Niederösterreich

Wohnen unleistbar! Immer mehr Menschen in NÖ verarmen

Wohnen ist für viele Menschen kaum noch finanzierbar. Einige verzagte Niederösterreicher wenden sich ans nö. Armutsnetzwerk.

Erich Wessely
Strompreise und Netzentgelte steigen stark an. (Symbolbild)
Strompreise und Netzentgelte steigen stark an. (Symbolbild)
Weingartner-Foto / picturedesk.com

Für einen Großteil der Menschen, die sich an die Sozialberatung wenden, reicht das Einkommen schlichtweg nicht mehr aus, um die Fixkosten zu decken. "Es melden sich Menschen, deren Gasrechnungen plötzlich auf 430 Euro monatlich gestiegen sind oder die eine Jahresabrechnung mit einer Nachzahlung von bis zu 3.000 Euro bekommen haben. Viele dieser Personen haben ein geringes Einkommen und können sich eine zusätzliche Ratenzahlung von 500 Euro nicht leisten", heißt es seitens des nö. Armutsnetzwerkes.

Wohnen und Energie nicht leistbar

Dass sich bereits vor dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise Menschen kaum mehr das Leben leisten konnten, zeigt auch folgende Zahl: Über 1.700 Personen haben sich in Niederösterreich im Jahr 2021 an die Caritas-Sozialberatungsstelle gewandt und um Unterstützung gebeten. Die zwei Hauptgründe: Wohnen und Energie.

Der Fall einer 54-Jährigen, die 80 % ihres Einkommens für Wohnen und Energie ausgeben muss, ist nur ein trauriges Beispiel in NÖ - mehr dazu hier.

Für viele Menschen werden auch die weiter steigenden Energiepreise in den kommenden Monaten eine noch zusätzliche Belastung darstellen, ein erstes Infoschreiben der EVN über "Anpassungen" ging bereits an Haushalte in NÖ - mehr dazu hier.

Stark von Teuerung betroffen: Gabriela Z. - <a href="https://www.heute.at/s/dreifache-mutter-kann-sich-leben-kaum-mehr-leisten-100218117">mehr zu ihrer Geschichte hier</a>.
Stark von Teuerung betroffen: Gabriela Z. - mehr zu ihrer Geschichte hier.
iStock, RK NÖ/F. Schodritz

In Niederösterreich schnürte man daher ein Entlastungspaket, fünf Punkte sollen treffsicher den Menschen in der Teuerungswelle helfen - mehr dazu hier.

Strompreisrabatt soll helfen

Das höchste Fördervolumen für die Haushalte, konkret 250 Millionen Euro, entfällt dabei auf den Strompreisrabatt von elf Cent pro Kilowattstunde gedeckelt mit 80 Prozent des durchschnittlichen Haushaltsverbrauches. Im Rahmen des Heizkostenzuschusses sind insgesamt 26,4 Millionen Euro reserviert: Sozial Bedürftige sowie Sozialhilfeempfänger erhalten neben dem Zuschuss eine Sonderförderung für die Periode 2022/23 von 150 Euro, also in Summe 300 Euro und damit doppelt so viel wie bisher. Das betrifft den Angaben zufolge 82.000 Anspruchsberechtigte und 6.000 Sozialhilfebezieher.

Zusätzlich werden 20 Millionen Euro in das Schulstartgeld investiert, das bereits in der jüngsten Landtagssitzung am 7. Juli beschlossen wurde: Kinder und Jugendliche, die eine Schule besuchen oder eine Lehre machen, erhalten 100 Euro. 14,6 Millionen Euro sind weiters für die Erhöhung der Einkommensgrenzen bei Wohnbeihilfe und -zuschuss vorgesehen. Das Volumen für die Pendlerhilfe wird um eine Million auf insgesamt 2,5 Millionen Euro nach oben gesetzt. Hier werden die Einkommensgrenzen um bis zu rund 20 Prozent erhöht. Bis Ende Oktober sind Ansuchen für 2021 möglich, bereits bewilligte Anträge werden automatisch verdoppelt.

Die für Niederösterreich präsentierten Hilfen könnten laut Klaus Schwertner, geschäftsführender Caritasdirektor der Erzdiözese Wien, als Modell fungieren: "Es wird aber neben befristen Maßnahmen und Einmalzahlungen auch etwa eine Reform der Sozialhilfe brauchen wieder hin zu einer echten Mindestsicherung."

Niederösterreichisches Armutsnetzwerk
Das NÖ Armutsnetzwerk versteht sich als regionales Netzwerk. Es steht in Verbindung mit der „Österreichischen Armutskonferenz“ und mit anderen regionalen und überregionalen Netzwerken. Das NÖ Armutsnetzwerk thematisiert soziale, politische und kulturelle Probleme von Menschen bzw. gesellschaftlichen Gruppen, welche von Armut betroffen oder bedroht sind, ein Grundsatz dabei ist die Einbeziehung von Betroffenen. Das NÖ Armutsnetzwerk sieht es als seine Aufgabe die oben genannten Problemlagen und deren zugrunde liegende Strukturen zu analysieren, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, zielführende Forderungen konstruktiv einzubringen und mit Nachdruck zu vertreten. Das NÖ Armutsnetzwerk versteht sich als unabhängig, überparteilich und überkonfessionell.

Die Zahl jener, die sich an die Caritas-Sozialberatung wenden, weil sie ihre laufenden Energiekosten nicht mehr decken können, nimmt zu. Ebenso die Zahl jener, die auf die Versorgung durch die Ausgabestellen der "Team Österreich Tafel" des Roten Kreuzes angewiesen sind.

Reform der Sozialhilfe gefordert

Das Armutsnetzwerk NÖ sieht es als wichtige Aufgabe aufzuzeigen, was viele Menschen in Niederösterreich beschäftigt und belastet und gleichzeitig Schritte vorzustellen, die es braucht, um Zusammenhalt auch in schwierigen Zeiten zu fördern und Menschen nicht nur, aber auch in Krisenzeiten abzusichern. Eine Forderung auch seitens des Armutsnetzwerkes NÖ: Eine Reform der Sozialhilfe.

Statt wie früher in der Mindestsicherung, Mindestbeträge festzusetzen, seien den Ländern durch Maximalrichtsätze die Hände gebunden. Gerade bei den Kinderrichtsätzen seien die Auswirkungen "fatal, von allen Armutsgefährdeten sind 23 Prozent Kinder und 47 Prozent alleinerziehend. Umso wichtiger wäre es daher, dass der Alleinerzieher*innenzuschlag nicht wegfällt, sobald eines der Kinder das 18. Lebensjahr überschreitet. In der Praxis bedeutet das: Eine Mutter mit Kindern im Alter von 4, 7 und 18 gilt laut der Regelung nicht als alleinerziehend und erhält keinen Zuschlag. Dasselbe gilt für die Anrechnung von Wohnbeihilfe", heißt es seitens des Armutsnetzwerkes.

"Armut viel zu selten öffentlich diskutiert"

In Niederösterreich leben rund 1,7 Millionen Menschen, 12 Prozent davon sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Besonders betroffen sind ältere Menschen, alleinerziehende Frauen sowie Familien mit mehr als drei Kindern. Und es wird noch teurer für die Menschen.

„Armut ist ein Thema, das viel zu selten öffentlich diskutiert wird. Deshalb braucht es mehr Menschen, die sich solidarisch und engagiert einsetzen und das Thema nach außen tragen“, betont auch Hannes Buxbaum, Landesdirektor Gesundheits- und Soziale Dienste, Rotes Kreuz Niederösterreich.

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