Erst vor wenigen Tagen wurde das neue Xiaomi 15 Ultra in China vorgestellt – und schon ist es in Österreich erhältlich. Offiziell präsentiert wurde das Flaggschiff am Sonntag in Barcelona. "Heute" war nicht nur beim Launch live vor Ort, sondern konnte das 1.500-Euro-Gerät auch bereits einem ausführlichen Test unterziehen.
Die Größe des Geräts ist im Vergleich zum Vorgänger beinahe gleich geblieben (0,15 mm dicker und 10 g schwerer ist es). Mitgeliefert wird ein USB-A auf USB-C Kabel und eine transparente Hülle, aber – wie mittlerweile üblich – kein Netzteil mehr. Ins Auge fällt freilich sofort das riesige Kamera-Modul, auf dem ein Leica-Logo prangt. Nicht nur daran erkennt man, welche Zielgruppe das Handy ansprechen soll: Eine der drei verfügbaren Farben ist teils schwarz und teils silber – angelehnt an legendäre Kameras wie die Leica-M-Serie.
Das große Kamera-Modul stört im Alltag weniger als erwartet. Wie der Zoom-Ring einer echten Kamera ist es geriffelt und fungiert nebenher als Stütze für den Zeigefinger, wodurch das Handy sicher in der Hand liegt. Von den Maßen her passt es problemlos in alle Hosentaschen, immerhin ist es auch kompakter als die aktuelle iPhone-Pro-Reihe. Wasser- und Staubdichtheit gehören sowieso dazu.
Mit 6,73 Zoll, einer Auflösung von 3.200 x 1.440 Pixeln und einer Bildwiederholrate von 1 bis 120 Hertz gleicht das brillante AMOLED-Display grundsätzlich jenem des Vorgängers, wobei die maximale Helligkeit von 3.000 auf 3.200 verbessert wurde. Fehlte beim 14 Ultra noch die eSIM-Funktion, wurde diese nun endlich nachgerüstet. Und: Der Bluetooth-Standard wurde von 5.4 auf 6.0 geupgraded. Entsperrt wird es wieder per Gesichtserkennung oder Fingerabdrucksensor, der sich im Display befindet – was gewohnt zuverlässig funktioniert. Der Akku wurde mit nunmehr 5.410 mAh fast zehn Prozent größer und hält auch lange durch.
Beim neuen Chip handelt es sich um einen Snapdragon 8 Elite, der auch beim Samsung S25 zum Einsatz kommt, hinzu kommen 16 GB Arbeitsspeicher. Damit schafft das Xiaomi 15 Ultra im Benchmark-Test Top-Werte. Mit einem Multi-Core Wert der CPU von 9.080 bleibt es zwar hinter dem Samsung Galaxy S25 Ultra zurück, übertrumpft aber das iPhone 16 Pro Max. Das Basismodell des Xiaomi 15 erzielt hier übrigens etwas bessere Werte, hat aber auch ein kleineres und schlechteres Display. Mit einem GPU-Wert von 18.796 landet das Xiaomi 15 Ultra wiederum sogar vor dem Samsung-Konkurrenten.
Ein kleines Makeover bekommen hat auch das Betriebssystem Xiaomi HyperOS 2, das auf Android 15 basiert und – am Zahn der Zeit – ganz auf Künstliche Intelligenz ("Xiaomi HyperAI" bzw. Googles Gemini) ausgerichtet sein soll. Die Bedienung ist auch für User anderer Betriebssysteme intuitiv, die KI-Features erweisen sich tatsächlich als praktisch. So bieten sich in der Bildbearbeitung zahlreiche Features zum Verbessern und Bearbeiten von Bildern und Videos. In der Notizen-App können Texte generiert, korrigiert und umformuliert werden. Ein langes Halten der Sperrtaste führt zu Googles KI-Assistent, der Befehle am ganzen Handy ausführen kann.
In der Praxis, etwa bei einem Städtetrip, werden so wirklich hilfreiche Anwendungen möglich. Mit der Kamera eine fremdsprachige Info-Tafel abfotografiert, kann der Text leicht ausgewählt, übersetzt, zusammengefasst und laut vorgelesen werden, während man durch die Sehenswürdigkeit streift. Oder man fragt Gemini beim Spaziergang durch Barcelona "Erzähl mir etwas über den Parc de la Ciutadella", woraufhin man eine kompakte Geschichtsstunde vorgetragen bekommt. Ein Audio-Guide für alle Sehenswürdigkeiten der Welt ist also immer in der Hosentasche und nur einen Knopfdruck entfernt – was einem freilich aber auch mit anderen Gerten geboten wird.
