Auf Reddit und Tiktok tobt ein Shitstorm gegen Visa und Mastercard, nachdem wütende Gamer einen Massenprotest entfacht haben. Die Vorwürfe sind happig: Bevormundung, Zensur und Willkür.
Die Gaming-Plattformen Steam und Itch.io haben in den vergangenen Tagen Tausende Porno-Spiele aus ihren Shops entfernt. Steam-Betreiber Valve hat zudem seine Richtlinien wie folgt ergänzt: Spiele, die gegen die Regeln und Standards von Kreditkartenfirmen, Banken und Internet-Service-Providern verstoßen, sind auf der Plattform nicht mehr erlaubt.
"Wir haben alle nicht jugendfreien Inhalte entfernt", bloggt Itch.io. Verschwunden sind vor allem Erotikspiele, viele davon waren mit Tags wie "Sex-Simulator", "Inzest" und "Sklaverei" gelistet. Itch.io löschte über 20.000 solche Spiele. Betroffen sind aber auch Games, die nicht zu dieser Kategorie gehören, etwa das Detektivspiel Trials of Innocence.
Stein des Anstoßes ist das Spiel No Mercy, das Itch.io und Steam bereits im April entfernten. In diesem steuert man einen Mann, der Frauen vergewaltigt.
Steam war bisher mit Löschungen vorsichtig, warum die Kursänderung? Die Anti-Porno-Bewegung Collective Shout aus Australien übte mit einem offenen Brief Druck aus. Dieser ist nicht nur an Mastercard und Visa adressiert, sondern auch an Paypal, Paysafe, Discover und Japan Credit Bureau. "Wir haben uns an die Zahlungsdienstleister gewandt, weil Steam nicht auf unsere Anfragen reagierte", schreibt die Organisation.
Nun sind Zehntausende verärgert und werfen Visa & Co. Zensur, Willkür und Bevormundung vor. Tenor: Ist ein Spiel in einem Land erlaubt, sollen Zahlungsdienstleister die Abwicklung des Kaufs nicht verweigern dürfen.
Auch Gamer in der Schweiz sind betroffen: Wer aktuell ein Spiel auf Steam kaufen und mit Paypal bezahlen will, hat Pech gehabt – mittlerweile funktioniert diese Zahlungsart für sämtliche Games auf Steam nicht mehr.
Nun verlangt eine Petition auf Change.org, dass die Zahlungsdienstleister "aufhören zu kontrollieren, was wir schauen, lesen und spielen dürfen". Niemand sei dazu gezwungen, sich auf anstößige Inhalte einzulassen, heißt es in der Petition. "Ihr habt kein Recht, zu diktieren, was wir konsumieren dürfen – vor allem, wenn die Inhalte gesetzlich erlaubt sind."
"Mastercard und Visa nutzen zunehmend ihre finanzielle Macht, um Plattformen dazu zu zwingen, legale fiktionale Inhalte zu zensieren", so ein Vorwurf. Sie sollen massenhaft Bücher, Spiele, Filme und Kunstwerke demonetarisieren und verbannen – "nicht weil sie illegal sind, sondern weil sie die Werte von Führungskräften oder Aktivistengruppen verletzen".
Auch die International Game Developers Association (IDGA), die über 10.000 Spieleentwickler vertritt, hat sich gemeldet. Sie ist alarmiert und fordert klare Regeln, faire Warnungen und ein Recht auf Einspruch. Eine "solche Zensur" nehme vielen Entwicklerinnen und Entwicklern ihre Haupteinnahmequelle weg und schade ihrer Glaubhaftigkeit und Karriere.
Gleichzeitig sagt der Verband aber auch, dass er keine Inhalte unterstütze, die sexuelle Gewalt, nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen oder die Sexualisierung von Minderjährigen fördern oder fetischisieren. "Diese Art von Inhalten ist mit den Werten der IGDA und den ethischen Standards einer verantwortungsvollen Spieleentwicklung unvereinbar."
Ein Reddit-Nutzer hat sich bei Visa beschwert und vom Unternehmen folgende Antwort erhalten: Visa halte sich an alle gesetzlichen Vorgaben und verbiete illegale Aktivitäten ausdrücklich. "Ist eine Transaktion legal, verarbeiten wir sie." Visa fälle keine moralischen Urteile über legale Käufe von Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Paypal ließ gegenüber dem "Guardian" verlauten, bei illegalen Inhalten eine Null-Toleranz-Strategie zu fahren: "Alle Konten, die mit illegalen Aktivitäten in Verbindung stehen, werden geschlossen."