Weihnachtszeit ist Geschenkezeit – und damit haben die Paketzusteller Hochsaison. Wer online bestellt, erwartet, dass die Lieferung möglichst schnell ankommt. Für Zusteller bedeutet das extreme Belastung, hohen Zeitdruck, lange Arbeitstage, niedrige Löhne und kaum Planbarkeit.
Wie die Arbeiterkammer (AK) Wien informiert, gab es 2024 insgesamt 632 persönliche Vorsprachen zum Kleintransportgewerbe. Heuer waren es mit Stichtag 30. November bereits 550. "Die häufigsten Anliegen, mit denen sich Paketzusteller an uns wenden, betreffen Lohnrückstände, unberechtigte Abzüge, unbezahlte Überstunden, nicht eingehaltene Ruhezeiten oder Verletzung von Höchstarbeitszeiten", erklärt Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien.
Wie mit den Zustellern umgegangen wird, zeigt auch folgender Fall: Ein Mann war von September bis Dezember bei einem Subunternehmer als Fahrer Vollzeit beschäftigt. An einem Tag im Dezember erhielt er um etwa 19.30 Uhr per WhatsApp den Auftrag, noch weitere 150 Pakete auszuliefern.
Der Fahrer war bereits seit 4.45 Uhr in der Früh im Dienst und hatte bereits 170 Pakete ausgeliefert. Er teilte seinem Arbeitgeber mit, dass er schon sehr lange arbeite, müde sei und die geforderten Lieferungen einfach nicht mehr schaffe. Daraufhin wurde er ohne Einhaltung einer Frist gekündigt und aufgefordert, Schlüssel und Auto zurückgeben.
Die AK forderte die offenen Ansprüche, darunter Lohn inklusive Taggeld und Beendigungsansprüche, ein, doch der Arbeitgeber bezahlte nicht. Mittlerweile ist das Unternehmen insolvent.
"Der Druck auf die Beschäftigten ist immens, die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes groß. Viele Zusteller sind geflüchtet oder zugewandert und auch Sprachbarrieren machen es ihnen schwer, ihre Rechte einzufordern. Die Fälle, die bei uns aufschlagen, sind daher nur die Spitze des Eisbergs. Wir müssen davon ausgehen, dass Arbeitsrechtsverletzungen im Kleintransportgewerbe nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind", meint Schrittwieser.
Abhilfe soll die EU-Richtlinie zur Plattformarbeit schaffen – sie reguliert algorithmisches Management, digitale Überwachung und Aufsicht über automatisierte Entscheidungen am Arbeitsplatz. Im Fall von Paketzustellern handelt es sich um digital vorgegebene Routen, GPS-Tracking während des gesamten Arbeitstags, algorithmische Bewertungen, Sanktionen ohne Erklärung und fehleranfällige Apps mit undurchsichtigen Aufträgen.
Aufgrund der neuen Richtlinie wird künftig ein echtes Arbeitsverhältnis vermutet, wenn eine Plattform klar erkennbar Arbeit steuert und kontrolliert. Nicht mehr die Beschäftigten, sondern die Unternehmen müssen das Gegenteil beweisen. Jetzt liege es an Österreich, die Vorgaben entschlossen umzusetzen, so die Arbeiterkammer.