Zu wenig geliefert

Zusteller arbeitet eine Woche gratis – Chef feuert ihn

Weil er nicht genug Pakete ausgeliefert hatte, wurde ein Zusteller in der Probezeit gekündigt. Die erste Woche sollte er dafür gratis arbeiten ...
Wien Heute
31.12.2025, 09:00
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Für viele Paketzusteller ist der Weihnachtsstress erst einmal vorbei – bald wird es wieder mit Retourpaketen losgehen. Der Arbeiterkammer (AK) Wien sind die Arbeitsbedingungen des Kleintransportgewerbes schon lange ein Dorn im Auge: lange Arbeitstage, hoher Zeitdruck, niedrige Löhne und kaum Planbarkeit.

Im vergangenen Jahr gab es laut AK insgesamt 632 persönliche Beratungen zum Kleintransportgewerbe. Heuer waren es mit Stichtag 30. November bereits 550. "Die häufigsten Anliegen, mit denen sich Paketzusteller an uns wenden, betreffen Lohnrückstände, unberechtigte Abzüge, unbezahlte Überstunden, nicht eingehaltene Ruhezeiten oder Verletzung von Höchstarbeitszeiten", erklärt Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien.

Zu wenige Pakete geliefert

Der Druck, der auf Zusteller ausgeübt wird, ist enorm – wie auch folgender Fall zeigt. Ein Mann war bei einem Subunternehmen für zehn Stunden pro Woche angemeldet, er sollte aber Vollzeit arbeiten. Falls er sich in der Probezeit bewährt, wurde ihm eine Vollzeit-Anmeldung im zweiten Monat versprochen.

Die erste Woche sollte der Mann aber gratis arbeiten – sozusagen als Probezeit beziehungsweise zum Kennenlernen. Als der Zusteller nicht genügend Pakete ausgeliefert hatte, wurde ihm am folgenden Tag mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis beendet sei. Ein neuer Kollege hatte bereits begonnen. Der Mann wandte sich an die Arbeiterkammer, diese erkämpfte alle offenen Ansprüche.

Druck auf Zusteller enorm

"Der Druck auf die Beschäftigten ist immens, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes groß. Viele Zusteller sind geflüchtet oder zugewandert und auch Sprachbarrieren machen es ihnen schwer, ihre Rechte einzufordern. Die Fälle, die bei uns aufschlagen, sind daher nur die Spitze des Eisbergs. Wir müssen davon ausgehen, dass Arbeitsrechtsverletzungen im Kleintransportgewerbe nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind", meint Schrittwieser.

Abhilfe soll die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit schaffen – sie reguliert algorithmisches Management, digitale Überwachung und Aufsicht über automatisierte Entscheidungen am Arbeitsplatz. Im Fall von Paketzustellern handelt es sich um digital vorgegebene Routen, GPS-Tracking während des gesamten Arbeitstags, algorithmische Bewertungen, Sanktionen ohne Erklärung und fehleranfällige Apps mit undurchsichtigen Aufträgen.

Echtes Arbeitsverhältnis laut EU

Aufgrund der neuen Richtlinie wird künftig ein echtes Arbeitsverhältnis vermutet, wenn eine Plattform klar erkennbar Arbeit steuert und kontrolliert. Nicht mehr die Beschäftigten, sondern die Unternehmen müssen das Gegenteil beweisen. Jetzt liege es an Österreich, die Vorgaben entschlossen umzusetzen, so die Arbeiterkammer.

{title && {title} } red, {title && {title} } 31.12.2025, 09:00
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