Gesundheit

Forscher zeigen: Das macht Covid-19 mit unserem Gehirn

Deutsche Forscher konnten jetzt erstmals entzündete Hirnzellen bei schweren Covid-19-Erkrankungen nachweisen. 

Christine Scharfetter
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Das Coronavirus macht auch vor dem menschlichen Gehirn nicht halt - das ist jetzt wissenschaftlich bewiesen.
Das Coronavirus macht auch vor dem menschlichen Gehirn nicht halt - das ist jetzt wissenschaftlich bewiesen.
Getty Images

Viele Covid-19-Patienten haben nach schweren Krankheitsverläufen neurologische Beschwerden, etwa Sprach- und Erinnerungsstörungen oder Depressionen. Bisher ist jedoch noch wenig darüber bekannt, was das Coronavirus im Gehirn genau bewirkt. Ein Forscherteam der Universität des Saarlandes und der Stanford University hat herausgefunden, dass Immun- und Barrierezellen im Gehirn bei schwer erkrankten Covid-Patienten aktiviert werden. Die anderen dadurch betroffenen Zellen zeigen bei den aktiven Genen ähnliche Merkmale wie bei Schizophrenie, Depressionen und anderen kognitiven Erkrankungen. Die Studie wurde jetzt im renommierten Fachjournal "Nature" veröffentlicht.

"Verschiedene Studien haben bereits gezeigt, dass Viren Entzündungen im Gehirn auslösen können. Ob auch Covid-19 dazu in der Lage ist, darüber konnte bisher nur spekuliert werden. Wir wollten in unserer Forschungsarbeit herausfinden, was genau auf zellulärer Ebene im Gehirn passiert, wenn Patienten schwer an Covid-19 erkrankt sind", so Andreas Keller, Klinische Bioinformatik-Professor der Universität des Saarlandes, der gemeinsam mit seinem Team und Kollegen an der Stanford University das Thema erforscht hat.

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    Geschwächter Allgemeinzustand
    Geschwächter Allgemeinzustand
    Getty Images/iStockphoto

    Dazu wurden Gewebeproben von acht an Covid-19 verstorbenen Patienten und 14 Kontrollpatienten, von denen einer an Influenza (Grippevirus) verstorben war, untersucht.

    Unterschied zu Influenza-Patienten

    Trotz systematischer Analysen konnten die Wissenschaftler keine Erbinformation von SARS-CoV-2 im Gehirn nachweisen, das Virus selbst hatte also offenkundig nicht die Blut-Hirn-Schranke überwunden. "Wir konnten aber in den Genanalysen sehen, dass die Immunzellen im Hirngewebe, die sogenannten Mikroglia, bei den an Covid verstorbenen Patienten stark aktiviert waren. Zusätzlich konnten wir aktivierte T-Zellen, sogenannte Lymphozyten, nachweisen, die vom Blut ins Gehirn gewandert sind. Sie verstärkten dann dort noch einmal das entzündete Milieu", sagt der Bioinformatiker.

    Eine solche Entzündung des Nervengewebes im Gehirn, die man auch als Neuroinflammation bezeichnet, konnten die Forscher weder bei deman Influenza verstorbenen Patienten noch den anderen Kontrollpatienten feststellen.

    Schizophrenie, Depression & kognitiven Schwächen

    "Weitere Unterschiede konnten wir bei den aktivierten Genen der Nervenzellen, den Gliazellen und den Immunzellen, die als Mikroglia bezeichnet werden, sehen. Letztere sind für eine normale Funktion der Nervenzellen notwendig, können jedoch auch chronische Krankheiten auslösen. Die veränderten molekularen Prozesse, die beim Ein- und Ausschalten der Gene in den Gehirnzellen zu beobachten waren, ähneln den Mustern, die wir von anderen neurologischen und psychischen Erkrankungen kennen, etwa der Schizophrenie, bei Depression oder kognitiven Schwächen", erklärt Fabian Kern,  wissenschaftlicher Mitarbeiter von Andreas Keller.