der Anzüge und damit die Flugfähigkeit erhöht, was zu einem Vorteil führt und damit klar verboten ist. Polens Cheftrainer Thomas Thurnbichler sprach von einer Art Technik-Doping.

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Welche Rolle spielten mehrere Videos?

Kurz vor dem Springen waren wohl zunächst von polnischen Medien verbreitete Handy-Videos aufgetaucht, die offenbar durch abgeklebte Fenster eines Hotelzimmers aufgenommen wurden. Auf diesen war anscheinend zu sehen, wie Mitarbeiter des norwegischen Teams in Anwesenheit von Cheftrainer Magnus Brevig gechipte Anzüge mit WM-Logo per Nähmaschine bearbeiteten. Aufgenommen worden seien diese am Abend vor dem Wettkampf. Diese Videos gelangten auch in die Führungsebene der mit Norwegen konkurrierenden Mannschaften, gleichfalls an das deutsche Team. Vor dem Wettkampf legten Polen, Österreich und Slowenien Protest ein und wollten damit unter anderem ein Startverbot der Norweger erwirken, diesen lehnte die FIS aber ab.

Wie reagierten die Norweger?

Konfus. Zunächst behaupteten sie, dass es sich nicht um WM-Anzüge sondern um solche handele, die bereits für den kommenden Weltcup in Oslo präpariert wurden, was nicht nur der deutsche Sportdirektor Horst Hüttel als Unsinn abtat. Nach dem Springen räumten die Norweger zwar ein, dass ihre Anzüge nicht regelkonform gewesen seien, wiesen aber jede Form von vorsätzlichem Regelbruch von sich. "Es hat sich nicht um Manipulation des Anzugs gehandelt. Das ist kein Betrug, das ist kein Doping", sagte Norwegens Sportdirektor Jan Erik Aalbu.

Erben ÖSV-Adler Gold?

In dem Protest, den die Österreicher, Slowenen und Polen eingereicht hatten, war die Forderung formuliert, dass alle norwegischen Ergebnisse im Skispringen und der Kombination komplett annulliert werden sollen. Ob es zur nachträglichen Streichung von Ergebnissen kommt, ist nach jetzigem Stand eher unwahrscheinlich, da es kaum nachweisbar ist, dass Norwegens Anzüge bei früheren Erfolgen in Trondheim manipuliert worden waren.

Lindviks Anzug wurde nach seinem Titelgewinn nicht beanstandet. Sollte Norwegen bewusste Manipulation nachgewiesen werden, sind persönliche wie kollektive Strafen aber durchaus möglich.

Lindvik holte neben Gold auf der kleinen Schanze auch den Mixed-Titel, das Frauen-Team holte vor Österreich Gold. Ob die Norweger nun rückwirkend bei sämtlichen Skisprung-Bewerben aus der Wertung genommen werden, ist offen, aber eher unwahrscheinlich.

Sandro Pertile, als Nachfolger des legendären Walter Hofer Renndirektor des Weltverbandes, teilte mit: "Wir sind schockiert, mit so etwas haben wir nicht gerechnet." Er stellte eine gründliche Untersuchung der Vorfälle in Aussicht. "Ich glaube im Prinzip nicht", sagte Pertile auf die Frage, ob es noch zu Änderungen kommen könnte. "Wir haben ein System. Wenn die Kontrolle fertig ist, ist der Wettkampf fertig."

Thema wird aktuell bleiben: Bereits ab Mittwoch macht der Weltcup in Oslo Station. Der Imageschaden für das Skispringen ist zumindest jetzt schon gewaltig.

Das sagen die Trainer

"Das hat jetzt ein bisserl einen faden Beigeschmack", sagte ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl nach dem letzten Bewerb der ÖSV-Adler. Thomas Thurnbichler, Cheftrainer der Polen, war ebenfalls verärgert: "Es ist für mich eine Verarschung. Es ist eine klare Manipulation und klarer Sportbetrug, ähnlich wie Doping. Es tut mir echt leid um ein paar Leute, die hier vielleicht eine Medaille gewonnen hätten, wenn diese Kontrollen früher passiert wären."

Offiziell wurden die Norweger wegen eines regelwidrigen Anzugs disqualifiziert, Widhölzl gab genauere Einblicke: "Sie haben anscheinend vom Knie weg bis zum Schritt rauf auf der Innenseite ein steifes Band eingenäht. Das bewirkt, dass es steifer wird und dass du, wenn du die Füße auseinanderziehst, den Schritt runterziehst", sagte er. "Es ist ähnlich wie bei einem Wingsuit", ergänzte Thurnbichler.

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