Passend zum Weltflüchtlingstag

Zu wenig Deutschkurse – Diakonie kritisiert die Politik

Zum Weltflüchtlingstag schlägt die Diakonie Alarm: Deutschkurse reichen vorne und hinten nicht.
Wien Heute
16.06.2025, 16:35
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Alltag in Wiener Schulen: 45 Prozent der Erstklässler sprechen nicht gut genug Deutsch um dem Unterricht zu folgen. Ein Drittel hat Arabisch als Erstsprache. Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni kritisiert die Diakonie Österreich gemeinsam mit Migrationsexpertin Judith Kohlenberger und Pädagogin Maria Köck das bestehende System. Das Motto der Veranstaltung: "Integration durch Deutsch – ja, aber richtig."

"Politik lebt vom Problem"

Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie, findet deutliche Worte:
"Ja, wir haben Probleme mit Integration und Sprache – und es ist hoch an der Zeit, dass die Politik diese endlich löst. Aktuell hat man das Gefühl, sie lebt vom Problem."

Was fehlt, ist ein flächendeckendes und qualitativ hochwertiges Kursangebot. Oft müssten 240 Unterrichtseinheiten auf 180 Stunden gekürzt werden – bei gleichem Lernziel. In den Kursen herrscht Personalfluktuation, bis zu vier Lehrkräfte wechseln sich ab, oft ohne roten Faden.

Noch schlimmer sei die Lage im ländlichen Raum: "Kurse fehlen auf dem benötigten Niveau, zwischen den Kursen gibt's Wartezeiten – das Gelernte geht wieder verloren." Dazu kommen Hürden wie lange Anfahrtswege, fehlende Kinderbetreuung, unleistbare Fahrtkosten und keine Infos, wann wo welcher Kurs beginnt.

"Nicht Integration ist am teuersten"

Für Judith Kohlenberger ist die Rechnung einfach: "Sprache ist der Schlüssel zur Integration – das sehen auch viele Geflüchtete so. Aber sie brauchen hierbei Unterstützung, nicht Strafen." Statt Kursabbrüche zu sanktionieren, bräuchte es Anreize und Barriereabbau. Kohlenberger: "Wir müssen auf die Kosten von nicht gelungener Integration hinweisen – und auf das Sparpotenzial, wenn sie gelingt."

Deutschförderklassen? "Ein gescheitertes Konzept."

Auch beim Deutschlernen in Schulen herrscht laut Diakonie Reformbedarf. Moser:
"Deutschförderklassen funktionieren nicht. Kinder ohne Deutschkenntnisse lernen dort nur voneinander – ohne Sprachvorbilder." Das führe zu Lernrückständen in anderen Fächern. Die Sprachkenntnisse mehrsprachiger Kinder würden systematisch unterschätzt: "Andere Muttersprachen gelten nicht als bildungsrelevant, und Fehler im Deutschen werden als Defizit gesehen – das nimmt den Kindern die Freude am Spracherwerb."

"Strafende Pädagogik gehört in die Mottenkiste!"

Diakonie-Pädagogin Maria Köck setzt auf Beziehung, Sprachvorbilder und Spiel – und warnt davor, Kindern mit Sanktionen zu kommen: "Das erzeugt nur Abwehr und Unverständnis. Sprache braucht Mut und positive Erlebnisse. Und: Kleinere Gruppen, mehrsprachiges Personal und frühe Förderung wirken besser – auch gegen spätere Schulabbrüche oder hohe Folgekosten."

Die zentralen Forderungen auf einen Blick

Flächendeckende Deutschkurse ab Tag 1, auf passendem Niveau, mit stabilen Lehrpersonen. Fachspezifische Deutschkurse für Mangelberufe wie Pflege. Abschaffung der isolierten Deutschförderklassen, stattdessen integrierter Unterricht. Förderung von Mehrsprachigkeit – weil eine starke Muttersprache das Deutschlernen erleichtert. Chancenindex für Schulen mit benachteiligten Schüler:innen – damit Ressourcen dort ankommen, wo sie gebraucht werden.

Integration beginnt mit einem "Guten Tag" – und endet nicht beim A1-Zertifikat

Die Botschaft der Expertinnen ist klar: Wer Integration will, muss sie ermöglichen. Sprache ist dabei das Fundament – aber ohne stabiles System wird auch aus dem besten Willen kein erfolgreicher Neustart. Oder, wie Moser es sagt: "Ohne Sprache ist alles nichts."

{title && {title} } red, {title && {title} } 16.06.2025, 16:35
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