Für Sebastian Z. (77) begann die Reise mit seinem Gesangschor nach Riga mit einem Schock. Am 25. April 2025 wollte er mit einem gebuchten Ryanair-Flug von Wien-Schwechat abheben. Laut Website der Airline ist ein kleines Handgepäck mit den Maximalmaßen 40x25x15cm im Ticketpreis inkludiert – laut ihm hatte seine Tasche auch genau diese Maße. Doch am Gate wurde er von einem Mitarbeiter aufgehalten.
"Er sagte mir ganz klar: Entweder Sie zahlen 60 Euro oder Sie fliegen nicht mit. Ich war mit meinem Chor unterwegs, wollte keinen Aufstand machen – also zahlte ich", berichtet Sebastian Z. im Gespräch mit "Heute". Dass die Tasche problemlos unter dem Vordersitz Platz hatte, habe niemanden interessiert. Der 77-Jährige spricht von einer "kalten Abkassierpraxis" ohne Augenmaß.
Für den Rückflug aus Riga nach Wien traf Sebastian Z. eine Vorsichtsmaßnahme: Er buchte kostenpflichtig Priority um 25Euro dazu. "Ich hatte keine Wahl. Ich wollte nicht riskieren, wieder am Gate stehen gelassen zu werden", sagt er. Die Zahlung war für ihn reine Selbstverteidigung: "Das war kein Extra-Service, sondern eine Art Schutzgebühr."
In Summe zahlte Sebastian Z. also 85 Euro für ein einziges Handgepäckstück, das laut Airline-Beschreibung eigentlich kostenlos sein sollte. Eine Rückerstattung forderte er schriftlich ein – sowohl per E-Mail als auch postalisch. Doch eine echte Antwort erhielt er nicht, nur Textbausteine. "Man wird einfach abgewimmelt", sagt der Wiener.
Auch bei der österreichischen Agentur für Passagier- und Fluggastrechte versuchte Sebastian Z. den Fall zu melden. Die Antwort: Man sehe sich in diesem Fall nicht zuständig und verwies auf andere Stellen. Für den Wiener eine frustrierende Erfahrung: "Ich hätte mir erwartet, dass sich zumindest jemand den Fall genauer ansieht."
Er habe keine Freude daran gehabt, sich durch Formulare zu kämpfen, "aber irgendwann geht’s ums Prinzip". Der 77-Jährige hofft nun, dass andere Reisende gewarnt sind – und fordert eine klare gesetzliche Regelung, "damit sich Airlines nicht einfach über ihre eigenen Angaben hinwegsetzen können".
Ryanair teilte auf "Heute"-Anfrage mit, dass Sebastian Z. für den Flug von Wien nach Riga einen Basistarif gebucht habe, der nur ein kleines persönliches Gepäckstück (max. 40x25x20cm) erlaubt. Da seine Tasche laut Airline größer gewesen sei, sei die Gebühr von 60 Euro am Gate korrekt verlangt worden. Man habe ab dem 28. Mai schriftlichen Kontakt mit dem Passagier gehabt und ihm mehrfach per E-Mail mitgeteilt, dass keine Rückerstattung erfolgt.
Beim Rückflug am 27. April habe Sebastian Z. laut Ryanair die Option "Priority & 2 Handgepäckstücke" regulär dazugebucht. In einer Anmerkung betont die Fluglinie, dass weniger als 0,1Prozent aller Passagiere eine solche Gebühr zahlen müssten – und nur dann, wenn das Handgepäck nicht den beim Buchen akzeptierten Maßen entspreche.
Dass es sich bei Sebastian Z.s Fall nicht um einen Einzelfall handelt, zeigen aktuelle Entwicklungen auf europäischer Ebene. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat mehrere Airlines – darunter Ryanair, Wizz Air und EasyJet – abgemahnt oder bereits geklagt. Der Vorwurf: Unzulässige Zusatzgebühren für Handgepäck, das laut EU-Recht eigentlich inkludiert sein muss.