Nicht mithalten kann ein Großteil der Konkurrenz wiederum bei der Kamera, die den perfekten Reise-Begleiter komplettiert. Im aktuellen Hype um Kompaktkameras von Fujifilm, Canon, Sony oder eben auch Leica versucht Xiaomi gewissermaßen, zwei Geräte wieder überflüssig zu machen. Das Leica VARIO-SUMMILUX kommt mit einer Blende von 1:1,63-2,6 und einer Brennweite von 14 (Weitwinkel) bis 100 (Tele-Zoom) daher. Die Hauptkamera hat 50 Megapixel und eine standardmäßige Brennweite von 23 mm. Ergänzt wird sie von einer weiteren 50 MP Telefotolinse auf 70 mm, einer Ultra-Weitwinkelkamera mit 14 mm und 50 MP sowie einer Periscope Telefotolinse mit sagenhaften 200 MP für die 100 mm, was einem 4,6-fachen Zoom entspricht. Und dieser Zoom in Kombination mit den 200 Megapixeln haut einen wirklich von den Socken.
Selbst bei noch weiterem Reinzoomen bleiben Bilder gestochen scharf. So lässt sich selbst von der anderen Straßenseite aus in einen Supermarkt hineinzoomen, um sich über Preise zu informieren. Darüber hinaus bieten die Leica-Kameras zahlreiche Features und Anpassungsmöglichkeiten. Im Kamera-Stil kann zwischen "Leica Authentic" und "Leica Vibrant" gewechselt werden, zusätzlich gibt es weitere Leica-Farbfilter, für die es normalerweise ein App oder nachträgliche Bearbeitung braucht. Apropos nachträgliche Bearbeitung: Bei vielen Fotos, die dem ersten Anschein in der Vorschau nach nichts geworden sind, wirkt die automatische Verbesserung in der Galerie wahre Wunder.
Der Pro-Modus in der Kamera bietet umfassende Anpassungsmöglichkeiten direkt bei der Aufnahme, darunter Belichtungskorrektur, Verschlusszeit, ISO, Weißabgleich und Farbtemperatur – ganz wie bei einer richtigen Kamera also. Mit der Bewegungserfassung lassen sich schnelle Objekte gestochen scharf ablichten. Autos, Motor- und Fahrräder werden so klar erfasst, dass es fast wirkt, als würden sie stehen oder schweben. Die Schärfentiefe ist nicht nur im Porträt-Modus klar, fehlerfrei und einfach nur schön. Dasselbe gilt für die Supermakro-Funktion, die selbst dem freien Auge verborgen bleibende Details einfängt.
Fast noch atemberaubender ist der Video-Modus. Die optische Bildstabilisierung der Kameras macht sich eindeutig bemerkbar. Im Gehen, ohne auf eine ruhige Hand zu achten, sind flüssige Kamerafahrten keinerlei Problem. Der 4,6-fache Zoom der 100 mm Telefotolinse ist auch im Videomodus "mindblowing". Selbst über eine Distanz von rund 400 Metern lassen sich die Gesichter von Menschen klar erkennen. Möglich wären sogar Aufnahmen in 8K bei 30 fps und 4K mit bis zu 120 fps.
Genug des Lobes, wo gibt es Abstriche? Kurze Antwort: fast nirgends. Bei einem stolzen Preis von 1.499 Euro kann man das aber auch erwarten. Nicht überzeugen kann das Xiaomi 15 Ultra in Sachen Sound. Die Stereo-Lautsprecher mit Dolby Atmos sind zwar laut, klingen aber etwas blechern und seicht. Und: Liegt das Handy mit den Display nach oben auf einer Oberfläche, sorgt das dicke Kameramodul dafür, dass es ständig einige Grad weit geneigt ist. Tippt man auf obere oder seitliche Display-Bereiche, wackelt bzw. klackert das Gerät teilweise stark. Das ist aber auch bei den meisten Konkurrenz-Modellen so.
Für wen ist das Handy also etwas? Der hohe Preis lässt sich für die meisten wohl nur dadurch rechtfertigen, dass eine Kompaktkamera durch das Xiaomi 15 Pro für viele Hobbyfotografen obsolet wird. Ob Natur, Stadt, hell, dunkel, ruhige Szenen oder mit viel Bewegung: Überall überzeugen die Leica-Linsen auf voller Linie. Nur die Weitwinkel-Kamera bleibt etwas hinter den Erwartungen zurück, lässt die Ränder oft dunkler, unscharf oder verzerrt wirken.
Das Gerät ist, wie der "Heute"-Test gezeigt hat, tatsächlich der perfekte Reisebegleiter, der Handy und Kamera perfekt vereint – was aber eben seinen Preis hat.