Klimaschutz

WWF warnt: Wer Straßen baut, wird Zersiedelung ernten

NGO fordert anlässlich des Weltbodentages weitere Maßnahmen zum Stopp des Flächenfraßes. Bodenverlust treibt Artensterben und Klimakrise voran.

Lydia Matzka-Saboi
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Umweltschutzorganisationen weisen darauf hin, dass neue Autobahnen und Schnellstraßen nicht nur mehr Verkehr anziehen, sondern zusätzlich die Zersiedelung befeuern.
Umweltschutzorganisationen weisen darauf hin, dass neue Autobahnen und Schnellstraßen nicht nur mehr Verkehr anziehen, sondern zusätzlich die Zersiedelung befeuern.
© Christoph Wisser

Anlässlich des Weltbodentages am Sonntag macht der WWF Österreich auf das enorme Ausmaß an Bodenversiegelung durch den Straßenbau aufmerksam. "Straßen gehören zu den größten Bodenfressern überhaupt", sagt WWF-Expertin Maria Schachinger.

Allein durch die Wiener Außenring-Schnellstraße, die den Lobau-Tunnel miteinschließt, würden 156 Hektar Grünraum für immer verloren gehen. Schachinger: "Das entspricht mehr als dem durchschnittlichen jährlichen Bodenverbrauch des Bundeslandes Salzburg."

Die Naturschutzorganistion bewertete die Absage mehrerer großer Straßenbauprojekte durch Umweltministerin Leonore Gewessler als "Meilenstein für die Klima- und Bodenpolitik". Der WWF forderte daher die Erweiterung des Klima- und Bodenchecks auf weitere Großbauprojekte, einen massiven Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und Radwege sowie eine verbindliche Obergrenze für den Bodenverbrauch von maximal einem Hektar pro Tag.

Land der Straßen – Flächenverbrauch enorm

Das österreichische Straßennetz habe bereits jetzt eine Gesamtlänge von 127.000 Kilometern – es könnte die Erde dreimal am Äquator umspannen. Wissenschaftlich sei längst erwiesen, dass neue Autobahnen und Schnellstraßen nicht nur mehr Verkehr anziehen, sondern zusätzlich die Zersiedelung befeuern.

"Neue Straßen machen das Abwandern in entlegene Regionen attraktiver. Sie steigern die Nachfrage nach neuen Gewerbeparks, Parkplätzen und Supermärkten auf der grünen Wiese – die ihrerseits wieder neue Straßen erfordern", analysiert Maria Schachinger. Das politische Versprechen von der Verkehrsentlastung gehöre daher ins "Reich der Märchen."

Insgesamt verbrauchte Österreich laut WWF im Schnitt der letzten drei Jahre 11,5 Hektar Boden pro Tag. Das liegt um mehr als das Vierfache über dem Nachhaltigkeitsziel des Bundes von 2,5 Hektar.

Bessere Raumplanung gegen Zersiedelung

Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verbrauche der Verkehr hierzulande 2.080 Quadratkilometer und damit etwa die fünffache Fläche Wiens. Eine Versiegelungsabgabe könne das Zubetonieren teurer werden lassen. Auch eine gemeindeübergreifende Raumplanung könne weitere Zersiedelung verhindern. Weiters schlägt der VCÖ den Rückbau von Straßen vor, damit das Ausmaß der Bodenversiegelung zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht werden kann. Das Potenzial sei enorm.

Ein positives Beispiel für den Rückbau von Straßen sei die B83 beim Kärntner Arnoldstein, die von neun auf 7,5 Meter verschmälert wurde. An der B11 in Niederösterreich und der B189 in Tirol wurden ähnliche Projekte umgesetzt. "Auf allen drei Straßen wurde ein Sicherheitsstreifen abgefräst und begrünt, der verbleibende Asphaltstreifen ist nun jeweils ein Radweg", sagte VCÖ-Experte Michael Schwendinger, der darin eine ressourcensparende Methode sieht, um Infrastruktur für Gehen und Radfahren zu verbessern.

Der Flächenfraß habe "jedes naturverträgliche Maß überschritten", sagt WWF-Expertin Schachinger. "Er treibt das Artensterben und die Klimakrise voran und gefährdet die Gesundheit und Lebensgrundlage der Menschen. Ohne eine neue Mobilitätspolitik wird Österreich daher weder seine Klimaziele noch die Bodenschutz-Ziele erreichen." Neben dem Stopp neuer Schnellstraßen und Autobahnen fordert der WWF einen übergeordneten Bodenschutz-Vertrag von Bund, Ländern und Gemeinden zur verbindlichen Beschränkung des Bodenverbrauchs.