Wien

Für SPÖ-Radpläne müssten 180.000 Parkplätze weichen

Die SPÖ will die Radwege ausbauen, doch dafür müssten bis zu 180.000 Stellplätze weichen. Zu diesem Schluss kommt ein Verkehrsplaner der TU Wien.

Louis Kraft
Teilen
Die SPÖ Wien will den Anteile der Radwege in Wien auf zehn Prozent steigern. Laut einer Studie, die nicht von der TU Wien, aber von einem TU Wien-Mitarbeiter erstellt wurde, würden dafür aber bis zu rund 180.000 Parklplätze wegfallen. Dass Studien immer öfter an externe Experten vergeben werden statt an die Abteilungen der Stadt, sorgt magistratsintern für Unmut.
Die SPÖ Wien will den Anteile der Radwege in Wien auf zehn Prozent steigern. Laut einer Studie, die nicht von der TU Wien, aber von einem TU Wien-Mitarbeiter erstellt wurde, würden dafür aber bis zu rund 180.000 Parklplätze wegfallen. Dass Studien immer öfter an externe Experten vergeben werden statt an die Abteilungen der Stadt, sorgt magistratsintern für Unmut.
Glomex

"Ziel ist es, den Fahrradwegeanteil an der Gesamtverkehrsfläche Wiens auf 10 % zu steigern". Dieser scheinbar unverfängliche Satz im Wahlprogramm der Wiener SPÖ wirft nun Fragen auf. Im ZiB2-Interview am Dienstag konfrontierte Moderator Armin Wolf den Wiener Stadtchef mit den (möglichen) Auswirkungen der roten Radpläne. 

Demnach seien die fünf Radverkehrsmaßnahmen der SPÖ (300 Kilometer sichere Radwege auf Hauptstraßen, 50 Kilometer Fahrradstraßen bis 2025, 375 Kilometer Einbahnen bis 2030 für den Radverkehr öffnen, 110 Kilometer Radschnellverbindungen bis 2030 und 72.000 Fahrradabstellplätze bis 2030) wortwörtlich von einer Bürgerinitiative abgeschrieben und würden, laut einer Studie eines Verkehrsplaners der TU Wien zwischen 130.000 und 180.000 Parkplätze kosten. Ludwig wurde davon kalt erwischt, konnte nur als Antwort geben "Ich kenne diese Studie nicht".

Berechnet hat das Universitätsassistent Ulrich Leth, der als Verkehrsplaner an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Technischen Universität Wien tätig ist und (unabhängig von dieser Position) für die Bürgerinitiative "Platz für Wien" die SPÖ-Pläne unter die Lupe. "Platz für Wien" tritt als ehrenamtliche zivilgesellschaftliche Organisation für eine "klimagerechte, verkehrssichere Stadt mit hoher Lebensqualität" ein. Getragen wird die Initiative auch von verschiedenen NGOs wie etwa der "Radlobby Wien" oder "Geht doch Wien". 

Bürgerinitiative begrüßt trotz "Abschreib-Übung" die Wahlversprechen der SPÖ

Seit ihrem Start im April 2020 habe die Initiative 40.000 Unterschriften für ihre Ziele gesammelt, gab sie heute, Mittwoch, per Presseaussendung bekannt. Beraten wird die Initiative von Experten der TU Wien und der BOKU Wien. Gemeinsam habe man den Flächenbedarf für jene fünf Forderungen, welche die SPÖ Wien "übernommen" hat, sowie für die SP-Versprechen für Baumpflanzungen berechnet, betont die Initiative. Das Ergebnis (innerhalb von zehn Jahren müssten 137.790 bis 184.680 Stellplätze an der Oberfläche umverteilt werden) legte Wolf gestern live in ORF2 dem Stadtchef vor.

Im Gespräch mit "Heute" erklärt Leth, dass die Berechnungen auf "Annahmen und wahrscheinlichen Einschätzungen" basieren. Der öffentliche Raum sei begrenzt, will man mehr Radwege schaffen, so müsste das zu Lasten von Fahr- oder Parkspuren gehen, so Leth.

Dass heißt aber nicht, dass in Wien in den nächsten Jahren tatsächlich über 130.000 Parkplätze verloren gehen. Denn schließlich kann die Stadt entscheiden, neue Sammelgaragen zu bauen oder Parkplätze können einfach örtlich verlegt werden. "Zudem wissen wir, dass private Garagen nicht vollausgelastet sind", so Leth. Hier gebe es also eine weitere Möglichkeit, das Auto abzustellen.

Auch Wiener Grüne vertrauen auf Expertise der TU Wien

Während sich "Mehr Platz für Wien" trotz des Plagiats über die roten Pläne freut (aber statt "kurzsichtiger Politmanöver rund um Parkplätze und Minimalbudgets rasch den großen verkehrspolitischen Wurf" fordert), sorgt das in manchen Stellen der Stadt für Ärger.

Denn immer öfter werden externe Experten eher zu Rate gezogen als die Magistratsabteilungen. Jüngste Beispiele dafür sind etwa die Pläne für eine verkehrsberuhigte Wieden samt neuer Begegnungszone in der Margaretenstraße oder das heute präsentierte "Supergrätzel rund um den Siebenbrunnenplatz" in Margareten. In beiden Fällen stammte die Studie von TU-Verkehrsplaner Harald Frey. 

Dass Parteien auf die Expertise von Universitäten setzen, ist weder neu noch verwerflich. Für Unmut sorgt die Vorgangsweise dennoch. Denn gerade die Planungsabteilungen des Ressorts von Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (G) fühlen sich zu wenig eingebunden. "Wir werden nicht informiert, erfahren vieles erst aus den Medien. Aber umsetzen müssen wir es dann doch", heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Planungsressort "vertraut natürlich" auf gute Arbeit ihrer Abteilungen

Hat Hebein also mehr Vertrauen zu externen Experten als zu ihren eigenen Magistraten? Nein, heißt es dazu auf "Heute"-Anfrage aus dem Büro der Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin. "Wir haben natürlich großes Vertrauen in die gute und ausgewogene Arbeit unserer Abteilungen. Sie leisten wunderbare Arbeit, dennoch setzen wir auch auf externe akademische Gutachten", wird betont.

Zudem gebe es bei den genannten Fällen von Wieden und Margareten einen wichtigen Unterschied: "Da beauftragen die Grünen Bezirksorganisationen diese Studien, nicht die Stadt", heißt es. Das sei nachvollziehbar, da die Bezirke nicht auf die Ressourcen der Stadt zurückgreifen könnten, wird betont.