Digitale Models sparen Geld. Kein Flug, kein Studio, kein Team. Die Produktion wird günstiger und flexibler.
Die KI erstellt Bilder nach Wunsch. Haltung, Hautfarbe oder Umgebung lassen sich präzise einstellen. Für Marken bedeutet das: schnelle Kampagnen mit voller Kontrolle.
Viele fürchten Jobverluste bei Models, Stylistinnen, Fotografen. Ihre Arbeit wird digital ersetzt. Auch das Schönheitsideal steht unter Druck: KI-Bilder zeigen perfekte Haut und makellose Proportionen. Kritiker sagen, sie verstärken den Druck auf Konsumentinnen.
Allerdings: Klassische Modelbilder wurden schon früher digital bearbeitet. Fältchen geglättet, Poren entfernt, Körper retuschiert. Der Unterschied: Bei KI entstehen diese Ideale gleich komplett im Computer.
Ein weiterer Vorwurf: KI-Models seien austauschbar, ohne Geschichte. Das schade der Markenbindung, sagen Branchenbeobachter.
Hinter der KI-Kampagne steht die Agentur Seraphinne Vallora, gegründet von Valentina Gonzalez und Andreea Petrescu. Auf Instagram erklären sie: KI sei nicht nur ein Prompt, sondern ein kreativer Prozess mit Storyboards, Styling und Iteration. Ziel sei Kunst, die "durchdacht, strategisch und schön" ist.
In den Kommentaren hagelt es Kritik. "Ihr habt kein Talent ohne KI", schreibt ein User. Ein anderer meint: "Nur weil ein Burger schwer herzustellen ist, wird McDonald’s nicht plötzlich gesund." Und: "Ihr klaut echte Jobs, ganz egal, wie komplex euer Workflow ist."
Auch auf dem Instagram-Kanal von Guess häufen sich kritische Kommentare. User fragen: "Ist das AI?", "Sind diese Frauen echt?" oder schreiben: "AI-Models sind so enttäuschend." Der Hashtag#boycottguess taucht mehrfach auf. Ein User meint: "Hoffentlich kauft KI eure Produkte – wir tun es nicht."
Auch Models melden sich zu Wort: "Ich habe davon geträumt, einmal für Guess zu modeln. Jetzt nehmt ihr uns die Chance weg." Und Model Rain Dove fordert in einem Kommentar ein Duell gegen die KI: "Ich habe ein schlagendes Herz – das wird euch fehlen."
In der Schweiz gibt es klare Forderungen nach Offenheit. Eine Studie der Uni Zürich zeigt, dass eine Mehrheit der Bevölkerung eine deutliche Kennzeichnung von KI-Inhalten verlangt. Der Presserat und SRF fordern, dass synthetische Bilder klar erkennbar sein müssen – besonders wenn kein menschlicher Kontrollprozess mehr stattfindet.
Doch in der "Vogue" war der Hinweis klein gedruckt. Für viele ungenügend.
Rechtlich ist vieles offen. Wem gehört ein digitaler Zwilling, der Pore für Pore, Haar für Haar dem Original gleicht? Seraphinne Vallora bewirbt auf ihrer Website die vollständige Replikation echter Personen. Hautstruktur, Mimik und Stil inklusive. Die Avatare sollen überall einsetzbar sein und Kampagnen übernehmen, als wären sie das Original.
Unklar bleibt, wie die Einwilligung geregelt ist. Etwa wenn solche Abbilder für Werbung verwendet werden, die das reale Model ablehnt, wie Pelz oder Erotik.
Die Modewelt hat nie echte Körper gezeigt, nur bearbeitete, stilisierte Ideale. Doch KI ersetzt nun das Abbild durch eine komplette Fiktion. Was früher retuschiert wurde, wird heute konstruiert. Die Frage ist nicht mehr, wie real ein Model wirkt, sondern ob es je existiert hat.